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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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haben.«
    »Klar.« Der King lächelte. »Wir können uns auf vieles freuen – und morgen ist die Vorstellung. Haben Sie gehört, um was es dabei geht?«
    »Ich weiß nur, daß das Stück Dreieck heißt und Sean der Star ist.« Peter Marlowes Stimme klang plötzlich flach.
    »Wieso haben Sie Sean damals beinahe umgebracht?« Der King hatte noch nie eine plumpe Frage gestellt, denn er wußte, daß es bei einem Mann wie Peter Marlowe immer gefährlich war, direkte Fragen nach persönlichen Angelegenheiten zu stellen. Aber er hatte instinktiv gefühlt, daß jetzt die richtige Zeit dazu war.
    »Es gibt nicht viel zu erzählen«, antwortete Peter Marlowe sofort und war froh, daß der King ihn gefragt hatte. »Sean und ich waren auf Java beim gleichen Geschwader. Am Tag bevor der Krieg dort endete, kehrte Sean von einem Einsatz nicht zurück. Ich glaubte, es hätte ihn erwischt.
    Vor etwa einem Jahr – einen Tag nachdem wir von Java aus hier ankamen – ging ich zu einer Lagervorstellung. Sie können sich vorstellen, welcher Schock es für mich war, als ich schließlich Sean auf der Bühne erkannte. Er spielte ein Mädchen, aber ich dachte mir nichts dabei. Schließlich muß ja irgend jemand die Frauenrollen übernehmen – und ich lehnte mich einfach zurück und genoß die Vorstellung. Ich konnte nicht darüber wegkommen, daß ich ihn lebendig und munter wiedergefunden hatte, und ich konnte nicht darüber wegkommen, was für ein aufsehenerregendes Mädchen er darstellte – die Art, wie er ging und wie er redete und sich setzte, seine Kleider und seine Perücke waren vollkommen. Ich war von seiner Leistung sehr beeindruckt – und dabei wußte ich genau, daß er noch nie etwas mit dem Theater zu tun gehabt hatte.
    Nach der Vorstellung ging ich zu ihm hinter die Bühne. Es warteten noch einige andere, und nach einer Weile beschlich mich das unheimliche Gefühl, daß die Burschen alle wie die Typen aussahen, die man überall auf der Welt vor jeder Garderobentür findet – Sie wissen ja, die Laffen, die mit heraushängender Zunge auf ihre Freundinnen warten.
    Schließlich ging die Garderobentür auf, und alle drängten hinein. Ich trottete als letzter hinterher und blieb in der Tür stehen. Erst jetzt ging mir urplötzlich auf, daß die Männer alle vom anderen Ufer waren! Sean saß auf einem Stuhl, und alle schienen drauf und dran, sich auf ihn zu stürzen, an ihm herumzufummeln, ihn ›Liebling‹ zu nennen, ihn zu umarmen und ihm zu sagen, wie ›wunderbar‹ er gewesen sei – ihn wie den hinreißenden Star der Vorstellung zu behandeln! Und Sean – Sean genoß es! Großer Gott, er genoß tatsächlich ihre Fummelei! Wie eine hitzige Hure.
    Dann entdeckte er plötzlich mich, und natürlich war auch er schockiert.
    Er sagte: ›Hallo, Peter‹, ich aber konnte überhaupt nichts sagen. Ich stand nur da und starrte einen dieser verdammten Hinterlader an, der die Hand auf Seans Knie liegen hatte. Sean trug eine Art weites Negligé und Seidenstrümpfe und Damenunterhöschen, und ich hatte das Gefühl, daß er sogar die Falten des Negligés absichtlich so drapiert hatte, daß man sein Bein oberhalb des Strumpfes sehen konnte – und es sah so aus, als hätte er Brüste unter dem Negligé. Dann erkannte ich plötzlich, daß er gar keine Perücke trug – daß das volle Haar sein eigenes und daß es so lang wie das einer Frau war.
    Dann bat Sean alle, wegzugehen. ›Peter ist ein alter Freund, den ich für tot gehalten hatte‹, erklärte er.
    Als sie weggegangen waren, fragte ich Sean: ›Menschenskind, was ist denn mit dir passiert? Es hat dir ja tatsächlich Spaß gemacht, als das Pack an dir herumfummelte.‹
    ›Großer Gott, was ist mit uns allen passiert?‹ erwiderte Sean. Dann sagte er mit seinem strahlenden Lächeln: ›Ich bin so froh, daß du hier bist, Peter. Ich dachte, du wärst tot. Setz dich doch einen Augenblick, während ich mich abschminke. Wir haben uns viel zu erzählen. Bist du mit dem Arbeitskommando von Java hierhergekommen?‹
    Ich nickte und war noch immer wie betäubt, und Sean drehte sich zum Spiegel um und begann sich mit Gesichtscreme das Make-up abzuwischen.
    ›Was ist mit dir passiert, Peter?‹ fragte er. ›Bist du abgeschossen worden?‹
    Als er das Make-up abzuwischen begann, fühlte ich, wie meine Erstarrung sich allmählich löste – alles wirkte normaler. Ich sagte mir, daß ich töricht gewesen wäre und daß alles zur Vorstellung gehört hätte – Sie wissen ja, um

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