Raumschiff 3 - Tia
fragte er zerstreut, den Blick auf den Schirm mit der topographischen Karte geheftet, obwohl er kaum noch die Augen offenhalten konnte.
Sie bemächtigte sich der Bildschirmkontrolle und ließ den Schirm vor ihm erlöschen. Er blinzelte und drehte sich mit mattem Vorwurf zu ihr um.
»Weshalb hast du das getan?« fragte er. »Ich war gerade dabei, die Geographie zu studieren…«
»Alex!« sagte sie empört. »Du hast den Bildschirm die letzte halbe Stunde nicht mehr gewechselt; wahrscheinlich hast du ihn kein einziges Mal überhaupt richtig angeschaut. Alex, du hast seit mehr als sechs Stunden nichts mehr gegessen, du hast zwanzig Stunden nicht mehr geschlafen, und du hast dich achtundvierzig Stunden lang weder
gebadet
noch
umgezogen!«
Er rieb sich die Augen und linste zu dem leeren Schirm
empor. »Mir geht es gut«, protestierte er matt.
»Das tut es nicht«, konterte sie. »Schau dir mal an, wie deine Hand zittert! Kaffee ist doch kein Ersatz für Schlaf!«
Er ballte die Faust, um das Zittern seiner Hand zu beenden.
»Mir geht es gut«, wiederholte er stur.
Tia stieß ein abfälliges Geräusch aus und ließ ihre Schirme blitzen, bis er eine Grimasse schnitt. »Da, siehst du? Du kannst nicht einmal deine Reaktionen beherrschen. Wenn du nichts ißt, wirst du krank, wenn du nicht schläfst, wird dir irgend etwas Wichtiges entgehen, und wenn du nicht badest und die Kleidung wechselst, werde ich dich der
Dekontaminationsabteilung übergeben.«
»Also gut, meine Liebe«, seufzte er und beugte sich vor, um ihre Säule zu tätscheln. »Mach mir irgend etwas warm. Ich gehe gleich in die Kombüse.«
»Wie gleich?« fragte sie scharf.
»Solange es braucht, um mich zu duschen und frische Kleider anzulegen.« Er stemmte sich aus dem Sessel und wankte zu seiner Kabine. Kurz darauf hörte sie die Dusche rauschen –
und als sie verstohlen nachschaute, stellte sie fest, daß er das Wasser, genau wie sie es vermutet hatte, kalt laufen ließ.
Du versuchst wohl, wach zu werden, wie? Aber nicht, wenn ich will, daß du dich entspannst. Sie überging seine Einstellungen und brachte das Wasser zwar nicht ganz auf Körpertemperatur, aber stellte es doch warm genug ein, daß es nicht einem Eisregen glich. Es mußte funktioniert haben: Als er frisch gekleidet in die Kombüse hinaustaumelte, gähnte er.
Sie verabreichte ihm Speisen, die mit Tryptophan versetzt waren; er war zu müde, um es zu bemerken. Und obwohl er Kaffee anwählte, bekam er nur entspannende Kräutertees.
Alex strich über ihre Hilfskonsole – diesmal tat er es so, als wollte er ihre Aufmerksamkeit erringen. Das hatte er in letzter Zeit häufiger getan – und er hatte auch ihre Säule immer wieder wie den Arm einer alten, lieben Freundin berührt. »Tia, Liebe, weißt du denn nicht, daß wir fast fertig sind? Es sind nur noch zwei Raumkegel – drei, wenn du den einen mitzählst, an dem ich gerade arbeite…«
»… und den ich für dich beenden kann«, sagte sie
entschieden. »Ich brauche nicht zu essen, und ich brauche nur drei Stunden Tiefschlaf. Ja, das weiß ich. Aber du wirst keine Mannschaften schneller hinausbringen, indem du dich selbst umbringst – und wenn du so lange arbeitest, bis du völlig erschöpft bist, wird dir noch entgehen, was der wichtigste Hinweis von allen sein könnte.«
»Aber…« protestierte er, brach aber ab, weil er gähnen
mußte.
»Keine Einwände«, erwiderte sie. »Ich kann dir die Daten auch vorenthalten, und das werde ich tun. Keine weiteren Daten für die nächsten acht Stunden! Betrachte die Dateien als gesperrt, Partner. Ich übergehe dich, und wenn es sein muß, hole ich mir dabei von der Medizinischen Unterstützung.«
Alex war zu müde, um wütend zu werden. In den
vergangenen Tagen hatte er jeweils nur ungefähr vier Stunden geschlafen und war aufgrund seiner Nervosität immer viel zu früh erwacht. Aber der Streß verlangte seinen Preis. Tia war sicher, daß er diesmal acht Stunden schlafen würde, ob er es wollte oder nicht.
»Du wirst nichts erreichen, wenn du dich halbtot arbeitest«, erinnerte sie ihn. »Du weißt doch, was man auf der Akademie sagt: Mach es richtig oder gar nicht.«
»Ich gebe auf.« Er warf die Hände hoch und schüttelte den Kopf. »Du bist zu viel für mich, Geliebte.«
Mit diesen Worten begab er sich zurück in seine Kabine und ließ sich auf die Koje fallen. Im nächsten Augenblick schlief er auch schon ein.
Tia tat etwas, was sie noch nie getan hatte: Sie überwachte
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