Rein Wie Der Tod
dann hat sich herausgestellt, sie wollte Karl Anders heiraten. Also ist es wahrscheinlicher, dass sie und Zahid die Wahrheit gesagt haben. Ihre beiden Aussagen stimmen überein. Beide haben gesagt, dass sie zusammen aufgewachsen und in dieselbe Klasse gegangen sind. Beide haben gesagt, dass sie gute Freunde waren. Beide haben gesagt, dass sie sich gern mochten und bla bla bla. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass Kadir Zahid Veronika Undset ermordet haben soll.«
»Okay«, sagte Rindal nachdenklich. »Was sagst du zu den Fortschritten in diesem Fall?«
Frølich zuckte die Schultern. »Es gibt eine Sache, die noch besser untersucht werden sollte«, sagte er. »Die Kokainspur.«
Rindal runzelte verständnislos die Stirn.
»Wir haben Veronika Undset festgenommen, weil sie fünf Gramm Kokain in der Tasche hatte, versteckt in einem Einwegfeuerzeug. Sie hat bestritten ...«
»Genau«, unterbrach ihn Rindal abwesend und nickte. »Genau. Wir müssen weiterdenken«, sagte er dann kurz. »Breiter denken, meinst du nicht auch?«
Frølich begriff, dass Rindal ihn nicht gefragt hatte, weil er an seiner Meinung interessiert war, sondern weil er etwas anderes von ihm wollte.
»Pass mal auf«, sagte Rindal und reichte Frølich einen Stapel Papiere. »Das hier ist eine Liste der Gegenstände, die in Zahids Lager beschlagnahmt wurden.«
»Warum fragst du mich nach meiner Meinung in einem Fall, wenn du drauf scheißt, was ich antworte?«
Rindal hob abwehrend die Hände. »Es ist mir nicht egal, was du sagst. Aber es gibt zwei Typen Ermittler, Frølich. Solche, die man erst briefen muss, und solche, die sich schon in das Material eingearbeitet haben. Diese Spur muss verfolgt werden, und du bist jemand, der sich sowohl im Fall Veronika als auch im Fall Zahid auskennt. Bei dem beschlagnahmten Material könnte es Dinge geben, die die beiden Fälle miteinander in Verbindung bringen.«
Frank Frølich konnte seinen Ärger nicht verbergen. »Das ist Büroarbeit!«
Rindal war schon wieder auf dem Rückweg. »Wirf einfach einen Blick drauf«, murmelte er. »Das kann nicht schaden, nur einen kurzen Blick.«
Frølich ging in Gunnarstrandas Büro. »Ich muss mal was mit dir besprechen«, begann er, schwieg aber, als Gunnarstranda mit dem Telefonhörer winkte.
»Eugen? Ich bin's. Hast du mit der Exfrau des Psychologen gesprochen?« Gunnarstranda sah auf die Uhr. »Okay, bis dann.« Er legte auf. Drehte sich zu Frølich um.
»Plötzlich ist Eugen Bendixen verdammt beschäftigt. Es ist gerade mal morgens zehn nach zehn, und er bittet mich, in zwei Stunden wieder anzurufen. Was kann ich für dich tun, Frølich?«
»Sieh dir das mal an.« Frølich reichte ihm die Papiere.
Gunnarstranda setzte seine Brille auf und blätterte den Stapel durch. »Und was ist damit?«
»Rindal hat die Sachen aufgelistet, die bei Zahid beschlagnahmt wurden.«
»Gut. Kadir Zahid hat kein Alibi und könnte ein Motiv haben. Zum Beispiel hat er sich vielleicht von Veronika Undset bedroht gefühlt, weil sie von den Einbrüchen wusste.«
»Aber dann müssen wir beweisen, dass es eine Verbindung zwischen dem Mord und den Einbrüchen gibt.«
»Genau. Diese Liste ist ein guter Ausgangspunkt. Fang gleich damit an.« Gunnarstranda tippte auf die Papiere.
Frølich hob eine Seite hoch und las: »Atmos? Was ist das?«
»Damit ist die Menschheit einem Perpetuum Mobile am nächsten gekommen, Frølich. Eine Uhr, die einer gewöhnlichen Kaminuhr ähnelt, aber etwas ganz anderes ist. Eine Atmos-Uhr wird von atmosphärischen Druckveränderungen angetrieben. Phantastische Konstruktion. Kaminuhr des Schweizer Uhrenfabrikanten Jaeger-Lecoultre. Atmos-Uhren sind Sammlerobjekte. Kadir Zahid, der glaubt, dass Finesse etwas damit zu tun hat, sich die Eier zu rasieren und teure Autos zu fahren, weiß sicherlich nicht, dass es für diese Atmos-Uhren Zertifikate gibt. Wenn der Besitzer der Uhr auf Undsets Kundenliste steht, hat er oder sie die Zertifikate bestimmt noch. Ein solches Missverhältnis kann Zahid niemals wegerklären. Rindal hat damit einen Fall, der genauso bombensicher ist wie diese Uhren.«
Gunnarstranda hatte sich die Jacke angezogen, während er sprach. Er verließ den Raum. Die Tür knallte ins Schloss.
»Roger«, gab Frølich zurück, mit breitem amerikanischem Akzent und fragte sich, wem er diese Drecksarbeit aufdrücken konnte. Wer sie vielleicht sogar gern erledigen würde.
37
Frank Frølich hatte sich Lunch in einer Sushi-Bar gegönnt und war spät
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