Projekt Sakkara
Patrick.
»Nein, in der Tat ... «
»Was haben Sie jetzt vor?«, fragte Guardner.
»Ich bin mir nicht sicher. Ich muss ein bisschen darüber nachdenken. Ich habe das Gefühl, dass die Lösung sehr nahe liegt, aber im Augenblick kann ich sie noch nicht greifen.«
»Vielleicht möchten Sie sich dann ein bisschen ablenken?«, schlug Guardner vor. »Das Museum schließt zwar während des Ramadans früher, aber wenn Ahmad Sie jetzt fährt, hätten Sie noch eineinhalb Stunden Zeit, sich dort umzusehen. Vielleicht bringt sie das auf neue Ideen?«
Peter sah seinen Kollegen an, doch der Franzose zuckte nur mit den Schultern, während er einen letzten Soßenrest auf seinem Teller mit einem Stück Brot aufwischte.
»Also gut, warum nicht«, sagte Peter. »Ich hätte mir zwar etwas mehr Zeit dafür gewünscht, aber ich hoffe, dass es nicht der einzige Besuch bleiben wird.«
»Wunderbar. Das Museum ist nicht weit von hier, in zehn Minuten sind Sie da. Sie werden sicher noch häufiger die Gelegenheit haben, sich dort umzusehen.«
Patrick stand auf. »Dann mal los. Ist vielleicht gar nicht schlecht, mal vor die Tür zu kommen.«
»Vielen Dank für das Essen«, bedankte sich Peter.
»Keine Ursache.« Der Alte stand auf und verließ den Salon durch eine Seitentür. »Ich werde Ahmad Bescheid geben, dass er vor dem Haus auf Sie warten soll.«
Die beiden Forscher gingen in die ägyptische Halle und näherten sich ihren Zimmern, als sie plötzlich stockten. Auf jeder der Türen war deutlich ein dunkler Fleck zu sehen, etwa so groß wie ein Daumennagel und umgeben von einer Art feiner Stäbchen. Als Patrick herantrat, erkannte er, was es war: ein schwarz glänzender Käfer. Er hatte seine Beine von sich gestreckt, und aus den Chitindeckeln seines eingedrückten Rückenpanzers quoll heller Schleim hervor. Der Käfer war mit einem Stahldorn in das Holz genagelt worden.
»Igitt! Was ist das denn für eine Sauerei?«
Peter stand neben ihm und zückte seine Lesebrille. »Goodness, sehen Sie doch Patrick, es sind Skarabäen.«
»Können Sie mir erklären, warum uns jemand Mistkäfer an die Tür zimmert? Ist das irgendeine ägyptische Sitte?«
»Aber nein, ganz und gar nicht!« Peter betrachtete das durchstoßene Insekt genauer. »Das ist faszinierend ... «
»Ich bitte Sie!«
»Ich habe noch nie einen lebenden Skarabäus gesehen.«
»Lebend ist der wohl kaum.«
»Wissen Sie, der Skarabäus ist eines der ältesten Symbole der ägyptischen Tradition. Die Menschen beobachteten, wie der Käfer aus Dung und Kadavern eine Kugel formte, seine Eier hineinlegte und daraus schließlich neue Käfer schlüpften. So wie alles Leben also zu Staub und Unrat zerfiel, so wurde dies gleichzeitig Wiege für neues Leben. Der Käfer symbolisierte bei den Ägyptern die ewige Wiedergeburt, die Sonne, den Sieg des Lebens über den Tod.«
»Na wunderbar! Und was soll dann wohl ein aufgespießter Skarabäus an unserer Tür bedeuten?« Patrick machte eine Pause, während der ihn Peter unschlüssig ansah. »Nicht ganz so faszinierend, oder?«
»Nun, so gesehen ... « erwiderte Peter nach einigen Augenblicken. Er hob eine Augenbraue an und nahm seine Brille ab. »Das ist ... in der Tat ... ich würde sagen: beunruhigend.«
»Oder ein verdammt schlechter Scherz! Bevor wir gleich fahren, sollten wir uns den alten Guardner schnappen und hören, was er dazu zu sagen hat.«
»Glauben Sie, Mister Guardner hat diese Tiere hier befestigt?«
»Wohl kaum, es sei denn, er könnte mit nur einer Hand den Käfer und den Nagel halten und gleichzeitig draufhämmern.
Aber ohne seinen Stock kann er ja nicht einmal aufrecht stehen bleiben.«
»Sie haben recht. Es hat wohl auch wenig Sinn, uns einzuladen und uns schon einen Tag später loswerden zu wollen.«
»Vielleicht war es die Köchin.«
»Oder der Gärtner.«
Patrick hob einen Finger. »Hervorragend kombiniert, Watson! Althergebrachte Klischees können durchaus etwas für sich haben. Ich hole neue Zigaretten, und dann lassen Sie uns Guardner informieren.«
3. Oktober 2 006, Bürogebäude in Kairo
Dr. Aziz trat aus dem Fahrstuhl. Es war eine ungenutzte Etage wie die meisten in dieser Gegend. Im Erdgeschoss befanden sich eine heruntergekommene Mietwagenfirma und eine dubiose Pfandleihe, die hier höchstwahrscheinlich ums Überleben kämpften oder zwielichtigen Geschäften nachgingen, der Rest des Hauses war in desolatem Zustand. Der Fahrstuhl funktionierte, aber Aircondition-Geräte gab es nicht und
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