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Psychopathen

Psychopathen

Titel: Psychopathen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Dutton
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Fragebogen mit vier Subskalen (persönlicher Stil, emotionaler Stil, organisationsbezogene Effektivität und soziale Verantwortung), der nicht dazu dient, die Anwesenheit psychopathischer Merkmale innerhalb krimineller Populationen (wie bei der PCL-R) oder der Allgemeinbevölkerung als Ganzer (wie beim PPI), sondern ausschließlich innerhalb von Unternehmen zu bewerten (siehe Tabelle 4.1). 96
    Tabelle 4.1. Der B-Scan: Führungsmerkmale und ihre psychopathischen Äquivalente
    In diesen Umgebungen können sich psychopathische Merkmale manchmal in die für eine einflussreiche Führungskraft charakteristischen Starqualitäten verwandeln. Will man die Anwesenheit solcher Merkmale feststellen – mit der nötigenSensibilität für den Kontext –, ist es deswegen unerlässlich, die richtigen Fragen unter Verwendung der richtigen Ausdrucksweise und Sprache zu stellen. Genau darauf zielt der B-Scan ab, indem er Items in den unternehmerischen Bezugsrahmen stellt und sie mithilfe der alltäglichen Businessterminologie formuliert (z. B. »Es ist in Ordnung zu lügen, um das Geschäft abzuschließen« – stimme zu/stimme nicht zu auf einer Skala von 1 – 4). Zurzeit lassen wir den Fragebogen in einer Stichprobe von Anwälten, Wertpapierhändlern und Soldaten der Spezialeinheit in Großbritannien ausfüllen, um zu sehen, aus welchem Stoff sie sind: eine Art psychologische Biopsie verschiedener Hochleistungsberufe.
    In einem Café in Upstate New York, ganz in der Nähe von Babiaks Beratungsunternehmen, berichte ich ihm von einer Unterhaltung, die ich einmal mit einem britischen Top-Anwalt in dessen Kanzlei in der Londoner City hatte.
    »Im Gerichtssaal habe ich Leute geradezu umgebracht, sie im Zeugenstand gekreuzigt«, erzählte der Typ mir. »Ich habe absolut kein Problem damit, ein angebliches Vergewaltigungsopfer im Zeugenstand zum Weinen zu bringen. Und wissen Sie, warum? Weil das mein Job ist. Dafür bezahlt mich mein Mandant. Am Ende des Tages kann ich meine Perücke und meine Robe ablegen, mit meiner Frau in ein Restaurant gehen und mich einen Dreck darum scheren – obwohl ich weiß, dass das, was vorhin passiert ist, das Leben dieser Leute ruiniert haben könnte.
    Wenn meine Frau jedoch z. B. in einem Kaufhaus ein Kleid kauft, die Quittung verliert und mich dann bittet, es zurückzubringen ... ja, dann ist das eine völlig andere Geschichte. Ich hasse es, so etwas zu tun. Darin bin ich hoffnungslos. Ein richtiger Waschlappen ...«
    Babiak nickt. Er weiß genau, worauf ich hinauswill. Es ist genau das, worauf der B-Scan abzielt. Wir schlürfen unseren Latte macchiato und starren in den Hudson River. Über dem eisgrauen Wasser ziehen tief hängende Wolkenmassen langsam und unaufhaltsam am Himmel entlang.
    »Was schätzen Sie?«, frage ich ihn. »Glauben Sie, wir werden beim B-Scan einen optimalen Wert finden? Eine goldene Zahl, die mit Spitzenleistungen korreliert?«
    Er zuckt die Schultern. »Vielleicht«, sagt er. »Aber ich schätze, es wird sich eher um einen Bereich handeln. Und der könnte, je nach Beruf, leicht variieren.«
    Ich stimme ihm zu. Plötzlich muss ich an Johnny denken, und ich frage mich, wo
er
auf dieser Skala wohl anzusiedeln wäre. James Bond hatte die Lizenz zum Töten. Doch er tötete nicht wahllos. Er tötete, wenn er es tun musste – ohne mit der Wimper zu zucken.
Verrückt, böse ... oder »supernormal«?
    Schließlich stelle ich meine Theorie der funktionellen Psychopathie einem Freund vor. Tom ist Mitglied der britischen Spezialeinheit und war an einigen der heißesten, entlegensten und gefährlichsten Orten der Welt als verdeckter Ermittler tätig.
    Er liebt seinen Job.
    Ich erzähle ihm von den Glücksspielen, den Emotionserkennungsaufgaben, Ahmed Karims transkraniellem magnetischem Lügenverstärker und den Akupunkteuren. Dann berichte ich ihm, was James Blair, Kent Kiehl, Bob Hare, Paul Babiak und Peter Jonason gesagt haben.
    »Worauf willst du eigentlich hinaus?«, fragt er mich, als ich ihm schließlich erkläre, dass das Tragen von Nachtsichtbrillen und der Messerkampf gegen die Taliban in tiefen, dunklen Höhlen in den Bergen Nordafghanistans vielleicht nicht nach dem Geschmack jedes Soldaten seien. »Dass ich verrückt bin? Dass ich ein Irrer bin, der sich dorthin vorwagt, wohin sich sonst niemand traut? Und darauf abfährt? Dafür bezahlt wird?«
    Sobald ich wieder aus dem Schwitzkasten raus bin, erzählt Tom mir eine Geschichte. Vor ein paar Jahren war er eines Nachts, nachdem er

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