Rausch der Unterwerfung
Zirpen der Kamera vernahm.
Ihr Puls beschleunigte sich unwillkürlich. Einmal mehr stieg dieses Gefühl in ihr hoch, das gefährlich berauschend war. Es war das Gefühl der Einzigartigkeit, und das von einer Intensität, wie man es vermutlich nur dann wahrnehmen konnte, wenn man selbst ein Kunstwerk war.
Anne hörte Sand knirschen und immer wieder das Zirpen aus verschiedenen Winkeln, bis es verstummte.
Als Erstes nahm Miguel ihr den Knebel ab, dann griff er nach ihrem Kinn und küsste sie. Doch diesmal war es kein flüchtiger Kuss wie die Male zuvor, sondern eine Eroberung im wahrsten Sinne. So wie er ihren Mund vereinnahmte, vermittelte er einen Besitzanspruch, der für jedermann sichtbar war und Anne augenblicklich sämtliche Kraft aus den Gliedern zog.
Himmel! Der Mann konnte küssen!
Die Hand, die ihren Kiefer gepackt hielt, zeigte wenig Mitgefühl, zwang sie, ihren Mund zu öffnen, sich dem Angriff zu ergeben. Miguels Lippen pressten sich so hart auf die ihren, dass es schmerzte, doch seine Zunge eroberte sie weich und verführerisch, spielte mit ihr, erhitzte ihr Blut, bis Anne kaum noch wusste, wie ihr geschah.
Dem Wechselspiel zwischen Zärtlichkeit und roher Gewalt ausgeliefert, atemlos und zur reinen Hingabe verdammt, kostete sie den Moment aus, als wäre es ihr letzter. Sie war eins von den Dingen, die ihm gehörten, so hatte er es mal formuliert, und genau so fühlte es sich an.
Anne keuchte, als er von ihr abließ.
Dann hörte sie plötzlich einen lauten Pfiff, bald einen zweiten, schließlich lautes Johlen und Klatschen. Anne war fassungslos.
Als Miguel sie von der Augenbinde befreit hatte, brauchte sie eine Weile, um sich wieder an das helle Sonnenlicht zu gewöhnen. Einer ihrer ersten Blicke fiel auf das ältere Pärchen. Sie klatschten ebenfalls. Zwar sah es ein wenig so aus, als würden sie es nur tun, weil alle anderen es taten, aber immerhin waren sie bis zum Schluss geblieben.
Nach und nach befreite Miguel Anne von ihrer Fesselung, die Schaulustigen begannen sich zu verlaufen, und endlich gab sie dem Drang nach, auf ihre Brüste zu schauen.
Um ein Haar wäre sie zusammengezuckt. Feuer! Miguel hatte Feuer auf ihre Brüste gemalt, lange Flammen, die aus ihren Nippeln schossen und über ihre Wölbungen züngelten, und es sah beunruhigend echt aus.
Er grinste sie an, als er ihren Blick bemerkte, und knöpfte ihr Kleid wieder zu. Dann verstaute er alle Utensilien in seiner Sporttasche, nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich fort.
„Essen.“
Sie nickte, aber er schaute sie nicht einmal an. Offenbar war das keine Frage gewesen.
Kapitel 6
Eine kurze Autofahrt brachte sie zu einem kleinen Fischereihafen, wo es nach warmem Teer und Seetang roch. Am Pier lagen große Haufen feinmaschiger Netze, Seemöwen kreisten mit gutturalem Geschrei über dem Hafenbecken, und blauweiße Boote schaukelten an ihren Vertäuungen.
Anne lachte.
„Bondage-Boote“, erklärte sie auf Miguels fragenden Blick. „Irgendwie sehe ich überall nur noch Seile und Festgebundenes.“
Er grinste. „Das kenn ich.“
Sie erreichten ein offenes Restaurant, vor dem eine Auslage aufgebaut war. Auf einem Bett aus grob gehacktem Eis lagen große Edelstahlplatten, üppig gefüllt mit fangfrischem Fisch, Kalmaren und allen Arten von Langusten, Garnelen und Muscheln. Annes Augen wurden groß, sie liebte Meeresfrüchte über alles.
Miguel sprach mit dem Mann, der neben der Auslage stand, und deutete auf eine der Platten, auf der, umgeben von verschiedenen kleineren Schalentieren, ein großer Hummer lag. Sie nahmen an einem der Tische nahe der Auslage Platz und warteten auf die Zubereitung ihrer Meeresplatte.
Während Miguel sich wieder einmal seinem Notizblock widmete, beobachtete Anne die Menschen am Pier, die dort spazieren gingen, vor allem die Pärchen, die Hand in Hand dahinschlenderten und ihren Urlaub genossen. Genauso hatte sie auch schon Urlaub gemacht, in Griechenland, der Türkei und in Italien. Vor allem letzteren mit Julian hatte sie sehr genossen, vielleicht weil es noch am Anfang ihrer Beziehung gewesen war und sie noch Schmetterlinge im Bauch gehabt hatte.
Das hier war etwas völlig anderes, sie fühlte sich wie eine andere Frau; die Anne in Italien war eine Fremde, und Miguel war nicht ihr Freund.
Sie blickte ihn an und bemerkte, dass er den Notizblock zur Seite gelegt hatte und sie wohl schon eine ganze Zeit lang beobachtete.
„Geh rein und mach dich etwas frisch.“
Verwirrt stand Anne
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