Rebellin der Leidenschaft
vergessen, dass du möglicherweise schwanger bist?«
Seine ungeschönten Worte trafen Nicole wie Peitschenhiebe.
»Jawohl, Nicole, schwanger!«, wiederholte Nicholas. »Und ich werde dir nicht gestatten, mir einen unehelichen Enkel zu präsentieren!«
Tränen füllten ihre Augen. Sie hatte nie gedacht, dass ihr Vater so grausam sein konnte. »Wenn wir warten, vielleicht -«
»Nein! Genug ist genug. Allem Anschein nach liebst du diesen Mann ohnehin. Du -«
»Ich liebe ihn nicht!«, rief sie, und in diesem Augenblick war es die Wahrheit. »Ich hasse ihn!«
»Trotzdem.« Nicholas blieb unbeeindruckt. »Meine Entscheidung steht fest.«
»Liebling, es wird alles gut werden«, versuchte Jane sie zu trösten.
Sie keuchte und schüttelte erneut die Hand der Mutter ab. »Es wird einen Skandal geben. Vater - noch einen Skandal stehe ich nicht durch.«
»Es wird keinen Skandal geben. Der Herzog übernimmt für eure hastige Vermählung die volle Verantwortung. Er wird der Öffentlichkeit vorgaukeln, dass er vor Sehnsucht und Liebe einfach nicht mehr länger warten konnte. Niemand wird wegen der Umstände Argwohn hegen, und falls doch, so werden die Leute bestenfalls Zweifel hegen.«
»Er wird vorgeben, dass er mich liebt?« Sie konnte es einfach nicht fassen.
»Er schützt dich vor einem neuerlichen Skandal«, erklärte Nicholas nüchtern.
»Du wirst mich also wieder zwingen?«
»Jawohl.«
»Weißt du nicht mehr, was beim letzten Mal geschah?«
Nicole bedauerte diese Worte, kaum dass sie sie ausgesprochen hatte. Ihr Vater sah sie aus funkelnden Augen an. »Willst du mir drohen, Nicole?«
Zum ersten Mal in ihrem Leben fürchtete sie sich vor ihm, aber sie gab nicht nach. »Tu mir das nicht an!«
»Ich werde dich nicht weglaufen lassen«, fauchte Nicholas voller Zorn. »Nicht noch einmal!«
»Dann musst du mich schon fesseln und vor den Altar schleifen!«
»Wenn du unbedingt einen neuen Skandal heraufbeschwören willst, dann ist das deine Sache!«
Nicole sog heftig die Luft ein. Ihre Mutter protestierte lautstark gegen die Unbeugsamkeit ihres Mannes. Nicole konnte nicht mehr. Er ließ sich nicht bewegen. Leise schluchzend lief sie aus dem Zimmer.
21
Nicole war in Panik. Ihr Vater und der Herzog von Clayborough waren die beiden mächtigsten Männer, die sie kannte. Wenn diese beiden beschlossen hatten, dass sie Hadrian heiraten solle, dann würde es auch geschehen. Beim letzten Mal hatte sie ihren Vater durch ihr Weglaufen im letzten Augenblick überrascht. In Wirklichkeit schämte sie sich für das, was sie getan hatte - aber sie hatte keine Wahl gehabt. Sie hatte es nie bereut, vor Percy Hempstead weggelaufen zu sein. Allerdings hatte sie gegen diese Verehelichung nie so gekämpft, wie sie es gegen die jetzige tun würde. Und dieses Mal war ihr Vater zudem vorgewarnt. Nicole schauderte. Als er sagte, er werde sie nicht noch einmal weglaufen lassen, hatte er genau das gemeint - er hatte damit angedeutet, dass er sie sogar in Fesseln vor den Altar schleifen würde, wenn es sein müsste! Er war so sehr auf ihre Hochzeit mit Hadrian erpicht, dass nichts seinen Entschluss würde ändern können.
Wie besessen ging sie in ihrem Zimmer auf und ab. Früher war ihr Vater immer ihr treuester Verbündeter gewesen, ihr bester Freund. Wie konnte er so etwas nur tun? Wie konnte er sie zwingen, gegen ihren Willen eine Ehe einzugehen? Als sei sie eine Leibeigene. Oder eine Sklavin, die man an einen anderen verkaufen konnte, ganz wie es einem beliebte. Zwar hatten auch andere Frauen bei der Frage ihrer Verehelichung keine Wahl, ja, sie erwarteten das noch nicht einmal, doch Nicole war nicht so erzogen worden wie die anderen Frauen. Sie hatte immer ein geradezu schockierendes Maß an Freiheit genossen. Nicholas hatte sie nicht zu einer geistlosen, niedlichen Porzellanpuppe erzogen, die auf ein Podest gehörte. Sie sollte nicht nur als Zierde ihres künftigen Gatten dienen. Vielmehr hatte ihr Vater ihr für ihr Wissen und ihre Kenntnisse in der Landwirtschaft, in der Tierzucht und der Mathematik Anerkennung gezollt und ihre unkonventionelle Bildung gutgeheißen; ja, er hatte sich sogar immer für ihre Meinung interessiert, ob es nun Dragmore betraf oder politische Themen. Andererseits hatte es ihn nie gekümmert, wie sie sich in Dragmore kleidete, wenn sie mit der Familie zusammen war. Er hatte ihre Reithosen immer für etwas absolut Vernünftiges gehalten. Und sehr zu Nicoles Erleichterung hatte er ihr auch darin zugestimmt,
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