Rebellin der Leidenschaft
dass der Herzog von Clayborough nicht als Gatte verfügbar ist, sehr zum Missfallen aller jungen Ladys. Sie hat jetzt ihr Debüt, und im Sommer soll die Hochzeit stattfinden.« »Ich verstehe«, sagte Nicole steif und erhob sich. Ihr Puls begann so schnell zu rasen, dass ihr Hören und Sehen verging. Eine Verlobung zwischen zwei so mächtigen Familien, eine, die seit sechzehn Jahren bestand, war wie in Stein gemeißelt. Er war so gut wie verheiratet.
Nicole sah rot.
Er hatte sie also nicht nur für verheiratet gehalten, nein, er war noch dazu mit einer anderen verlobt, und in sieben oder acht Monaten würde er verheiratet sein. Er war noch verachtenswerter, als sie gedacht hatte!
»Nicole!«, sagte Martha besorgt und stand ebenfalls auf. »Setz dich und trink einen Schluck Tee. Bitte!«
Nicole sah sie mit wütend funkelnden Augen an. »Ich dachte, er wollte mich heiraten! Mich!«
»Ach, Nicole!«
Nicole wandte sich um und stürzte zur Türe. In jedem einzelnen ihrer langen Schritte drückte sich ihre Wut aus.
»Nicole, wo willst du hin?«, schrie Martha außer sich. »Tu nichts, was du später bereuen würdest! Bitte, tu es nicht!«
Falls Nicole sie gehört hatte, gab sie es nicht zu erkennen. Wenige Augenblicke später sah Martha sie auf ihrem wilden braunen Vollblüter im Herrensitz davonpreschen. Die Nase fast in der schwarzen Mähne des Hengstes vergraben, galoppierte sie Richtung Chapman Hall.
*
Der Herzog trat aus dem Stall. Hinter ihm erklangen Hammerschläge. Er wollte die beiden hinteren Wände der höchst baufälligen Scheune ersetzen. Bislang war er recht zufrieden mit dem Fortschritt der von ihm bestallten Arbeiter.
Mit langen Schritten ging er in Richtung Haus. Er wollte vor dem Mittagessen noch einige Briefe schreiben. Doch schon nach wenigen Schritten ließ ihn das Geräusch rasender Pferdehufe innehalten und nach der Ursache Ausschau halten.
Aus den Wäldern am hinteren Rand des ungepflegten Rasens tauchte in gestrecktem Galopp ein wunderschöner brauner Vollblüter auf. Der Hengst preschte über den Rasen, sein Reiter duckte sich auf seinem Rücken, und Sekunden später kam das Tier aufbäumend neben ihm zum Stehen. Verblüfft nahm der Herzog wahr, dass es sich bei dem Reiter um Nicole Shelton handelte, die quer auf ihrem Ross thronte.
Er hatte noch nie eine Lady im Herrensitz reiten sehen, und auch keine andere Frau - schon allein dieser Anblick war schockierend. Doch ihre langen Beine, die in eng sitzenden Reithosen steckten und das Pferd kraftvoll umklammerten, hypnotisierten ihn. Aber dann wurde er sich ihrer reinen, wilden Schönheit bewusst, ihrer silbern funkelnden Augen, ihrer losen, windgepeitschten Haare. Sie war großartig und er war völlig gelähmt, einerseits schockiert von dem Trotz, den sie gegenüber jeglicher Konvention zeigte, andererseits ergriffen von einer barbarischen Begierde.
Nicole sprang ab und ging auf ihn zu. Der Stoff ihrer Hose spannte sich eng über ihre langen Beine, der Herzog musste seine Fantasie nicht bemühen, um deren wohlgestaltete Form zu erahnen. Er konnte seinen Blick nicht von ihren Gliedmaßen wenden und hatte nur den einen Gedanken im Kopf - dass eine Frau, die ein Pferd so reiten konnte, es mit ihm gewiss ebenso gut könnte. Solchermaßen abgelenkt merkte er erst im letzten Moment, dass sie ihre Reitgerte hob.
»Elender Mistkerl!«, fauchte sie und schwang die Gerte wild vor ihm.
Reflexartig erwischte der Herzog eben noch ihr Handgelenk, als das geflochtene Ende schon auf sein Kinn klatschte und eine brennende rote Schwellung hinterließ. Seine Überraschung wich Zorn. Er riss ihr die Gerte aus der Hand, brach sie entzwei und warf sie auf den Boden. Ihr Schrei war ein reiner Wutschrei, ihre Hand flog abermals hoch, um ihn noch einmal zu schlagen. Er erwischte ihren Arm und wirbelte sie so rasch herum, dass sie mit dem Rücken gegen die Scheunenwand knallte. Doch sie gab noch immer nicht auf. Mit ihrer freien Hand, die Finger gekrümmt, die Nägel als Klauen, versuchte sie erneut, ihn anzugreifen. Er packte auch diese Hand, hob ihre beiden Hände hoch und drückte sie an die Scheunenwand. Einen Atemzug später hatte er den letzten Abstand zwischen ihren Körpern überwunden und presste seinen harten, erregten Körper gegen sie.
Sie konnte kaum fassen, was soeben passiert war, aber sie kämpfte weiter wie eine Wilde gegen ihn, wie ein Tier in der Falle, völlig von Sinnen. Doch jede ihrer Bewegungen fachte nur weiter das Feuer an, das in
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