Reisestipendien
Umkreise unsicher machten, hatten sich um den Anbau der Insel fast gar nicht gekümmert.
Im Jahre 1750 gelang es dann den Spaniern, sich der Insel zu bemächtigen und die Engländer zu verjagen.
Freilich sollten sie sich des Besitzes nicht lange erfreuen, denn nur wenige Monate später mußte die schwache, zur Verteidigung der Insel zurückgelassene Besatzung vor einer französischen Truppenabteilung die Waffen strecken.
Erst jetzt begann die Kultivierung von Sainte-Croix; ehe aber an einen Anbau zu denken war, mußten die Urwälder des Innern niedergebrannt werden, eine Maßregel, die den Erdboden nicht nur freilegte, sondern auch anreicherte.
Dank den dann anderthalb Jahrhunderte fortgesetzten Arbeiten traf der »Alert« jetzt hier auf eine sorgfältig kultivierte und sehr fruchtbare Insel.
Natürlich gab es darauf keine Karaïben mehr, die sie vor ihrer Entdeckung durch Europäer bevölkerten, ebenso keine Engländer, ihre nächstspäteren Bewohner, noch Spanier, die diesen folgten, und auch keine Franzosen mehr, denen die ersten wirklichen Kolonisationsversuche zu verdanken waren. In der Mitte des 17. Jahrhunderts hätte man hier überhaupt keine lebende Seele vorgefunden. Nach Vernichtung ihres Handels und Unterdrückung des einträglichen Schmuggels hatten die Kolonisten die Insel wieder verlassen.
Siebenunddreißig Jahre, bis 1733, blieb Sainte-Croix gänzlich unbewohnt. Frankreich verkaufte es für siebenhundertfünfzigtausend Livres an Dänemark, und seit diesem Zeitpunkt ist es eine dänische Kolonie.
Als der »Alert« in Sicht der Insel kam, steuerte Harry Markel auf den Hafen von Barnes, ihrer Hauptstadt, zu, die dänisch Christianstad heißt und an der Nordküste im Hintergrunde einer kleinen Bucht liegt. Die zweite Stadt von Sainte-Croix, Frederikstad, einst während eines Negeraufstandes völlig eingeäschert, erhebt sich an der westlichen Küste.
In Frederikstad war Axel Wickborn, der zweite Preisträger des Wettbewerbes, geboren. Gegenwärtig hatte er hier keine Angehörigen mehr. Seit einem Dutzend von Jahren wohnte seine Familie nach dem Verkauf ihres hiesigen Besitztums schon in Kopenhagen.
Waren die Passagiere bei ihrem Aufenthalt nun auch niemandes eigentliche Gäste, so wurden sie doch von alten Freunden der Familie Wickborn recht herzlich aufgenommen. Den größten Teil der Zeit verbrachten sie auf dem Lande, kehrten zum Schlafen aber jeden Abend an Bord zurück.
Die Insel, die sie meist zu Wagen besuchten, ist an sich höchst interessant. So lange die Sklaverei noch bestand, kamen die Pflanzer hier zu großem Vermögen und Sainte-Croix konnte wohl die reichste Insel der Antillen genannt werden. Unter fortschreitender Bewirtschaftung wurde ihr Boden bis zum Gipfel der Hügel ausgenutzt. Sie enthielt dreihundertfünfzig Farmen, jede von hundertfünfzig Morgen, und wurde von einem tüchtigen Beamtenstabe mit musterhafter Ordnung verwaltet. Zwei Drittel des Bodens dienen dem Anbau von Zuckerrohr, und in mittelguten Jahren gewinnt man davon – abgesehen von der Melasse – vom Morgen je sechzig Tonnen Zucker.
Neben diesem werden jährlich noch achthundert Ballen Baumwolle nach Europa ausgeführt.
Die Touristen fuhren durch die schönen, mit Palmen besetzten Landstraßen, die jedes Dorf mit der Hauptstadt verbanden. Der in nördlicher Richtung sanft abfallende Boden stieg allmählich nach der Nordwestküste zu an, wo ihn der vierhundert Meter hohe Mount Eagle abschloß.
Beim Anblick der schönen und überaus fruchtbaren Insel konnten Louis Clodion und Tony Renault ihr Bedauern nicht unterdrücken, daß Frankreich dieses reiche Gebiet in den Antillen nicht für sich behalten hätte. Anderseits fanden Niels Harboe und Axel Wickborn, daß Dänemark damit eine sehr vorteilhafte Erwerbung gelungen sei, und sie sprachen nur den einen Wunsch aus, daß Sainte-Croix, nachdem es vorher im Besitz der Engländer, der Franzosen und der Spanier gewesen sei, ihrem Vaterlande für immer erhalten bleiben möchte.
Dank seiner Lage in Europa hatte Dänemark – abgesehen von der Blockade des Festlandes, wobei Kopenhagen von einer englischen Flotte bombardiert wurde – das Glück, nicht in die langen und blutigen Kämpfe zwischen Frankreich und England im Anfange des 19. Jahrhunderts mit verwickelt zu werden. Eine Macht zweiten Ranges, war sein Gebiet für die Entwicklung großer europäischer Heeresmassen zu klein. Diesem Umstande verdankten es auch die dänischen Kolonien in Antilien, daß sie ganz
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