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Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Titel: Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Cunningham
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folgte sie ihm und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust.
    Der Aufprall war ungeheuerlich, und das Eis zerbarst in immer mehr Bruchstücke. Die beiden wurden von einem Regen aus winzigen Eissplittern überschüttet, doch nichts drang durch den dicken, öligen Stoff.
    Als alles ruhig war, krochen Matteo und Tzigone aus ihrer Deckung und betrachteten finster den Anblick, der sich ihnen bot. Das Kühlhaus glich einem Schlachtfeld. Der Wagen lag auf der Seite, ein Rad war völlig zermalmt. Nur die Pferde waren wie durch ein Wunder unverletzt. Sie hatten sich von ihrem Geschirr befreit und in eine entlegene Ecke des Raums zurückgezogen. Eisbrocken lagen auf dem Boden verstreut, einige davon hatten eine blutrote Färbung angenommen. Mindestens zwei der Schurken waren auf häßliche Weise gestorben, von den anderen regte sich kaum jemand. Ein Berg aus Eisstücken geriet in Bewegung, als der darunter begrabene Mann versuchte, sich zu befreien. Unter dem Wagen stöhnte jemand.
    Tzigone betrachtete die Szenerie. Ihr Gesicht war blaß und ausdruckslos.
    Matteo legte beschützend einen Arm um ihre Schultern. »Das muß den Behörden gemeldet werden.«
    Tzigone wollte protestieren, dann seufzte sie. »Ich hätte nicht gedacht, daß ich den Tag erlebe, an dem ich mich von mir aus an die Gesetzeshüter wende und nicht von ihnen gejagt werde.«
    »Ich werde mich darum kümmern«, versprach Matteo.
    Tzigones erste Reaktion war ein rasches, dankbares Lächeln, dem aber ein Stirnrunzeln folgte, als die Gedanken sich in ihrem Kopf zu überschlagen begannen. »Jemand kann gesehen haben, wie ich gepackt wurde. Du mußt der Miliz irgend etwas sagen.«
    »Die Kerle haben eine junge Frau entführt. Ich folgte ihnen und kämpfte gegen sie. Die junge Frau floh.«
    Tzigone schnaubte. »Etwas besseres fällt dir nicht ein? Das ist nicht sehr interessant.«
    »Einer der Vorteile, wenn man die Wahrheit schildert«, sagte er ironisch, »besteht darin, daß man sich nicht an interessante Details erinnern muß. Übrigens habe ich jetzt etwas Interessantes gelernt: Ich mache größere Fortschritte, als ich gedacht hätte.«
    Tzigone sah ihn fragend an, dann verstand sie und nickte bestätigend. »Jemand mag die Fragen nicht, die du stellst«, sagte sie. »Das heißt, daß du vermutlich etwas richtig gemacht hast.«
    Er ging mit Tzigone zur Hintertür. »Die nächste Frage, die sich stellt, lautet: Wem gehört dieses Gebäude? Ein funktionstüchtiges Kühlhaus erstarrt nicht am Nachmittag in völliger Ruhe. Vielleicht steckt der Eigentümer nicht hinter dem Angriff, aber er dürfte wissen, wer die Autorität besitzt, die Arbeiter zu dieser Zeit aus dem Kühlhaus zu schicken.«
    »Warum fragen wir nicht jemanden, der uns das sagen kann?« Sie wies auf einen der Toten.
    Matteo wollte protestieren. Es war große klerikale Magie notwendig, um mit Toten zu sprechen, und die Jordaini durften Magie nicht zu ihrem Nutzen anwenden lassen.
    Er bekam aber keine Gelegenheit, sie daran zu erinnern. Ehe er ein Wort sagen konnte, verwandelten sich die Körper der Toten und Verletzten in Rauch, der sich schnell verzog. Im nächsten Augenblick standen Matteo und Tzigone allein im Kühlhaus.
    Tzigone stieß einen langgezogenen Pfiff aus. »Du hast zweifellos die richtigen Fragen gestellt. Aber ich glaube, wir werden die Leute nicht mögen, die die Antworten kennen.«
    »Ein Grund mehr für dich, jetzt zu gehen. Ich werde mich mit dieser Angelegenheit beschäftigen und dir bei unserer nächsten Begegnung alles berichten.«
    Tzigone nickte und verschwand – nicht durch die Tür, sondern an der Wand entlang nach oben. Geschickt kletterte sie an Seilen und Querbalken empor und verschwand im Schatten, in dem die hohe Decke lag.
    Matteo ging auf die Straße, um die Stadtmiliz zu alarmieren. Doch die Mühe konnte er sich sparen, da der Lärm des herabstürzenden Eisblocks die Aufmerksamkeit der Händler und Kunden eines in der Nähe stattfindenden Fischmarkts auf das Kühlhaus gelenkt hatte. Ein Händler stand in der Nähe des Gebäudes und stieß in ein langes gewundenes Horn, daß einen schroffen, aber wirkungsvollen Alarmton von sich gab. Eine kleine Gruppe von Fischern hatte sich bereits vor dem Tor zusammengefunden und machte Platz, um die anrückende Patrouille der Stadtmiliz durchzulassen.
    Matteo beschrieb kurz, was sich ereignet hatte, erwähnte aber Tzigone wie versprochen nicht, sondern sprach neutral von einer jungen Frau, die hatte entkommen können. Die

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