Puppenfluch
kennenzulernen!«
Warum freute sich Siri so darüber, das zu hören? Sie versuchte, ein breites Lächeln zu verbergen, aber es gelang ihr nicht.
»Viel Spaß, ihr zwei, ich muss weiter. Hast du nicht Lust, irgendwann diese Woche mal zum Abendessen zu uns zu kommen, Siri?«
Siri warf Aron einen erstaunten Blick zu, doch der lächelte nur. Sie war es nicht gewohnt, bei Leuten, die sie kaum kannte, zum Abendessen eingeladen zu werden, andererseits, warum nicht?
»Ja, ... gerne. Danke.«
»Prima, dann ist es abgemacht. Sag Aron einfach, wann es dir am besten passt. Und Aron, denk dran, dass du für morgen noch Schulaufgaben machen musst! Du doch sicher auch, Siri?«
Siri lachte ein bisschen verlegen.
»Mama!«, sagte Aron laut, aber er klang eigentlich nicht verärgert, sondern lächelte seine Mutter an.
Es sah ganz so aus, als würden sich Aron und seine Mutter sehr nahestehen. Vielleicht war das so, wenn man keine Geschwister hatte. Siri war sich sicher, dass sie ihrer Mutter viel bedeutete, aber sie hatte nur selten Zeit für Siri. Die Zwillinge waren noch klein und natürlich musste Mama sich viel um die beiden kümmern. Manchmal fühlte sich Siri fast ein bisschen vom Rest der Familie ausgeschlossen. Sie seufzte. Sie wünschte, Papa würde noch leben. Und auch, dass Linda bald nach Hause käme.
Elena winkte ihnen zu, ehe sie ins Auto stieg und wegfuhr.
Siri und Aron schauten dem Wagen nach, der sich mit einem gewagten Schwung in den Verkehr einfädelte.
»Woher kommt deine Mutter?«, fragte Siri und zog ihre grünen Handschuhe aus.
Sie stopfte sie in ihre Tasche.
»Russland«, sagte Aron. »Sie und Papa haben sich kennengelernt, als er geschäftlich drüben war.«
»Sie spricht fast perfekt Schwedisch.«
»Ja, sie lebt auch schon ziemlich lange hier. Vor ein paar Jahren ist mein Onkel ebenfalls hergezogen.«
Aron sah aus, als wäre er ganz glücklich darüber, die Familie in der Nähe zu haben.
»Kannst du Russisch, Aron?«
Er lächelte breit.
»Sehr wenig. Zu Hause sprechen wir meistens Schwedisch. Und ich war auch noch nie in Russland.«
»Hat sie das mit dem Abendessen ernst gemeint?«, fragte Siri.
»Ja, na klar! Wann immer du magst. Wie wäre es gleich heute Abend?«
Siri dachte nach. Sie würde sich nur zu gerne in Martin Wikers Haus umsehen, vielleicht gab es dort irgendetwas, das sie weiterbrachte, aber Henrik erwartete sie zum Abendessen zu Hause. Er gab sich wirklich Mühe ihr gegenüber und sie hatte eigentlich auch nichts gegen ihn. Er war nur einfach nicht ihr Vater.
»Heute habe ich keine Zeit. Aber vielleicht morgen?«, schlug sie vorsichtig vor, als sie in die große Eingangshalle der Bibliothek traten.
Überall liefen Leute gehetzt hin und her und wickelten sich zum Schutz vor der Novemberkälte draußen fest in ihre Jacken. Einzig und alleine Siri und Aron schienen fröhlich und von dem trüben Wetter unbeeindruckt zu sein.
»Super! Ich sage meiner Mutter Bescheid.«
»Ist dein Vater morgen auch zu Hause?«, fragte sie, während sie sich durch die Regalreihen arbeiteten.
Es roch nach staubigen Büchern.
»Das glaube ich nicht«, sagte Aron. »Jetzt vor Weihnachtenarbeitet er rund um die Uhr. Er wohnt ja schon fast im Lager ...«
»Ja, ich weiß«, rutschte es Siri raus, ehe sie sich auf die Zunge biss. »Ich war da. Torsten hatte mich wegen einer Sache vorbeigeschickt ...«, schwindelte sie hastig.
Es fühlte sich nicht gut an zu lügen, aber sie kannte Aron noch nicht gut genug, um ihm zu vertrauen.
»Ach echt? Aha. Dann hast du sicher Krista kennengelernt. Die ist manchmal ganz schön mies drauf. Einmal, als ich da war ...«
Aron redete und machte Witze, aber Siri hörte ihm nur mit einem Ohr zu. Sie sah seine schmalen, glatten Hände mit den langen Fingern, die sich immerzu bewegten, wenn er sprach. Er hatte schöne Hände. Sie fragte sich, wie es sich anfühlen würde ...
Nein, sie war nur aus einem einzigen Grund hier. Und sie durfte sich auf keinen Fall auf ihn einlassen.
7
Siri betrachtete das Haus. Es war ziemlich protzig, genau so wie sie sich das Haus eines Martin Wiker vorgestellt hatte. Mit Pool und Billardtisch.
Die Villa lag am Ende einer ruhigen Straße, im etwas vornehmeren Teil der Stadt. Die Winterdunkelheit wurde von dem hellen Licht durchbrochen, das durch die großen Panoramafenster nach draußen fiel, hinter denen sie eben zu Abend gegessen hatten. In einem Esszimmer, das eher einem Speisesaal glich.
Siri war Martin in der Tür begegnet,
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