Rachelust - Der sechste und letzte Fall für Nora und Tommy
Das Wohnzimmer war weitläufig, bot aber kaum Platz für ein Versteck. Lediglich hinter dem Schrank hätte sich eine Person unbemerkt aufhalten können. Doch diesen Platz überprüften die Beamten bereits. Daher konnten Nora und Thomas direkt weiter in den Flur vordringen.
Von Sekunde zu Sekunde stieg ihre Anspannung. Sie wussten, dass der Mörder noch hier sein konnte. Jederzeit könnte er aus einem der vielen Räume auftauchen und um sich schießen. Einer vergleichbaren Gefahr hatten sich die Kommissare in den vergangenen Jahren zwar öfters ausgesetzt. Aber in diesem Fall verspürten sie einen noch höheren Druck als sonst. Immerhin ging es hierbei um ihren Vorgesetzten.
Zu beiden Seiten des Flurs befanden sich zwei Türen. Die Ermittler stellten sich vor die erste auf der linken Seite. Ihre Kollegen übernahmen die anderen Zimmer.
„Auf mein Zeichen“, sagte Tommy. Er hob die rechte Hand und spreizte die Finger. Zunächst zeigte er alle fünf. Dann vier, drei, zwei, einen …
„Und los!“
Vier Türen splitterten auf. Die Beamten rauschten vor. „Keine Bewegung!“
Nora und Thomas ließen ihre Blicke in alle Winkel des Schlafzimmers wandern. Zwar war der Vorhang vor das Fenster gezogen, doch die Deckenstrahler waren eingeschaltet. Sie spendeten genug Licht, um alles gut erkennen zu können. Neben dem Ehebett stand ein Nachttisch. Diesem gegenüber befand sich ein Schrank, der bis zum Fenster reichte. Während Nora unter das Bett blickte, riss Tommy die Schranktüren auf. Er richtete seine Waffe nach vorne und spannte alle Muskeln an. Doch im Schrank lauerte keine Gefahr.
„Unter dem Bett liegt nur ein Taschentuch“, teilte Nora ihrem Kollegen mit, als sie sich wieder aufrichtete. Dabei fiel ihr Blick zum Nachttisch. Auf diesem standen ein Radiowecker und eine Lampe. Unter dem Wecker sah die Kommissarin die Ecke eines Fotos hervorragen. Sie schritt auf den Tisch zu, steckte die Pistole in ihren Gürtel und zog ein Tuch aus ihrer Tasche. Mit diesem nahm sie das Foto in die Hand.
„Was hast du entdeckt?“, fragte Thomas. Er kam zu ihr und warf einen Blick auf das Bild. Dieses wurde mit einer Sofortbildkamera geschossen. Es zeigte Frederik Kortmann. Das Schwergewicht lag mit geschlossenen Augen auf einem Betonboden. Eine blutige Wunde prangte auf der Stirn. Im Hintergrund erkannte Nora einen Autoreifen. Neben diesem befand sich ein kreisrunder Ölfleck.
„Wenn mich nicht alles täuscht, dann wurde dieses Foto drüben in der Garage geschossen. Ich habe den Fleck eben gesehen. Und der Reifen passt zu Kortmanns BMW.“
„Aber wo ist das Schwergewicht jetzt?“
„Das ist die Frage.“
Während die beiden das Foto betrachteten, ertönten mehrere Rufe im Haus:
„Das Bad ist sicher!“
„Auch das Gästezimmer ist sauber!“
„Die Küche ebenfalls!“
Nora legte das Bild zurück auf den Nachttisch. „Die SpuSi muss so schnell wie möglich herkommen, um alles zu untersuchen. Dank des Fotos wissen wir schließlich, dass der Mörder nicht nur in der Garage, sondern auch hier im Haus war. Vermutlich hat er Kortmann beim Wagen überrumpelt, ihn außer Gefecht gesetzt und sich dann den Hausschlüssel von ihm geschnappt. Dabei muss er irgendeine Spur hinterlassen haben. Sonst wäre er ein verdammter Geist.“
„Aber warum ist er überhaupt das Risiko eingegangen, hier ins Haus einzudringen? Das Foto hätte er auch in der Garage zurücklassen können.“
Nora wollte gerade etwas erwidern, als das Telefon im Wohnraum klingelte. Blitzartig verließ Tommy das Schlafzimmer und rannte hinüber. Dabei zog auch er ein Taschentuch hervor und griff damit zum Hörer. Kurz bevor er ihn abnahm, zögerte er noch einmal.
Als ich eben aus der Direktion hier angerufen habe, war das Telefon besetzt. Jetzt klingelt es wieder. Demnach muss der Mörder noch hier gewesen sein, als ich anrief. Er hatte es vermutlich für kurze Zeit ausgestöpselt, weil er mit einem Anruf von uns rechnete. Er wollte uns herlocken. Danach hat er es wieder eingestöpselt. Und ich gehe jede Wette ein, dass er nun am anderen Ende der Leitung ist.
Nora und die anderen Beamten versammelten sich um Thomas. Neugierig sahen sie mit an, wie er den Hörer an sein Ohr drückte und fragte: „Wer spricht dort?“
„Ich bin es“, ertönte die verzerrte Stimme. „Leider sind Sie etwas zu spät gekommen. Zwar habe ich noch die Sirenen gehört, aber ich bin nicht scharf darauf, Sie persönlich zu treffen.“
„Was ist mit Frederik Kortmann? Wo ist
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