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Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Titel: Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asa Larsson
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in der Luft schwebt.
    Stefans Vater war seit vielen Jahren tot. Und seine arme Mutter auch. Aber der Probst sorgte gerade dafür, dass er sich genauso fühlte wie damals. Wie der quengelnde Knabe, der nach Aufmerksamkeit verlangt.
    Stefan hatte versucht, sich vor dem Mittagsgottesdienst zu drücken. Eine innere Stimme hatte entschieden gesagt: Geh da nicht hin. Trotzdem war er gegangen. Er hatte sich eingeredet, dass er nicht dem Probst Bertil Stensson zuliebe ging, sondern weil er ein Bedürfnis nach dem Abendmahl hatte.
    Er hatte geglaubt, alles werde leichter werden, jetzt, wo Mildred nicht mehr da war, aber nun war das Gegenteil der Fall. Es war viel schwerer.
    Das ist wie beim verlorenen Sohn, dachte er.
    Er war der pflichtgetreue, gehorsame Sohn gewesen, der zu Hause geblieben war. In all den Jahren hatte er Bertil so viel abgenommen, hatte langweilige Beerdigungen gemacht, langweilige Gottesdienste in Krankenhaus und Altersheim, er hatte den Probst bei den Büroarbeiten entlastet, Bertil war hoffnungslos, wenn es um Verwaltungsfragen ging, und er hatte freitagabends die Jugendandachten abgehalten.
    Bertil Stensson war eitel. Er hatte die gesamte Zusammenarbeit mit dem Eishotel in Jukkasjärvi an sich gerissen. Trauungen und Taufen in der Eiskirche waren ihm vorbehalten. Alle Ereignisse, die auch nur die geringste Chance hatten, in der Lokalpresse erwähnt zu werden, nahm er ebenfalls für sich in Anspruch, wie die Krisengruppe nach dem Busunfall, bei dem sieben jugendliche Skiurlauber ums Leben gekommen waren, oder die vom samischen Parlament bestellten Gottesdienste. Ansonsten hatte der Probst sehr gern dienstfrei. Und das ermöglichte Stefan, er griff ein und wiegelte peinliche Fragen ab.
    Mildred Nilsson war wie der verlorene Sohn gewesen. Oder genauer gesagt: wie der verlorene Sohn gewesen sein musste, als er noch zu Hause gewesen war. Ehe die Unruhe ihn in fremde Länder getrieben hatte. Mit seiner Unruhe und seiner Sturheit war er dem Vater sicher auf die Nerven gegangen, genau wie Mildred.
    Alle glaubten, er, Stefan, habe Mildred am wenigsten ausstehen können. Aber da irrten sie sich, nur hatte Bertil seine Abneigung besser versteckt.
    Als sie noch lebte, war alles anders gewesen. Bei allem, was diese Frau sich vorgenommen hatte, hatte es Krach und Ärger gegeben, und Bertil war froh und dankbar gewesen, weil er Stefan hatte, den zu Hause gebliebenen Sohn. Stefan sah vor sich, wie Bertil sein Zimmer im Gemeindehaus betrat. Er hatte eine besondere Art, ein Codesystem, das signalisierte: Du bist mein Auserwählter. Er stand in der Tür, eulenhaft mit seinem silbernen Schopf und seinem untersetzten Körper und mit der Brille, die entweder schief auf seinem Kopf saß oder tief unten auf der Nase. Stefan blickte dann von seinen Papieren auf. Bertil schaute sich fast unmerklich über seine Schulter um, schlüpfte herein und zog die Tür hinter sich zu. Mit einem erleichterten Seufzer ließ er sich dann in Stefans Besuchersessel sinken. Und lächelte.
    Und jedes Mal wurde Stefan ganz warm ums Herz. Meistens hatte der Probst ein besonderes Anliegen, es konnte sich auch um eine ganze Reihe von kleinen Anliegen handeln, aber man hatte vor allem den Eindruck, dass er eine Weile seine Ruhe haben wollte. Alle kamen zu Bertil, Bertil verdrückte sich zu Stefan.
    Aber seit Mildreds Tod hatte sich das geändert. Sie war nicht mehr da, wie eine drückende Naht im Schuh des Probstes. Und jetzt schien ihn plötzlich Stefans Pflichtbewusstsein zu stören. Jetzt sagte Bertil oft: »Wir brauchen wohl nicht so förmlich zu sein« und »Gott hat sicher nichts gegen praktische Lösungen«, Maximen, die er von Mildred übernommen hatte.
    Und wenn Bertil über Mildred sprach, dann dermaßen übertrieben positiv, dass es Stefan von all den Lügen buchstäblich schlecht wurde.
    Und Bertil hatte aufgehört, Stefan in seinem Zimmer zu besuchen. Stefan saß da, wusste nicht, was er machen sollte, quälte sich und wartete.
    Ab und zu kam der Probst an der offenen Tür vorbei. Aber jetzt galten andere Codes, andere Signale: rasche Schritte, ein Blick durch die Türöffnung, ein Nicken, ein flüchtiges Lächeln. Hab’s eilig, wie sieht’s aus, sollte das bedeuten. Und ehe Stefan dieses Lächeln auch nur erwidern konnte, war der Probst schon wieder verschwunden.
    Früher hatte er immer gewusst, wo der Probst sich aufhielt, jetzt hatte er keine Ahnung. Die Sekretärinnen fragten nach Bertil und schauten Stefan seltsam an, wenn der sich

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