Rache - 01 - Im Herzen die Rache
seine eigenen nachzudenken.
»Also bin ich heute zu ihr rübergelaufen, freudestrahlend, und hab ihr das Geschenk hingehalten, das ich für sie gekauft hatte, dieses tolle Geschenk – ich wollte wirklich alles wiedergutmachen, Chase, ehrlich –« An dieser Stelle streckte sie die Hände nach ihm aus und umfasste sein Knie, als flehte sie ihn an, ihr zu glauben. »Und sie … sie … sie hat mir ihren Cappuccino ins Gesicht geschüttet! « Em zuckte zusammen, als würde sie die heiße Flüssigkeit ein zweites Mal spüren.
»Sie hat dich voll Kaffee geschüttet?«
»Ja! Du hast ja keine Ahnung. Normalerweise ist sie diejenige, die mir Klamotten anbietet, wenn ich meine schmutzig mache – sie hat eine komplette Ersatzgarderobe in ihrem Turnhallenspind!«, jammerte Em und zeigte auf ihren ruinierten Pullover, den sie achtlos in die Tasche gestopft hatte. »Und es hat wehgetan, Chase«, sagte sie, leiser jetzt. »Es hat so wehgetan … Sie hat mich Schlampe genannt. Lügnerin, Schlampe und Verräterin.« Em holte tief und erschöpft Luft. Sie raufte sich ununterbrochen die Haare und knibbelte an ihrer Nagelhaut herum, die schon fransig und blutig gekaut war. Sie sah furchtbar aus.
»Sie hat behauptet, ich hätte mich an Zach rangemacht und dass alles meine Schuld wäre«, fuhr sie fort, ohne Chase überhaupt antworten zu lassen, »und dass ich eine verlogene Schlampe wäre, die einfach anderen Leuten den Freund ausspannt. Als hätte Zach überhaupt keinen Anteil daran. Als hätte ich nur darauf gelauert, verstehst du?«
»Hast du das denn?«, fragte Chase ganz direkt.
»Nein! Und dann hat sie gesagt, dass sie überall in Ascension rumerzählt, was ich für eine furchtbare Person bin. Sie hat gesagt, sie hätte irgend so eine SMS, die alles beweist. Dann ist sie weggefahren und hat mich einfach stehen lassen. Von oben bis unten voll Kaffee.«
Chase rieb sich die Stirn. Direkt hinter seinen Augen braute sich ein monstermäßiger Kopfschmerz zusammen. »Wie hat sie es denn so schnell rausgekriegt? Ist sie nicht erst gestern Abend wieder nach Hause gekommen?«
Em zuckte mit den Schultern und legte den Kopf auf die Knie. »Als sie vom Flughafen kam, hat sie gemerkt, dass sie ihren Kontaktlinsenkram im Hotel vergessen hatte. Also ist sie los, um sich noch was zu besorgen. Anscheinend ist in der Drogerie irgend so eine auf Pixie-Girl gestylte Tussi auf sie zugekommen, mitten im Gang, und hat es ihr erzählt. Ich hatte noch nicht mal Zeit zu fragen, was genau sie ihr gesagt hat, aber es sieht so aus, als ob Zach mit einer völlig reinen Weste dasteht. Und das Schlimmste an der Sache ist, dass sie irgendeinem dahergelaufenen ›Fashion Victim mit rotem Band um den Hals‹« – an dieser Stelle malte Em Anführungszeichen in die Luft – »mehr glaubt als mir, ihrer besten Freundin.«
»›Fashion Victim mit rotem Band um den Hals‹?«, wiederholte Chase. Seltsamerweise klingelte bei der Beschreibung etwas bei ihm, doch er wusste nicht recht, womit er sie in Verbindung bringen sollte. Em zuckte wieder mit den Schultern.
»Zitat Gabby«, sagte sie und brachte diesmal sogar ein kleines Grinsen zustande. »Ist mir schleierhaft, wie so eine x-beliebige Fremde überhaupt etwas davon wissen konnte. Oder darüber, was Zach gesagt hat. Er würde sich doch niemals selbst belasten … das müsste doch eigentlich jedem klar sein. Aber das ist noch nicht das Allerschlimmste. Das Allerschlimmste ist, dass das alles überhaupt passiert ist. Dass ich zugelassen habe, dass es passiert. Dass es mir recht geschieht.« Sie fing wieder an zu weinen, etwas leiser jetzt. Verzweifelter.
»Emily …« Chase hob die Arme. Er war nicht besonders gut im Leutetrösten, und schon gar nicht, wenn es sich dabei um weinende Mädchen handelte. Doch nach kurzem Zögern legte er ihr die Hand auf den Rücken. Einen Moment lang wurde sie ganz steif, doch dann entspannte sie sich unter seiner Berührung. Er wusste, wie sie sich fühlte – wie es sich anfühlte, von heute auf morgen aus Geborgenheit und Sicherheit ins Nichts zu stürzen, auf das Niveau eines sozialen Außenseiters. »Ist schon gut. Ich weiß, dass du Gabby nicht wehtun wolltest. Es ist … halt einfach so passiert.«
Sie drehte den Kopf ein bisschen und er sah, dass ihre Wimperntusche ganz verschmiert war.
»Ehrlich?«
»Ja. Ich meine, manchmal weißt du genau, was du willst, und dann gerät der ganze Mist außer Kontrolle und du kannst einfach nichts dagegen tun. Es liegt nicht in
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