Rache - 01 - Im Herzen die Rache
näher heranging, sah er, dass er sich nicht täuschte. Es war Drea Feiffer – und sie hielt eine riesige Schlange in den Händen. Daneben stand einer ihrer Freunde, so ein Typ mit blondierten Haaren, der voriges Jahr die Schule geschmissen hatte und der, soweit Chase wusste, von allen nur »Crow« genannt wurde.. Chase war zu weit weg, um es mit Sicherheit sagen zu können, doch es schien, als würde Drea ihn durch die Scheibe anstarren. Er schüttelte den Kopf und sah rasch in eine andere Richtung, während er den restlichen Weg zu seinem Wagen rannte. Was für sonderbare Spinner.
Das Lumière de la Mer lag direkt an der State Route 1 und war leicht zu finden. Chase war zu früh; von Ty war noch nichts zu sehen. Das Restaurant war proppenvoll mit Ausflüglern, einigen anderen Leuten aus Ascension – ein paar davon mitsamt ihren Familien – und einer Gruppe Mädchen aus der Zwölften.
»Hi, Chaaaaaase«, begrüßten ihn zwei (Becky Soundso und Jamie St. Louis) in affektiertem Tonfall. Becky hatte einen schief sitzenden Geburtstagshut auf dem Kopf. Noch vor ein paar Wochen hätte Chase sich einen passenden Kommentar dazu einfallen lassen, doch heute winkte er nur und lächelte, als die Empfangsdame ihn an einem Tisch für zwei platzierte. Die sollten erst mal sehen, mit wem er hier verabredet war.
»Unser Spezialitätenmenü ist heute Abend sehr zu empfehlen«, teilte ihm der – mit spießiger goldbeknopfter Montur ausstaffierte – Kellner mit, als Chase sich niederließ. Er breitete, wie es sich gehörte, seine Serviette aus und legte sie sich über den Schoß. »Möchten Sie schon etwas trinken, während Sie warten? Vielleicht ein Glas Weißwein?«
Wollte der Typ etwa gar nicht seinen Ausweis sehen? Kein Wunder, dass der Schuppen so angesagt war.
»Ja, ich hätte gerne einen Whiskey on the Rocks«, erwiderte er mit größtmöglicher Coolness.
»Welcher Whiskey darf es denn sein, Sir?«
»Ähm …« Einfach der billigste käme hier vermutlich nicht so gut. »Maker’s Mark, wenn Sie den haben«, antwortete er und bedankte sich im Stillen bei Ascensions Eltern und ihren gut bestückten Hausbars.
Der Drink kam, Chase nippte daran und wartete. Jedes Mal wenn die Tür aufging und einen kalten Luftzug hereinließ, reckte er den Hals, um zu sehen, ob sie es war. Ty war spät dran, aber noch nicht zu spät. Zehn Minuten. Was war das schon. Stilvoll zu spät zu kommen war schließlich immer noch in, oder? Als fünfzehn Minuten vergangen waren, bestellte er einen weiteren Drink, etwas verlegen diesmal. »Meine Freundin verspätet sich«, erklärte er dem Kellner lautstark, in der Hoffnung, dass die anderen es auch hören würden. Er nahm sein Handy heraus und wählte unauffällig Tys Nummer. Mailbox.
Als der Kellner zurückkam, hatte Chase schon fünfundzwanzig Minuten gewartet. Er war unschlüssig, ob er einen weiteren Drink bestellen sollte. Einerseits konnte er sich keine drei exquisiten Whiskeys plus noblem Spezialitätenmenü für zwei leisten. Andererseits begann das hier langsam peinlich zu werden. Die Mädchen aus der Zwölften tuschelten definitiv bereits über ihn; es hätte ihn nicht gewundert, wenn sie es schon auf Facebook gepostet hätten: Chase Singer sitzt seit über einer halben Stunde ganz allein im Lumiére de la Mer. Wer hat ihn da wohl versetzt? Ja, er würde noch einen Drink bestellen. Nur einen noch.
Der erste Schluck seines dritten Glases Whiskey innerhalb einer Stunde gab ihm den Rest. Er hatte tagsüber kaum etwas gegessen und jetzt war ihm ganz warm und schummrig. Die Crissini am Nachbartisch sahen extrem verlockend aus. Vielleicht sollte er auch um ein paar bitten, bloß um erst mal über die Runden zu kommen. Stattdessen winkte er dem Kellner und bestellte die Rechnung.
Aber, Augenblick mal, ach du Scheiße, wer kam denn da durch die Tür? Sein Stuhl machte ein furchtbares Geräusch, als Chase plötzlich aufstand und ihn mit Wucht zurückschob. Sasha Bowlder war in diesem Moment in das Restaurant spaziert.
Sie kam auf ihn zu. Und von ihrem Kopf lief Blut. Es lief über ihr ganzes Gesicht.
Was. Zum. Teufel.
Chase taumelte vorwärts, stützte sich am Tisch ab und blieb dabei an der Tischdecke hängen, sodass sämtliche Gläser gefährlich ins Wanken gerieten. Sie steuerte direkt auf ihn zu. Und überall dieses Blut. Ihm entfuhr ein unterdrückter Schrei. Gleich müsste er kotzen. Er versuchte, von dem Tisch wegzukommen, schob den Stuhl noch weiter zurück, und dann gab es ein
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