Prinzentod
Er hat sie ganz einfach gesehen . Vio setzt an, etwas zu sagen, verschluckt es dann, räusper t sich. »Blödsinn. « Allerdings klingt sie nicht mehr so überzeugend wie gerad e eben noch . »Zur großen Charakterdarstellerin reicht es noch nicht ganz , Vio«, höhnt Bernadette . »Musst du fette Sau sagen! « Die beiden Schwestern fauchen sich an wie zwei Wildkatzen , aber ich versuche, ihr Geschrei nicht zu beachten . Denk nach, Lissie ! War Violetta diejenige, die nach seinem Tod in der Wohnun g war, den Schlüssel zurück in den Türkranz gesteckt und Kai s Handy mitgenommen hat? Gut möglich, dass auf seinem Telefon etwas für sie Belastendes gespeichert war . »Was hast du mit Kais Handy gemacht? « Verständnislos verdreht Vio ihre Augen. »Was denn für ei n Handy? « »Wenn du weiterlügst«, kommentiert Bernadette, »wirst d u den Stoff nie mehr wiedersehen. « Diesmal geht Vio wirklich auf Bernadette los. »Du Hexe , warst schon eine Hexe, seit du auf die Welt gekommen bist! « »Hey, hey, jetzt beruhigt euch mal.« Ich versuche die beide n zu trennen, aber das ist nicht so einfach, weil Vio viel Kraf t hat und Bernadette so massig ist . Letztendlich werfe ich mich tatsächlich zwischen sie . »Schluss jetzt, benehmt euch endlich!« Ich umklammere Vio s Oberkörper und zerre sie von Bernadette weg .
»Immer von Neid zerfressen, nie Mamas Liebling, so wie Nico. Einfach ein Miststück!«, zischt Vio und befühlt die Kratzer in ihrem Gesicht . Schwer atmend setzt sich Bernadette auf einen Korbstuhl . »So kommen wir nicht weiter«, stelle ich fest und bleibe vorsichtshalber zwischen beiden stehen . Vio streicht ihre Haare glatt und sagt dann würdevoll : »Okay, ihr Giftzwerge. Jetzt ist Schluss mit diesem Verhör . Gebt es her und Schluss. « Ich schüttele den Kopf. »Erst die Wahrheit. Wenn du nich t damit rüberkommst, schütte ich das Zeug vor deinen Auge n ins Klo. « Vios Augen weiten sich, doch das dauert nur eine halbe Sekunde, dann hat sie sich wieder unter Kontrolle. »Das wär e Wahnsinn. Weißt du, wie viel das wert ist? « »Ich habe keine Ahnung und es ist mir auch völlig egal. « »Okay, okay.« Ich muss mich wirklich überzeugend angehör t haben, denn ihre Stimme klingt beschwichtigend . »Ich bewahre es für einen guten Freund auf. Einen sehr gute n Freund. Ich selbst hab nur ab und zu probiert. « »Hört, hört! Und ich bin die Jungfrau Maria«, kommentier t Bernadette, aber ich gebe ihr einen leichten Schubs, dami t sie still bleibt . »Weiter«, sage ich. »Oder willst du lieber, dass wir zu deine r Mutter gehen? « »Du hast es nötig!« Violetta grinst plötzlich. »Dann erzähl e ich Mama, was Kai in der Bude mit dir getrieben hat... « Ich starre sie an. Ich hatte recht. Sie hat es gewusst! Sie ha t die ganze Zeit gewusst, dass wir eine Affäre hatten . Ich spüre, wie mein Herz schneller klopft. Ich muss sie zu m Reden bringen, irgendwie . »Sprechen wir hier über dich oder über mich?«, fauche ich .
Violetta grinst noch breiter, als hätte ich etwas Lustiges gesagt, und deklamiert in gewohnt dramatischer Pose: »Der Beste muss mitunter lügen, zuweilen tut er’s mit Vergnügen. Wilhelm Busch.« Offensichtlich hat sie den ersten Schock überwunden und findet ihre Beherrschung wieder. Das verschlechtert meine Chancen, etwas von ihr zu erfahren. Ich versuche es noch einmal mit einer Drohung. »Denk dran, runtergespült ist es schnell. Aber ob dieser Freund davon so begeistert wäre?« Ich versuche ähnlich fies zu grinsen. »Nur ein kleiner Verlust für die Menschheit, doch ein sehr großer für dich...« Bernadette kichert und wiederholt die Zeile noch einmal leise. Statt einer Antwort holt Vio Zigaretten aus ihrer Brusttasche, zündet sich eine an und inhaliert ein paar tiefe Züge. »Okay, was soll’s«, entscheidet sie. »Was wollt ihr wissen?« Ich frage sie, was genau Kai mit den Drogenchecks gemacht hat und wann sie in der Wohnung war. Vio stottert erst ein wenig herum, aber dann habe ich wirklich den Eindruck, dass sie die Wahrheit sagt. Sie verrät uns, dass Kai sie mit ihrem Freund auf der Schwanthalerhöhe überrascht hat, als der gerade seinen Stoff verticken wollte. Kai habe sich wahnsinnig aufgeregt, erzählt sie und dabei lacht sie spöttisch. Ich kann es nicht fassen. Dieses Lachen zieht wie ein Messerstich durch meinen Körper. Wie mies kann man denn sein? Kai ist ja schließlich nicht derjenige gewesen, der mit einem Dealer rumgezogen ist! Trotzdem spare ich
Weitere Kostenlose Bücher