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Puppen

Puppen

Titel: Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Niall Wilson
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oder nicht: Die Urrythaner durften sich nicht anmaßen, anderen Leuten die Entscheidung über Leben und Tod abzunehmen. Ebensowenig hatte die Voyager das Recht, sich in die Belange des Planeten einzumischen. Es mußte eine Lösung für das Problem geben, die Möglichkeit, zurückzuweichen und die Urrythaner ihrer Welt zu überlassen, ohne ein Besatzungsmitglied zu verlieren. Aber wie? Chakotay hoffte, daß ihm genug Zeit blieb, eine solche Lösung zu finden
    – bevor es zur Katastrophe kam und alle weiteren
    Bemühungen nutzlos wurden.
    Er legte die Hände auf den Tisch und trachtete danach, sich zu entspannen. Derzeit war er nicht imstande, konkrete Hilfe zu leisten, aber was auch immer die Zukunft brachte: Er hielt es für besser, sich dem Bevorstehenden mit einem ruhigen, ausgeglichenen Selbst zu stellen. Langsam ließ er sein Ich nach innen treiben, ging immer mehr auf Distanz zu der Außenwelt und suchte jenen Ort auf, wo ihn sein Seelenfreund erwartete.
    Vielleicht hatte jene innere Stimme einen Rat für ihn…
    Vok versuchte, so schnell wie möglich voranzukommen, als er durch die uralten Tunnel eilte. Gelegentlich mußte er einen Umweg machen, wenn Zugänge blockiert waren. Die
    Harmonie wies ihm den Weg. Seit vielen Jahren wurden die alten Tunnel kaum mehr benutzt. Die jungen Urrythaner
    bevorzugten die neueren; sie vermieden es, den Alten zu nahe zu kommen, suchten den Kontakt erst, wenn sie sich dem Langen Schlaf nahe fühlten.
    Vok beeilte sich deshalb so sehr, weil er nicht wußte, wie weit Ban bei seiner fehlgeleiteten ›Mission‹ gehen würde –
    und weil das Zerren an seinem Geist inzwischen so stark geworden war, daß er fürchtete, nicht mehr genug Zeit zu haben. Wenn jetzt für ihn der Lange Schlaf begann, hier in den Tunneln, ohne daß sich jemand um ihn kümmerte und die
    notwendigen Rituale durchführte, damit er den Kokon
    bekam… Dann blieb er einfach im Dunkeln liegen, bis er schließlich starb. Der Gedanke an den eigenen Tod erschreckte ihn mehr als alles andere. Abgesehen davon dachte er auch an die Bedürfnisse seines Volkes, ans Erbe der Urrythaner und den Umstand, daß er der letzte Älteste war.
    Ban verstand das Erbe nicht, zumindest nicht in seinem ganzen Ausmaß. Richtig verstehen konnte er es erst dann, wenn er die Muster der Einen Stimme besser kennenlernte. Er dachte noch immer zu sehr an sich selbst, hielt die physische Welt und die Dinge des alltäglichen Lebens für zu wichtig.
    Den Angelegenheiten der anderen und ihren Meinungen
    schenkte er mehr Aufmerksamkeit als dem Zustand seiner eigenen Seele.
    Dabei handelte es sich um die traditionelle Aufgabe der Jungen. Sie kümmerten sich um die Gärten, sammelten das Ambiana und erledigten die täglichen Routinearbeiten, während die Ältesten dem Langen Schlaf entgegenstrebten.
    Deren Pflicht wiederum bestand darin, die Jungen zu
    unterweisen, ihnen den Weg in ihre Zukunft zu zeigen. So war es immer gewesen, und bisher hatte dieses System
    ausgezeichnet funktioniert.
    Ban glaubte, daß Vok als einzelne Person über den Rest der Gemeinschaft herrschte, seinen Willen allen anderen
    Urrythanern aufzwang. Deshalb hielt er es für möglich, daß seine eigenen Entscheidungen ebenso sinnvoll oder, unter bestimmten Umständen, sogar besser sein konnten als die des Ältesten. Er übersah folgendes: Wenn Entscheidungen
    anstanden und Vok das Wort ergriff, so sprachen aus seinem Mund all jene, die vor ihm mit dem Langen Schlaf begonnen hatten. Es ging nicht um einen Körper, der einem anderen mitteilte, was getan werden mußte. Eher ließ es sich mit einem gewaltigen Bewußtsein vergleichen, das verschiedenen
    Organen Signale übermittelte und die Gliedmaßen auf der Grundlage eines einzelnen, gut ausgewogenen Plans bewegte.
    Vok wußte, daß er einen Fehler gemacht hatte. Als die
    anderen darauf bestanden, daß sie die fremde Frau holen mußten… Es war falsch gewesen, diesen Forderungen
    nachzugeben. Er hatte den Stimmen in seinem Herzen nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt und sich eine Schwäche erlaubt, wodurch die Dinge außer Kontrolle gerieten. Es gab einige Querköpfe bei den Jungen, aber die meisten von ihnen wären bereit gewesen, sich seiner Entscheidung zu fügen. Mit nur einigen wenigen Gefolgsleuten hätte es Ban wohl kaum gewagt, sich auf eine Konfrontation mit den Besuchern aus dem All einzulassen.
    Statt dessen kam es zu einer Aufeinanderfolge von
    Ereignissen, die alle im Widerspruch zu der Harmonie

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