Rachelust - Der sechste und letzte Fall für Nora und Tommy
er bei der Müllabfuhr und will auf die schlimmen Arbeitsbedingungen aufmerksam machen. Oder er ist bei einer Entsorgungsfabrik tätig, wo ihm etwas Schreckliches widerfahren ist. Dieses Erlebnis will er der Gesellschaft nun vor Augen halten. Er möchte auf Missstände hinweisen. Denn wie könnte sich so eine Person mehr Aufmerksamkeit verschaffen, als drei Polizisten zu ermorden und sie dann wie Abfall an verschiedenen Stellen in der Stadt abzuladen?
Tommy lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. „Wann hast du zum letzten Mal mit Vielbusch gesprochen, Dorm?“
„Gestern Abend gegen halb acht. Wir waren noch im Büro, um die Fakten zu überdenken. Aber wir sind zu keinem Ergebnis gekommen. Daher bin ich nachhause gefahren. Vielbusch wollte noch etwas erledigen und dann ebenfalls heimgehen.“ Er schaute Tommy eindringlich an. „Bringt uns das voran? Nein. Denn was wissen wir eigentlich über den Mörder? Nichts. Wir haben noch nicht das kleinste Detail über ihn herausgefunden. Er ist uns meilenweit voraus. Das jagt mir eine verfluchte Angst ein. Bei allen vorherigen Fällen hatten wir zumindest einen Anhaltspunkt. Aber jetzt?“
„Wir haben die eingeritzten Xs und die Ziffern.“
„Super! Das bringt uns aber nichts!“, schrie Dorm wütend.
„Beruhige dich, okay? Es hat keinen Sinn, so zu schreien.“
„Ich will mich aber nicht beruhigen! Außerdem schreie ich, wann immer ich will! Hast du damit ein Problem?!“
„Wir müssen jetzt die Ruhe bewahren und nachdenken. Nur so können wir dem Mörder auf die Spur kommen.“
„Komm mir nicht so! Diese Standardsprüche kannst du dir an den Hut stecken. Ich habe meinen Partner verloren. Seit acht Jahren haben wir zusammengearbeitet. Wir sind gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Er war mein Freund! Stell dir nur einmal vor, es hätte Nora erwischt! Dann könntest du ansatzweise verstehen, was jetzt in mir vorgeht!“
„Vielbusch war auch mein Kollege. Dieser Mord trifft mich ebenso heftig. Aber nun hör endlich auf, mich anzubrüllen. Das habe ich nicht verdient. Lass deine Wut nicht an mir aus.“
„Du hast doch keine -!“, setzte Dorm an, hielt aber noch rechtzeitig inne. Bevor er etwas sagte, das er später bereute, wandte er sich ab. „Ich hätte ahnen müssen, dass Vielbusch das nächste Opfer sein würde.“
„Wie hättest du das denn ahnen sollen?“
„Zwei Beamte werden ermordet. Die Hinweise deuten auf einen Serienmörder hin. Und was machen wir? Wir befragen in aller Ruhe die Angehörigen, statt uns darauf einzustellen, selbst im Fadenkreuz des Täters zu stehen. Wir hätten uns gegenseitig mehr Rückendeckung geben müssen. Dann würde Vielbusch jetzt noch leben!“
„Weißt du, wie viele Kollegen bei uns arbeiten? Sollten wir uns alle gegenseitig überwachen? Das ist unmöglich. Du darfst dir nichts vorwerfen. Du darfst diese Taten nicht an dich herankommen lassen. Das will der Mörder doch nur.“
„Wie könnte ich die Ermordung meines Partners nicht an mich heranlassen? Ich bin keine verdammte Maschine. Das mag mich angreifbar machen, aber ich kann meine Gefühle nicht einfach unterdrücken.“
„Das verlangt auch niemand. Aber du solltest deinen objektiven Blick nicht verlieren.“
„Kortmann wird mich sowieso nicht weiter in diesem Fall ermitteln lassen. Daher ist es egal, was ich fühle oder denke.“ Mit schnellen Schritten ging Dorm davon. Er ließ die Bänke hinter sich und verließ die Tribüne.
Thomas sah ihm unwohl nach. Er wusste genau, dass Dorm so oder so weitere Ermittlungen anstellen würde. Eine Mahnung von Kortmann würde ihn kaum abhalten. Aber genau dadurch könnte er dem Mörder in die Karten spielen. Falls der Kerl es tatsächlich auf weitere Beamte abgesehen hatte, dann wäre Dorm jetzt das ideale Ziel. Emotional angeschlagen und unkonzentriert.
Plötzlich drehte Dorm sich noch einmal um und rief Tommy zu: „Ich darf Vielbuschs Exfrau und seiner Tochter nun übrigens sagen, was passiert ist. Hast du auch mal an die beiden gedacht? Womöglich denkst du dann anders über die Sache! Seine Tochter ist erst zwölf Jahre alt. Wie wird sie diese Nachricht wohl aufnehmen?“
Thomas senkte seinen Kopf. Er musste zugeben, dass er nicht an die beiden gedacht hatte. Vielbusch war immer bemüht gewesen, sein Privatleben zu schützen. Daher kannte Thomas dessen Exfrau und Tochter nicht einmal persönlich. Er wusste nur, dass Vielbusch sie über alles geliebt hatte. Besonders seine Tochter. Sie war sein Ein
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