Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
sich: Du weißt nichts .
Er sagte sich: Du wirst nicht sterben .
»Selbst... wenn... ich es wüsste...«- er rang nach Atem -»...würd ich es Ihnen nicht sagen. Selbst wenn wir beide mitten auf einem Minenfeld stünden, würde ich Ihnen nichts verraten. Soll ich... Ihnen sagen, warum?«
»Kläff nur, Köter.«
»Es geht für mich nicht darum, wer Sie sind, sondern was Sie sind. Sie sind ein Menschenhändler.« Rebus wischte sich den Mund ab. »Sie sind nicht besser als die Nazis.«
Tarawicz legte eine Hand auf die Brust. »Gleich fange ich an zu weinen.«
»Schön wär's.« Rebus hustete wieder. »Verraten Sie mir eins: Warum wollen Sie sie zurückhaben?« Aber er wusste die Antwort schon: Weil Tarawicz im Begriff war, gen Süden zu entschwinden und Telford in der Scheiße sitzen zu lassen. Weil ohne sie nach Newcastle zurückzukehren eine Niederlage bedeutet hätte. Tarawicz wollte alles .
Er wollte selbst noch den letzten Krümel auf dem Teller.
»Meine Sache«, erwiderte Tarawicz. Ein weiteres Signal, und Rebus wurde wieder gepackt, leistete diesmal Widerstand. Klebeband wurde ihm um den Mund gewickelt.
»Alle sagen mir, wie piekfein Edinburgh ist«, sagte Tarawicz. »Da kann ich nicht riskieren, dass die Nachbarn sich über die Schreie beschweren. Setzt ihn auf einen Stuhl.«
Rebus wurde auf die Füße gestellt. Er wehrte sich. Ein Schlag in die Nieren ließ seine Knie einknicken. Sie zwangen ihn auf einen Stuhl nieder. Tarawicz zog sich derweil das Jackett aus, öffnete goldene Manschettenknöpfe, um sich die Ärmel seines rosa-blau-gestreiften Hemdes hochzukrempeln. Seine Arme waren haarlos, fleischig und von derselben marmorierten Farbe wie sein Gesicht.
»Ein Hautleiden«, erklärte er, während er seine blau getönte Brille abnahm. »Ein entfernter Verwandter der Lepra, wie man mir gesagt hat.« Er knöpfte seinen Hemdkragen auf. »Ich bin nicht so hübsch wie Tommy Telford, aber ich glaube, Sie werden feststellen, dass ich ihm in jeder anderen Hinsicht überlegen bin.« Ein Lächeln zu seinen Mannen, ein Lächeln, das Rebus hätte unverständlich sein sollen. »Wir können anfangen, wo immer Sie wollen, Rebus. Und Sie dürfen entscheiden, wann Schluss ist. Nicken Sie einfach, sagen Sie mir, wo sie ist, und ich verschwinde für immer aus Ihrem Leben.«
Als er sich zu Rebus hinunterbeugte, wirkte sein cremeglänzendes Gesicht wie schutzversiegelt. Seine blassblauen Augen hatten winzige schwarze Pupillen. Rebus dachte: Pusher und User. Tarawicz wartete auf ein Nicken, das nicht kam, trat dann zurück. Ging zur Leselampe, die neben Rebus' Sessel stand. Stellte sich mit beiden Füßen auf den Lampenfuß, packte das Netzkabel und riss es los.
»Schafft ihn her«, befahl er. Zwei Männer schleiften Rebus samt Stuhl zu Tarawicz, der sich inzwischen vergewisserte, dass das Kabel auch angeschlossen war und unter Strom stand. Ein anderer Mann zog die Vorhänge zu: keine Liveshow für die Kinder von gegenüber. Tarawicz ließ das Ende des Kabels herunterhängen, so dass Rebus die blanken Drähte sehen konnte. Zweihundertvierzig Volt, die nur darauf warteten, seine Bekanntschaft zu machen.
»Glauben Sie mir«, sagte Tarawicz, »das ist noch gar nichts. Die Serben hatten die Folter zu einer wahren Kunst entwickelt. Meistens ging es ihnen nicht einmal um ein Geständnis. Ein paar von den Klügeren unter ihnen habe ich geholfen - denen, die wussten, wann es Zeit zu verschwinden war. In der Anfangszeit lag das Geld, lag die Macht förmlich auf der Straße. Jetzt ziehen die Politiker ein und mit ihnen die Strafrichter.« Er sah Rebus an.
»Die Klugen wissen immer, wann es Zeit ist aufzuhören. Eine letzte Chance, Rebus. Denken Sie daran, ein einziges Nicken...« Die blanken Drähte waren nur wenige Zentimeter von seiner Wange entfernt. Tarawicz überlegte es sich anders, führte sie zu seinen Nasenlöchern, dann zu seinen Augäpfeln.
»Nur ein Nicken...«
Rebus wand sich, kämpfte gegen die Arme an, die ihn -Kopf, Oberkörper, Arme, Beine - festhielten. Moment! Sein Körper würde den Stromschlag direkt an Tarawicz' Männer weitergeben! Rebus erkannte das Ganze als einen Bluff. Er starrte Tarawicz an, und beide wussten Bescheid. Tarawicz trat einen Schritt zurück.
»Fesselt ihn an den Stuhl.« Fünf Zentimeter breiter Klebestreifen fixierte ihn an seinen Platz.
»Diesmal im Ernst, Rebus.« An seine Männer gewandt: »Haltet ihn fest, bis ich nah dran bin. Wenn ich es sage, zurücktreten.«
Rebus dachte:
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