Reif für die Insel
daß sie in der ersten Liga spielten, ein bemerkenswerter Ausstoß für eine bescheidene kleine Gemeinde –, aber mich zog etwas anderes hierher: die einstmals berühmten und nun weitgehend vergessenen Bergarbeiter-Maler.
1934 gründete die Stadt unter Leitung des Malers Robert Lyon, der an der Durham University lehrte, einen Malclub, der sich Ashington Club nannte. Er bestand beinahe ausschließlich aus Kumpeln, die nie gemalt hatten – ja, die meisten hatten noch nicht einmal ein richtiges Gemälde zu Gesicht bekommen – und sich nun jeden Montagabend in einer Baracke trafen. Sie waren unerwartet talentiert und »trugen den Namen Ashington über die grauen Berge«, wie sich ein Kritiker des Guardian , der offenbar null Ahnung von Fußball hatte, später ausdrückte. In den Dreißigern und besonders in den Vierzigern erregten sie ungeheure Aufmerksamkeit, und es wurden ebenso häufig Artikel in überregionalen Zeitungen und Kunstzeitschriften über sie geschrieben wie Ausstellungen ihrer Werke in London und anderen großen Städten veranstaltet. Bei meinem Freund David Cook hatte ich mir einmal einen Bildband von William Feaver, Pitmen Painters , angeschaut. Die Abbildungen der Gemälde waren durchaus entzückend, aber was mir in Erinnerung blieb, waren die Fotografien der kräftigen Kumpel, die sich mit Schlips und Anzug in einer engen kleinen Baracke über Staffeleien und Zeichenbretter beugten. Ich mußte es sehen.
Ashington war völlig anders, als ich erwartet hatte. Auf den Fotos in Davids Buch war es ein weit auseinandergezogenes, aus den Fugen geratenes Dorf inmitten schmutziger Schlackehalden, unter den Rußschichten von drei Gruben begraben. Ein Ort mit Matschstraßen, auf die ein ewiger, rußiger Nieselregen niederging.
Ich aber fand eine moderne, lebendige Kommune, die in sauberer, klarer Luft geradezu schwamm. Es gab sogar einen neuen Gewerbepark mit flatternden Wimpeln, spillerigen neuen Bäumen und einem eindrucksvollen Backsteintor auf eindeutig rekultiviertem Gelände. Die Hauptstraße, die Station Road, war eine schicke Fußgängerzone, und die vielen Läden dort schienen gut zu gehen. Natürlich warf hier keiner das Geld zum Fenster raus – die meisten Geschäfte waren von dem Kaliber Price Buster/Superdrug/Nice-Scheiß, die Fenster zugepappt mit schrillen Supersonderangebotsplakaten –, aber im Gegen-satz zu Bradford schienen sie zumindest halbwegs zu prosperieren.
Ich fragte im Rathaus, wie ich zu der Stätte der einstmals berühmten Baracke kam, und begab mich dann durch die Woodhorn Road auf die Suche nach dem alten Co-op-Gebäude, hinter dem sie gestanden hatte. Der Ruhm der Ashington Group beruhte in hohem Maße auf wohlwollendem, aber etwas unangenehmem Paternalismus. Wenn man zum Beispiel die alten Berichte über ihre Ausstellungen in London oder Bath liest, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Maler aus Ashington von den Kritikern und anderen Schöngeistern doch eher wie Dr. Johnsons dressierter Hund betrachtet wurden: Das Wunder bestand nicht darin, daß sie es gut, sondern daß sie es überhaupt machten.
Und dabei zeigte sich bei diesen Malern nur eine Facette eines größeren Hungers nach Bildung in Orten wie Ashington, wo die meisten Leute schon Glück hatten, wenn sie mehr als ein paar Jahre Volksschule ergattern konnten. Von heute aus betrachtet, ist es ganz erstaunlich, wie reich das Leben dort in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg war und wie begeistert die Bildungsangebote angenommen wurden. Zeitweise konnte sich die Stadt einer philosophischen Gesellschaft rühmen, die rund ums Jahr ein volles Programm mit Vorträgen, Konzerten und Abendunterricht bot, einer Operngesellschaft, einer Theatergesellschaft, einem Arbeiterbildungsverein, einem Institut der Arbeiterwohlfahrt mit Werkstätten und noch mehr Vortragssälen sowie unzähliger Gärtner-, Radfahr- und Sportvereine und dergleichen. Sogar die Arbeiter-clubs, von denen Ashington zu seinen Glanzzeiten zweiundzwanzig aufwies, hatten Büchereien und Leseräume für diejenigen, denen der Sinn nach mehr als einem oder zwei Glas Federation Ale stand. Es gab ein blühendes Theater, einen Ballsaal, fünf Kinos und eine Konzerthalle, die Harmonic Hall. Als der Bach Choir aus Newcastle an einem Sonntagnachmittag in den Zwanzigern dort gastierte, kamen 2000 Zuhörer. Können Sie sich heute etwas auch nur entfernt Ähnliches vorstellen?
Und dann verschwanden sie alle nacheinander – die Thespisjünger, die
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