Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen
ihre Wangen zu kühlen. In seinen Worten glaubte
sie plötzlich wieder ihr eigenes lustvolles Stöhnen und den unterdrückten
Schrei zu hören, den sie im Rausch ihrer Empfindungen ausgestoßen hatte.
»Das war ein Fehler von mir«,
erwiderte sie empört. »Und ich wäre dir dankbar, wenn du so freundlich wärst,
es nie wieder zu erwähnen!«
Ein vielsagendes Lächeln spielte um
Brighams Lippen, von dem Lydia sich so unwiderstehlich angezogen fühlte, als
hätte er sie mit einem Bann belegt. Als er seine Hand unter ihr Kinn legte und
mit leiser Stimme zu sprechen begann, begann ihr Puls verrückt zu spielen.
»Aber Lydia ... das hier ist die wirkliche, echte Welt, die ganz anders ist,
als du sie dir in deinen Träumen vorstellst! In Wirklichkeit — und das wissen
wir beide, mein kleines Yankeemädchen — war der gestrige Abend erst der Anfang
von unserer Beziehung. Und wenn ich dich ernsthaft liebe, werden deine
Lustschreie von den Bergen widerhallen.«
Lydias Wut über seine Arroganz — und
die Erregung, die seine Worte in ihr auslösten — war so groß, daß sie einen
Augenblick lang wie gelähmt war. Doch selbst wenn sie Worte gefunden hätte,
wäre ihr keine Beleidigung eingefallen, die passend gewesen wäre.
Als Lydia endlich ihre Fassung
zurückgewann — nach einer kleinen Ewigkeit, wie ihr schien — wandte sie sich ab
und schritt hocherhobenen Kopfes zum Haus zurück. Einige der Arbeiter pfiffen
anerkennend und applaudierten, als sie an ihnen vorbeikam, was ihre
Verlegenheit bis an die Grenzen der Hysterie steigerte.
Da Lydia sich nicht auszudenken
wagte, was diese Männer über ihre völlig unpassenden intimen Beziehungen zu
Brigham Quade, dem König der Berge dachten, verschloß sie Augen und Ohren vor
ihren anzüglichen Bemerkungen und ihrem vielsagenden Grinsen und hastete zum
Haus weiter.
Ein leichter Regen begann zu fallen,
der ihren Ärger und ihre brennenden Wangen kühlte. Als sie das Haus erreichte,
dan wir alles in dieser Stadt und in ihrer Umgebung zu Brighams
Herrschaftsbereich gehörte, zögerte sie einzutreten und ließ sich auf den
Eingangsstufen nieder.
Das Verandadach schützte sie vor dem
Regen, und rechts und links von der Einfahrt verströmte der Spanische Flieder
seinen betäubenden Duft und vermischte sich mit dem Geruch von Regen und
feuchter Erde.
Lydia legte ihre Stirn auf ihre Knie
und konzentrierte sich auf ihre Atmung, bis sie sich wieder einigermaßen
normalisiert hatte. Dann, als sie das Gefühl hatte, wieder sie selbst zu sein,
stand sie auf und ging hinein.
Charlotte und Millie waren nirgendwo
zu sehen, aber das beunruhigte Lydia nicht, denn es war ein großes Haus, und
die Mädchen waren es gewöhnt, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Sie stieg
die Treppe zum ersten Stock hinauf und ging über den Korridor zu Devons Zimmer.
Nachdem sie leise angeklopft hatte,
drehte sie den Türknauf und trat ein.
Polly war inzwischen aufgestanden
und hatte die sauberen Kleider angezogen, die Lydia vorher für sie bereitgelegt
hatte. Sie stand neben dem Bett und wusch zärtlich Devons Oberkörper.
»Wie geht es ihm?« fragte Lydia
leise.
Polly warf ihr einen Blick zu. »Er
hat sich einige Male bewegt. Ich glaube, er wird bald aufwachen.«
Lydia trat ans Bett. »Laß mich bei
ihm wachen, Polly, während du hinausgehst und ein bißchen frische Luft schnappst.«
Es war, als hätte Polly nichts
gehört, »Doktor McCauley meint, Devon besäße ein stärkeres Herz als alle
anderen Männer, die er je behandelt hat«, erwiderte sie eine Spur zu schrill.
Lydia sagte nichts.
Ein rauhes Schluchzen entrang sich
Pollys Kehle. »Vor ein paar Minuten hat er etwas gesagt«, flüsterte sie. »Es
war dein Name — Lydia.«
»Devon ist sehr verwirrt«,
entgegnete Lydia ruhig. »Du darfst seinen Worten nicht zuviel Bedeutung
zumessen. Die Tatsache, daß er überhaupt gesprochen hat, ist an sich schon sehr
ermutigend.«
Tränen rannen über Pollys schmale
Wangen, als sie Lydia anschaute. »Bitte nimm mir Devon nicht!« sagte sie
flehend. »Versprich mir, daß du ihn nicht dazu bringen wirst, dich zu lieben!«
Lydia ging zu Polly und umfaßte ihre
Schultern. »Ich bin keine Verführerin«, entgegnete sie nüchtern. »Ich könnte
weder Devon noch irgendeinen anderen Mann dazu bringen, mich zu lieben, selbst
dann nicht, wenn ich es wollte. Und jetzt geh und nimm dir ein wenig Zeit für
dich selbst. Danach wirst du dich stärker fühlen.«
Polly zögerte, dann nickte sie und
verließ
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