Regina schafft es doch
Fries’. ,Unser’, mußt du sagen. Wie hätte der ohne dich wohl ausgesehen? Ohne deine Erfahrung und dein Können und deine Hilfe überhaupt?“
„Es gibt noch andere Töpfer in der Welt außer meiner Wenigkeit“, lachte Katrin. „Aber es gibt nur eine Regina. Niemand anderer hätte den Fries so machen können!“
Regina lächelte. Sie stand vor dem Bock und arbeitete an dem „Fackelträger“. Katrin saß neben ihr und rauchte eine Zigarette. Sie waren zusammen in der Parkkonditorei gewesen und hatten zugesehen, wie der Fries über dem Kamin angebracht wurde, sie hatten von Eimer senior wie junior Worte des Lobes und des Dankes zu hören bekommen, und sie hatten jede ihren Scheck erhalten, Regina allerdings einen ungleich höheren als Katrin. Aber Katrin war ganz überrascht gewesen, daß sie auch ein Honorar haben sollte. Sie war auf einen Riesenstreit mit Regina vorbereitet gewesen.
Sie wollte diese Arbeit gern als einen Freundschaftsdienst betrachtet sehen und keine Bezahlung annehmen – und nun löste der gute, zartfühlende Bäckermeister Eimer das Problem für sie, indem er mit schönster Selbstverständlichkeit Katrin das Ihre zukommen ließ.
Regina mußte an Gerts Gesicht denken, als er den Fries in ihrem Atelier fertig gesehen hatte. Seine Augen waren an dem Mittelfeld haftengeblieben.
„Aber Regina – das ist ja…“
Regina nickte.
„Ja, das ist es. Das ,Schlafende Kind’. Genau das gleiche wie das zerbrochene. Freust du dich nicht? Nun hast du es doch gewissermaßen wiederbekommen!“
Er hatte ihren Kopf an seine Brust gelegt, sie hatte sein Gesicht nicht sehen können – aber seine Stimme war ganz seltsam heiser und bewegt gewesen.
„Liebe, kleine Regina – liebe, kleine Regina…“
Mehr hatte er nicht gesagt. Aber Regina genügte es.
Heute war nun der Fries an seinen Platz gekommen, und Regina hatte Katrin mit nach Hause genommen, damit die Freundin sich den „Fackelträger“ ansehen konnte – denn mit dem war auch etwas vor sich gegangen.
„Dachtest du vielleicht an den ,Fackelträger’, als du von etwas Wunderbarem sprachst, Katrin?“
„Ja, der war es, offen gestanden. Ist es denn etwa nicht wunderbar?“
„Es ist für mich wie ein Märchen, Katrin.“
Regina trat einen Schritt zurück, kniff die Augen zusammen, drehte den Modellierbock herum und schabte mit dem Spatel ein klein bißchen Ton von der rechten Schulter des „Fackelträgers“ ab.
Als sie weitersprach, klang es, als rede sie mehr zu sich selber.
„Kannst du dir denken, was ich empfand, Katrin – als plötzlich drei würdige Herren hier erschienen und fragten, ob sie meinen ,Fackelträger’ sehen könnten? – Und sich dann zunickten und anfingen, von Bronze und Aufstellen zu reden, und daß das Motiv genau das Richtige wäre – und als ich erfuhr, daß es sich um die Ausschmückung der neuen Schule handelte – und daß ich – ich vielleicht den Auftrag bekäme – daß mein ,Fackelträger’ über dem Eingangsportal angebracht werden sollte – , verstehst du, daß ich mich da selber in den Arm kneifen mußte?“
„Und alles das durch Gert!“
„Ja, weil der Vorsitzende ein Freund von seinem Vater ist, und er ihn auf die Existenz eines halbfertigen ,Fackelträgers’ bei einer unbekannten kleinen Bildhauerin aufmerksam gemacht hat. Und dann traf es sich so unwahrscheinlich günstig, daß die Stadtverwaltung und die Schulverwaltung und wie es nun alles miteinander heißt, gerade dabei waren, Pläne zu machen für die künstlerische Ausgestaltung der Schule – na ja, und dann klappte es – , ach, Katrin, wenn du wüßtest, wie schön es ist, so draufloszuarbeiten und zu wissen, daß es eilt, daß die Sache in Bronze gegossen und an einem glänzenden Platz aufgestellt werden soll – daß ich die Arbeit nicht umsonst gemacht habe.“
„Wie sieht dir das ähnlich“, lachte Katrin. „Das Geld erwähnst du natürlich gar nicht!“
„Aber du darfst mir schon glauben, daß ich mich darauf freue!“ lächelte Regina.
„Was willst du damit anfangen?“
Regina ließ die Hand mit dem Spatel einen Augenblick sinken. „Ich weiß noch nicht“, sagte sie langsam. „Was ich am allerliebsten möchte, das kann ich ja nicht tun, alles stehen- und liegenlassen und nach Wien gehen. Es wird wohl so kommen, daß ich nur Wintersachen kaufe, die brauche ich, Katrin, du ahnst nicht, wie kümmerlich meine Garderobe ist – und dann muß ich Geld für Miete und Strom und Versicherung für einige
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