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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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verbreitet. Diese Schriften werden mit dem Geld finanziert, das die protestantischen Länder mit dem Sklavenhandel einnehmen!«
    »Beruhigen Sie sich, meine Herren«, fiel der Gastgeber ein. »Wir können hier keine Verteidigungsrede für die ehrwürdigen Padres halten, denn das hieße, unserem Herrscher Karl III. die Loyalität zu verweigern, die wir ihm schulden. Beruhigen Sie sich und lassen Sie uns lieber den nächsten Gang genießen.«
    Daraufhin wurden Täubchen mit Mandeln und scharfer Soße aufgetischt, dazu
tamales
, köstliche Pasteten in Maisblättern, mit gerösteten Schweinefiletstreifen. Außerdem wurden ein
ceviche
mit Bitterorangen und eine Krabbentortilla mit Rübchen und Zwiebeln serviert. Den Abschluss bildete ein Obstsalat, eine Mischung aus süßen und sauren, milden und würzigen Früchten. Das i-Tüpfelchen bildete ein Klecks
leche frita
, gestockte Milch.
    Als das Dessert geschafft war, schien der Moment gekommen zu sein, auf Montillas wissenschaftliche Expedition zu sprechen zu kommen.
    »Ich habe davon gehört«, sagte einer. »Sie sollen wohl die Arbeit von Hipólito Ruiz zu Ende bringen, der hier seit zwei Jahren irgendwelche Pflanzen untersucht. Und der Marqués ist auf der Suche nach einer Pinie für Schiffsmasten.«
    Darauf hatte Sebastián die Unterhaltung bringen wollen.
    »Der Marqués ist wohl nicht allein   …«, wagte er sich vor.
    |255| Doch niemand ging darauf ein. Alle schwiegen betreten, selbst die größten Schwätzer mit dem losesten Mundwerk.
    Als der Ingenieur Anstalten machte, auf dem Thema zu beharren, genügte ein Blick von Umina, um ihm zu verstehen zu geben, dass dies nicht angebracht sei. Zumindest nicht in diesem Hause.
    Don Luis de Zúñiga, dem die Situation sofort klar war, zögerte nicht lange und hob die Tafel auf. Als die Liköre kredenzt wurden und Umina sich um die Gäste kümmerte, nahm er Sebastián beiseite. Sogleich gesellte sich jedoch Don Pedro de Ampuero zu ihnen.
    »Fonseca, interessieren Sie sich eigentlich für alte Bücher?«
    »Gewiss«, bejahte der Ingenieur.
    »Dann will mein lieber Freund Zúñiga Ihnen sicher eine Rarität zeigen.«
    »Aber gern«, erwiderte der Gastgeber und wies ihnen den Weg in die Bibliothek. Dort führten die beiden Männer Sebastián zu einem Lesepult, auf dem ein aufgeschlagenes Buch lag.
    »Ich bin kein Mann der Geisteswissenschaften, doch scheint es mir ein ganz alter ›Don Quijote‹ zu sein«, erklärte der Ingenieur nach einem ersten Blick auf das Werk.
    »Die erste Ausgabe von 1605.   Am Ende ebendieses Jahres gelangte einer meiner Vorfahren, der Vizekönig Don Gaspar de Zúñiga Acevedo y Fonseca, in den Besitz dieses Exemplars. Der dort drüben   …« Zúñiga wies auf ein Porträt, das Don Gaspar vor einem samtenen Vorhang mit den Familienwappen zeigte.
    Sebastián ging zu dem Gemälde, doch entdeckte er nur fünf rote Sterne auf goldenem Grund.
    Da bat Don Luis erneut um Sebastiáns Aufmerksamkeit, um ihm die Widmung des Buches zu zeigen.
    »›Für Juan de Avendaño. Miguel de Cervantes‹. Er war ein guter Freund der Familie und Studienkollege von Cervantes. Ihre Freundschaft brach nie ab, deshalb ermunterte er ihn auch, zu ihm nach Peru zu kommen. Cervantes stellte einen Antrag, auf den König Philipp II. ihm 1590 mit den Worten geantwortet hat: ›Der |256| Antragsteller möge hier nach einer Belohnung für seine Dienste suchen.‹«
    »Sehr interessant«, antwortete Sebastián. »Doch haben Sie beide mich bestimmt nicht hierhergeführt, um mir dieses Buch zu zeigen.«
    »Selbstverständlich nicht«, gab Ampuero zu. »Lassen sie es mich so erklären: Ich bringe mein Leben damit zu, über andere zu richten, und ich erachte mich deshalb als fähig, einen aufrechten Menschen zu erkennen. Niemand hier hätte die in Ungnade gefallenen Jesuiten so verteidigt, wie Sie es getan haben. Genau deshalb möchte ich Sie warnen: Seien Sie vorsichtig und fragen Sie hier nicht offen nach Alonso Carvajal. Dieser Mann hat seine Ohren überall.«
    »Könnten Sie sich bitte etwas deutlicher ausdrücken?«, fragte Sebastián.
    »Das würde ich nur zu gern, aber es geht nicht. Ich kann Ihnen lediglich sagen, dass Carvajal Condorcanquis Forderungen genauestens verfolgt hat und dann, als es ihm opportun schien, seine eigenen Beweise und die seiner Vorfahren vorgelegt hat. Als er jetzt aus Spanien wiederkam, hat er sich als Erstes über sämtliche Dokumente unterrichten lassen, die in der Zwischenzeit in dieser Streitsache

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