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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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entdeckte die Verschleierte, die hinter dem Presbyterium und Hauptaltar zur Seitentür ging, durch die sie gekommen war. Er folgte ihr mit dem Blick, und als sie gerade das Portal öffnete, sah er, wie sie den Rock etwas raffte. Doch was sie dabei entblößte, war keineswegs das zarte Bein einer Frau, sondern ein äußerst kräftiges, behaartes. Jesus, Maria und Josef! Was ist in meinem Beichtstuhl passiert?, fragte er sich. Allein bei dem Gedanken trat ihm der kalte Schweiß auf die Stirn, sodass er in einer der Taschen seiner Soutane nach einem Taschentuch suchen musste. Und als er seinen Rosenkranz wieder zur Hand nahm, vertat er sich und übersprang ein Geheimnis. Die Betschwestern blickten sich entsetzt an und zeigten einander flüsternd ihre Rosenkränze, worauf er versuchte, den Fehler zu beheben, dabei aber zu allem Unglück ein Geheimnis wiederholte, das sie bereits gebetet hatten.
    Da vernahm er erneut das Quietschen der Beichtstuhlstür. Und nun war seine Verwirrung komplett: Ein Priester strebte eilig zum Ausgang.
    »Aber außer mir gibt es hier doch gar keinen Pfarrer!« Padre Tarsicio merkte nicht, dass er laut gesprochen hatte.

|276| Karten und andere theologische Abhandlungen
    Q aytu lenkte die Kalesche am Keramikbrunnen des Innenhofs vorbei zu der breiten, zum Obergeschoss führenden Treppe, wo Don Luis de Zúñiga sie bereits erwartete. Amüsiert hörte er Umina zu, die erzählte, wie sie Sebastián, in ihren Schleier gehüllt, gefolgt war und und auf welche Art sie ihn später in der Kathedrale gerettet hatte.
    »Es ist mir schleierhaft, wie Sie sich in so etwas bewegen können«, brummte voll Unbehagen der Ingenieur, der in seiner weiblichen Verkleidung hinter ihr ausgestiegen war.
    »Sie müssen noch viel lernen, wenn Sie eine Frau aus Lima hofieren wollen«, antwortete Umina ungerührt.
    »Denken Sie an die alte Regel, Fonseca: Was ein Bart nicht schafft, schafft ein Rock«, mischte Zúñiga sich schmunzelnd ein. »Allerdings habe ich noch nie jemanden erlebt, der bei der Eroberung einer Frau so weit ging wie Sie. Aber ich denke, Sie wollen sich jetzt trotzdem etwas Passenderes anziehen.«
     
    Als Sebastián sich umgezogen hatte, begab er sich hinunter in den Salon zu Umina.
    Nun, da er ihre Kleider getragen hatte, fiel ihm ganz besonders auf, wie anmutig sich die Mestizin bewegte: Ihre Sinnlichkeit hatte nichts Künstliches an sich. Schnell versuchte er, die Erinnerung an ihre körperliche Nähe im Beichtstuhl beiseitezuschieben, indem er ihr die drei Blätter zeigte.
    »Dem Papier und der Schrift nach zu urteilen, wurden sie aus der Chronik herausgerissen.«
    |277| »Dann könnte es die Liste der Wörter sein, die Sírax Diego de Acuña vor dessen Tod diktiert hat.«
    Auf den drei Blättern standen zunächst mehrere Wörter in Großbuchstaben.
    »Und was bedeutet PUCAMARCA, CHUMBIMARCA, ILLACAMARCA?«
    »Das sind Namen von Dörfern«, murmelte Umina. »
Pucamarca
bedeutet ›rotes Dorf‹;
Chumbimarca
›Dorf des Webers‹;
Illacamarca
›Dorf des Schatzes‹   … CACHIPUQUIU,CORCORPUQUIU, CHURUPUQUIU, MICAYPUQUIU: ›Quelle der Salzes‹, ›Quelle des Wilden Schilfes‹, ›Quelle der Schnecke‹, ›Quelle des Sumpfes‹   …«
    Darunter kamen dann etliche Wörter in Kleinbuchstaben, die Sebastián ihr nacheinander vorlas.
    »
Qenqo Grande.
«
    »
Qenquo
bedeutet auf Quechua etwas zickzackartig Gewundenes. Der Ort liegt im Umland von Cuzco, in der Nähe eines unserer Lager, auf dem Weg nach Pisac. Dort wohnt eine Schwester von Qaytu mit ihrem Mann.«
    »
Ollantaytambo.
«
    »Der Gasthof von Ollantay.
Tambos
sind Herbergen, die die Inkas entlang ihrer Wege und Straßen errichtet haben. Viele von ihnen sind noch erhalten. Man bezeichnet aber auch Siedlungen so, wie zum Beispiel die in der Nähe der Ländereien meiner Mutter in Yucay.«
    »
Cóndor Guachana.
«
    »Das ›Kondornest‹. Das kann überall sein, dazu braucht es nur ein paar Kondore. Vielleicht ist das eine heilige Stätte.«
    »
Ñusta Hispana.
«
    Umina schüttelte den Kopf. »Das kann ich Ihnen nicht übersetzen.«
    »Warum nicht?«
    »Ich habe meine Gründe dafür. Fahren Sie fort.«
    »
Totorgoaylla.
«
    »›Wiese des Rohrkolbens‹.«
    |278| »Was ist ein Rohrkolben?«, fragte Sebastián.
    »Eine an Gewässern wachsende Pflanze mit langen schmalen Blättern und braunem Kolben. Damit werden Dächer, Häuser und sogar Schiffe gebaut.«
    »
Cajana.
«
    »Das muss eine andere Schreibweise für
Qasana
sein, was

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