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Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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bewegte.
    Die Männer liefen an unserem Versteck vorbei, ohne auch nur in unsere Richtung zu blicken. Das Knirschen des Kieses wurde leiser, je weiter sie sich entfernten, trotzdem wagte ich nicht, mich zu rühren. Auch mein Retter verharrte noch immer reglos. Er sagte kein Wort und sah mich nicht an. Sein Blick war in die Dunkelheit gerichtet und einen Moment fragte ich mich, ob ich womöglich vom Regen in die Traufe geraten war. Dann entspannte er sich sichtlich und drehte sich zu mir herum.
    »Sie sind weg.«
    Woher wollte er das wissen? »Sind Sie sicher?«
    Er nickte und trat aus den Schatten ins Mondlicht. Zum ersten Mal konnte ich ihn genauer sehen. Er war groß und athletisch gebaut, unter seinem engen weißen T-Shirt zeichneten sich seine Muskeln ab wie ein Relief. Sein dunkelbraunes Haar war zerzaust, seine Züge weich und freundlich und in seinen Augen, deren Farbe ich im Mondschein nicht erkennen konnte, lag Sorge. Von dem kleinen Makel einmal abgesehen, dass er ein Fremder war, der sich aus unerfindlichen Gründen mitten in der Nacht auf dem Friedhof herumtrieb – in Trainingshosen und barfuß! –, fand ich ihn ausgesprochen attraktiv. Allerdings hätte ich im Augenblick vermutlich auch einen Kaktus zum Mr Universum erklärt, wenn dieser mich nur vor meinen Verfolgern gerettet hätte.
    »Es tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe.« Seine Stimme war dunkel und ein wenig rau. »Aber jede Erklärung hätte diese Typen auf uns aufmerksam gemacht.«
    Ich brachte ein Lächeln zustande, das sich allerdings ziemlich zittrig und schief anfühlte. »Ein kurzer Schreckenist mir lieber als … als …« Als was auch immer diese Kerle vorgehabt hatten.
    »Geht es Ihnen gut?«
    Ich wollte nicken, musste aber feststellen, dass ich den Kopf schüttelte. Nein, es ging mir nicht gut. Ich war durchgefroren, mir tat alles weh und ich hatte noch immer eine entsetzliche Angst, dass diese Kerle zurückkommen und mich doch noch erwischen würden.
    »Kommen Sie, ich fahre Sie zum Büro des Sheriffs.« Er ging zwei Schritte und blieb stehen, als ihm auffiel, dass ich ihm nicht folgte. »Sie müssen Anzeige erstatten.«
    In meinem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander. Ich hatte unzählige Fragen, und auch wenn mich dieser Mann, dessen Namen ich nicht einmal kannte, gerettet hatte, wollte ich nicht zu ihm in den Wagen steigen. Trotzdem ließ ich widerstandslos zu, dass er mich zu seinem Wagen führte, der außerhalb des Friedhofsgeländes an der Straße parkte. Ich musste unter Schock stehen, andernfalls wäre ich ihm sicher nicht so bereitwillig gefolgt. Für einen Moment spielte ich dennoch mit dem Gedanken, zu Fuß zu gehen, ziemlich genau drei Sekunden lang, bis ich mich wieder an die Maskierten erinnerte, die womöglich noch immer irgendwo dort draußen lauerten.
    Die Fahrt dauerte nur ein paar Minuten, während derer mir tausend Dinge durch den Kopf schwirrten, die ich meinen Retter fragen und ihm sagen wollte – angefangen mit »Danke!« und »Wer sind Sie?« Aber die Worte wollten mir nicht über die Lippen kommen. Ich saß nur still da und starrte aus dem Fenster.
    Im Büro des Sheriffs angekommen, übernahm mein Begleiter das Reden. Er erklärte Deputy Wilkins, was passiert war. Keine zwei Minuten später fand ich mich in einem separaten Raum wieder, einen Pappbecher mit heißem Kaffeevor mir und den Deputy mit einem Aufnahmegerät mir gegenüber, auf der anderen Seite des Tisches. Er erklärte mir, dass mein Begleiter seine Aussage nebenan zu Protokoll geben würde, und bat mich, zu berichten, was passiert war. Als nicht sofort alles aus mir heraussprudelte, begann er Fragen zu stellen, wofür ich ihm wirklich dankbar war.
    Nach einem großen Schluck Kaffee, der so bitter war, dass ich ihn fast nicht herunterbrachte, machte ich meine Aussage und erstattete offiziell Anzeige. Viele Fakten konnte ich nicht liefern: Maskierte und ein silberner Minivan, von dem ich nicht einmal die Marke wusste.
    Trotzdem gab Deputy Wilkins über Funk den Befehl, dass sich eine Streife auf dem Friedhof umsehen und eine andere die Straßen in der Gegend abfahren und nach einem silbernen Minivan Ausschau halten sollte. Allein das fand ich schon bemerkenswert. Wäre mir etwas Ähnliches in Seattle passiert, hätte der Polizist vermutlich mit den Schultern gezuckt und vorgeschlagen, ich solle wiederkommen, wenn ich Namen und Kennzeichen oder doch wenigstens ein paar DNA-Proben der Verdächtigen hätte. In einem ruhigen Ort wie Ruby

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