Reinen Herzens
Hochtemperaturreaktoren benutzt werden. Weltweit gibt es, wie ich sehe, fünf solche Reaktoren, unter anderem zwei in Deutschland.«
»Moment mal – in Kernreaktoren wird Uran benutzt, dann ist das Ding ja doch radioaktiv …« Ihr Blick wanderte entsetzt von ihm zu ihrer Tasche, in der die seltsame Kugel lag, die John ihnen gestern Abend gegeben hatte.
»Nein, das verhindert die Grafithülle. Keine Angst. Ich will dich nicht mit technischen Details langweilen, jedenfalls sind sie nicht in Serie gegangen, zu viele Störfälle. Aber ich habe mich an einen Zeitungsartikel erinnert. Es ging darum, dass aus einem solchen Reaktor in Deutschland eine ganze Menge dieser Kugeln verschwunden sein soll.«
»Verschwunden?« Larissas Stimme klang schrill. »Wie kann so was verschwinden ?«
»Keine Ahnung. Aber es würde zu der Geschichte von deinem Kollegen passen. Er hat behauptet, dass jemand versucht, Uran zu schmuggeln und meistbietend zu verkaufen – irgendwo in den Osten. In dem Artikel stand auch, dass einige Länder solche Reaktoren planen, China und Südafrika, wenn mich nicht alles täuscht. Vielleicht noch andere.«
»Und du meinst, diese verschwundenen Kugeln aus Deutschland haben ihren Weg hierher gefunden …«
»Sieht ganz danach aus, nicht wahr? Auf den Fotos sind Männer, die irgendwas in einen Stollen verfrachten – bei Nacht und Nebel. In Obstkisten. Das sieht nach Schmuggel aus. Nur hat dein Kollege nicht alles richtig verstanden, es ist nicht reines Uran, das geschmuggelt wird, sondern es sind diese Moderatorkugeln. Was auch mehr Sinn ergibt.«
»Hm. Aha.«
»Diese Kugelhaufenreaktoren haben noch einen Nebeneffekt. Durch die besondere Form der Verbrennung und Aufarbeitung kann man erreichen, dass relativ reines Plutonium-239 entsteht. Das ist kernwaffenfähiger Brennstoff.«
»Oh. Das heißt … Waffenhändler?« Ihr lief ein Schauer über den Rücken.
»Wäre möglich. Kommt drauf an, an wen diese Leute das Zeug zu verkaufen gedenken. Aber es erklärt, warum der Geheimdienst mitmischt.«
»Und diese Urbanová hat dabei mitgemacht?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht. Sieht so aus.« Der Gedanke gefiel ihm ganz und gar nicht. Hätte Eva sich auf ein so schmutziges Geschäft eingelassen? Er wusste es nicht, dafür hatte er sie bei Weitem nicht gut genug gekannt. Sie war krank gewesen, todkrank. Hatte sie nach einer Möglichkeit gesucht, schnell an Geld zu kommen für die Zeit, da sie nicht mehr würde arbeiten können? Für ihr Kind, um es wenigstens finanziell versorgt zu wissen?
»Aber warum wurde sie dann umgebracht?«
»Frag mich etwas Leichteres. Vielleicht hat sie es sich anders überlegt. Vielleicht wollte sie einen größeren Anteil an dem Kuchen, vielleicht hat man sie bei dem Gespräch mit deinem Kollegen gesehen. Vielleicht war sie die eine Zeugin zu viel. Das werden wir möglicherweise nie erfahren.« Arme, verzweifelte Frau, dachte er. Was auch immer der Grund gewesen war, der sie diesen Weg hatte einschlagen lassen, er hatte sie das bisschen Leben gekostet, das sie noch vor sich gehabt hatte – und das ihres Kindes. Seines Kindes?
»Steckt dieser Anwalt da mit drin? Und der Oberst auch?«
»Sieht so aus. Das wird Ota hoffentlich feststellen …«
Sein Handy klingelte. Es war Agáta. Nach einem sehr kurzen Gespräch legte er wieder auf. »Eine kleine Änderung der Pläne«, sagte er. »Wir fahren zu Valeska.«
»Was ist passiert?«
»Ein Haus brennt im Wald.«
»Wie? Was für ein Haus?«
Er erzählte ihr von Agáta und dem kleinen Mädchen, das er bei Valeska getroffen hatte. »Agáta hat sie gestern aufgesucht und dabei Dinge erfahren, die sie dazu brachten, das Mädchen mit zu Valeska zu nehmen. Sie ist früh aufgewacht, weil sie jemanden auf der Treppe hörte, es war Hermiona, die sich nach draußen schlich. Agáta ist ihr nachgegangen, und als sie am Haus ankam, stand es in Flammen. Sie konnte die Kleine gerade noch davon abbringen, hineinzulaufen. Ihr Großvater war wohl noch drin. Sie hat die Feuerwehr gerufen. Inzwischen sind sie wieder bei Valeska. Der Förster muss warten.«
»Schrecklich! Das arme Kind … Aber was hast du damit zu tun?«
»Die Kleine hat Agáta gestern Abend so eine Kugel gegeben. Sie hat sie im Schuppen in einer Obstkiste gefunden.«
Larissa starrte ihn entsetzt an. »Was passiert, wenn diese Kugeln brennen? Doch nicht …«
»Die Kleine sagte, die Kugeln seien weg gewesen, also keine Sorge. Aber Agáta hat die halbe Nacht am Computer
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