Rashminder Nächte 2 (German Edition)
hintereinander wirkte – etwas Ähnliches hatte er bei keinem anderen Zauber je beobachtet, auch das musste Teil des Fluches sein.
„Sag mir, warum der Gildenrat glaubt, wir würden brav wie die Lämmlein die Schale holen, zu Naxander bringen und uns zum Dank anschließend abschlachten lassen“, bat er Lark geistesabwesend.
„Torgen hat dich auf mehreren Ebenen verflucht, Kleiner. Du musst ihm gehorchen, egal, was er dir befiehlt. Weigerst du dich willentlich, zieht das harte Strafe nach sich – der Fluch bindet hier auch deinen Meister, er kann dich nicht aus Mitleid verschonen. Wenn du nicht fähig bist zu gehorchen, weil du es körperlich nicht kannst oder gehindert wirst, greift der Fluch nicht, ansonsten ist es für dich unausweichlich. Aus diesem Grund hat er dir den Auftrag erteilt, nicht der Rat selbst, damit du eben alles tun wirst, um zu gehorchen. Na ja, und abgesehen davon fürchte ich, dass die Gilde euch beide für dämlich genug hält, die Falle nicht zu bemerken.“
Eryk grollte wütend, beherrschte sich aber. Kaiden hingegen vibrierte innerlich vor Aufregung, da sich nun sein gesamtes Leben in neuem Licht präsentierte.
„Jeder Fluch muss eine Einschränkung haben, um gebrochen werden zu können. Deshalb bist du jetzt hier, oder?“, fragte er drängend.
„So ist es. Torgen musste als Auflage vom Rat her den Fluch so legen, dass er selbst nicht fähig ist, ihn zu brechen. Er hatte die Idee, ein Kind so sehr quälen, ja, foltern zu müssen, um dessen Macht einzuschränken, von Anfang an gehasst. Beinahe hätte er dich doch zu den Priestern geschickt, damit du rasch und unter so geringen Schmerzen wie nur möglich sterben dürftest, statt ein Leben lang leiden zu müssen. Er wusste, wie viel Gewalt notwendig sein würde, um ein Kind, das bereits in der Reife war, zu einem braven, gehorsamen Jungen zu knechten, der bloß über ein Bruchteil seiner Fähigkeiten verfügen darf. Nur er war in der Lage, dir ein Meister zu sein, darum hat der Rat die Entscheidung ihm allein überlassen. Er hat es schließlich getan, nachdem er dich mustern durfte, weil er sah, dass du stark genug dafür bist. Um dem Rat zu geben, was der wollte, ohne gänzlich die Kontrolle über die Angelegenheit zu verlieren, hat er die Bannflüche folgendermaßen gefügt:
Du wirst durch nichts davon erfahren, was du mit deinen Kräften alles erreichen könntest. Liest du etwas darüber, vergisst du es sofort, hörst oder beobachtest du etwas, genauso. Das gilt solange, bis jemand, der von diesem Fluch weiß, dir genau erklärt, was und wer du bist – ihn selbst ausgenommen. Der Fluch ist hiermit gebrochen, Kaiden. Nicht, weil ich dich so lieb habe, sondern weil du jedes bisschen Magie brauchen wirst, um aus dieser Sache heil wieder rauszukommen. Ich gönne Naxander kein weiteres Opfer!“
Wie betäubt schüttelte Kaiden den Kopf.
All die Jahre hatte er Torgen gehasst, seine kaltblütige Grausamkeit, all die Ablehnung und Gewalt, die er von ihm erfahren musste. Nun verstand er, dass sein Meister ihn damit vor einem schlimmeren Schicksal beschützt hatte. Die seltenen Momente von Nähe und spürbaren Stolz kamen ihm in den Sinn. Torgen hatte so viel auf sich genommen – nur, warum? Um eine wirkungsvolle Waffe, einen Magier der neunten Nanchra kontrollieren zu können, sollte es sich als notwendig erweisen? Bloß das? Oder auch um seinetwillen? Zumindest ein klein wenig?
Entschlossen riss er sich zusammen. Es gab wichtigeres, als Seelennarben abzutasten und über vergangenes Leid zu jammern.
„Also gut“, sagte Eryk in diesem Augenblick. „Kaiden ist weitaus mächtiger als je geahnt und weder der Rat noch Naxander wissen, das der Fluch jetzt gebrochen ist? Trotzdem bleibt der Zwang, das Kaiden seinem Meister unbedingt gehorchen muss. Sprich, ob er will oder nicht, er muss diese Schale holen und sich damit Naxander ausliefern. Oder?“
Lark lächelte bösartig und holte ein Pergament hervor.
„Ab hier wird es zu kompliziert für mich. Torgen hat dir was aufgeschrieben, du wirst es wohl verstehen.“
Zu kompliziert, von wegen! Allein das Lächeln bewies, dass er log. Vielleicht sollte das Schreiben ein Test sein, ob er nun Wissen über seine Magie lesen konnte? Mit zittrigen Fingern nahm Kaiden das Schriftstück an sich, überflog es, dann las er laut vor:
„Der Gehorsamkeitsfluch endet nicht mit meinem Tod, er kann nur gebrochen werden, wenn der Gildenrat dies einstimmig verlangt. Aber ich habe eine
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