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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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unwirklich vor. »Ich besorge meist das Kochen für meine Einheit.«
    »Wie möchten Sie gern angeredet werden? Peter?«
    Peter Marlowe verbarg seine Überraschung. Nur erprobte und vertraute Freunde nannten einen beim Vornamen – wie sonst kann man Freunde von Bekannten unterscheiden? Er sah den King an und entdeckte nur Freundlichkeit, deshalb sagte er unwillig: »Peter.«
    »Von wo kommen Sie? Wo sind Sie zu Hause?«
    Fragen, Fragen, dachte Peter Marlowe. Als nächstes wird er wissen wollen, ob ich verheiratet bin oder wieviel ich auf der Bank habe. Seine Neugier hatte ihn getrieben, der Aufforderung des King nachzukommen, und er verfluchte sich beinah, daß er so neugierig gewesen war. Aber er wurde friedlich gestimmt durch die Herrlichkeit der brutzelnden Eier. »Portchester«, antwortete er. »Das ist ein kleines Kaff an der Südküste. In Hampshire.«
    »Sind Sie verheiratet, Peter?«
    »Und Sie?«
    »Nein.« Der King hätte weitergeredet, aber die Eier waren fertig. Er nahm die Bratpfanne von der Kochplatte und nickte Peter Marlowe zu. »Teller sind hinter Ihnen«, sagte er. Dann setzte er stolz hinzu: »Sehn Sie mal!«
    Es waren die bestgebackenen Eier, die Peter Marlowe je gesehen hatte, deshalb zollte er dem King das höchste Kompliment in der englischen Welt. »Nicht schlecht«, sagte er flach. »Gar nicht schlecht.« Er sah zum King auf und hielt sein Gesicht so unbewegt wie seine Stimme und verstärkte dadurch noch das Kompliment.
    »Herrgott noch mal, wovon quasseln Sie eigentlich, Sie Idiot!« stieß der King wütend hervor. »Verflucht, das sind die besten und tollsten Eier, die Sie je in Ihrem Leben gesehen haben!«
    Peter Marlowe war schockiert, und es herrschte ein tödliches Schweigen in der Baracke. Dann zerriß plötzlich ein Pfiff den Zauber. Sofort spritzten Dino und Miller auf und liefen auf den King zu, und Max bewachte die Tür. Miller und Dino schoben das Bett des King in die Ecke und rissen die Teppiche hoch und stopften sie unter die Matratze. Dann packten sie andere Betten und schoben sie dem King hin, so daß der King jetzt, wie jeder andere in Changi, nur über eine Fläche von einszwanzig auf einsachtzig verfügte. Leutnant Grey stand in der Tür. Nervös, und einen Schritt hinter ihm tauchte Unteroffizier Masters auf.
    Die Amerikaner starrten auf Grey, und nach einer gerade ausreichend langen Pause, um ihren Standpunkt klarzumachen, standen alle auf. Nach ebenso beleidigender Pause salutierte Grey kurz und sagte: »Weitermachen.« Allein Peter Marlowe hatte sich nicht gerührt und saß noch immer in seinem Sessel.
    »Stehen Sie auf«, zischte der King. »Der macht Sie zur Schnecke. Stehen Sie auf.« Er wußte aus langer Erfahrung, daß Grey jetzt in Fahrt war. Zum erstenmal durchbohrten Greys Augen nicht ihn, sie waren nur auf Peter Marlowe gerichtet, und selbst der King zuckte zusammen.
    Grey ging die ganze Baracke hinab und ließ sich Zeit, bis er über Peter Marlowe stand. Er riß den Blick von Peter Marlowe und starrte einen langen Augenblick auf die Eier. Dann schweiften seine Augen über den King hinweg und gingen zu Peter Marlowe zurück.
    »Sie sind weit von zu Hause weg, nicht wahr, Marlowe?«
    Peter Marlowes Finger nahmen seine Zigarettenschachtel heraus und legten ein wenig Tabak in ein Blatt Rattangras. Er drehte eine Trichterzigarette und führte sie an die Lippen. Die Länge seiner Pause war für Grey ein Schlag ins Gesicht. »Oh, ich weiß nicht, alter Junge«, antwortete er leise. »Ein Engländer ist überall zu Hause, wo er sich gerade aufhält, meinen Sie nicht?«
    »Wo ist Ihre Armbinde?«
    »In meinem Gürtel.«
    »Sie hat an Ihrem Arm zu sein. Das ist Befehl.«
    »Das sind Japsenbefehle. Ich mag keine Japsenbefehle«, erwiderte Peter Marlowe.
    »Es ist auch Lagerbefehl«, widersprach Grey.
    Ihre Stimmen waren ganz ruhig und klangen für amerikanische Ohren nur ein wenig gereizt, aber Grey wußte Bescheid, und Peter Marlowe wußte Bescheid. Und es lag plötzlich eine Kriegserklärung zwischen Ihnen. Peter Marlowe haßte die Japaner, und Grey vertrat in seinen Augen die Japaner, denn Grey sorgte für die Beachtung der Lagergesetze, die auch japanische Gesetze waren. Unerbittlich. Zwischen Ihnen stand der tiefere Haß, der eingeborene Klassenhaß. Peter Marlowe wußte, daß Grey ihn verabscheute wegen seiner Geburt und wegen seines Akzentes, nach denen es Grey vor allen anderen Dingen verlangte und die er doch nie erreichen konnte.
    »Legen Sie sie an!« Grey

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