Remember
dieser Gedanke geradezu auf. Wer sagt uns, dass das, was wir gesehen haben, nichts weiter war als ein cleverer Schwindel? Vielleicht war der sogenannte Livestream nur ein vorab gedrehter Film mit Spezialeffekten.«
HILL: »Eine berechtigte Frage und eine gute noch dazu. Denn hundertprozentig sicher können Sie sich nicht sein. Ich schlage vor, Sie rufen morgen mal bei uns in Hillhouse an und warten, ob einer abnimmt. Falls nicht, besteht in der Tat die Möglichkeit, dass das Ganze nur ein raffinierter Schwindel gewesen ist und wir uns mit dem ganzen Geld aus dem Staub gemacht haben.«
FINNAGAN: »Das wäre auf jeden Fall eine Wendung, über die man noch lange reden würde.«
HILL: »Ja, ein raffiniertes Ende, wenn es sich um ein Buch handelte. Aber würde so was auch im richtigen Leben funktionieren?«
FINNAGAN: »Nicholas, mir fiel bereits in Ihrer Pressekonferenz auf, dass Sie nur selten das Wort Spiel benutzen. Und ich muss gestehen, auch ich finde, dass es so viel mehr ist als das.«
HILL: »Ja, nicht wahr? Und es freut mich, dass Sie das ansprechen. Mir persönlich gefiel die Bezeichnung Spiel von Anfang an nicht. Geschichte trifft es eher.«
FINNAGAN: »Wenn man es als Geschichte betrachtet, welche Rolle hat dann Ihr Team? Sind Sie die Erzähler?«
HILL: »Nein. Wir haben nur die Rahmenbedingungen geschaffen. Und wir lieferten quasi Papier und Bleistift, damit die Geschichte aufgeschrieben und von anderen gelesen werden konnte.«
FINNAGAN: »Papier und Bleistift?«
HILL: »Nun ja, eine sehr moderne Form davon.«
FINNAGAN: »Bevor wir zu den… Protagonisten der Geschichte kommen, wollen wir den Zuschauern noch zwei weitere Bilder aus Ihrem Institut zeigen. Nicholas, wären Sie so freundlich, uns zu erklären, was wir hier sehen?«
HILL: »Gerne. Der blau gekachelte Raum, der ein wenig an einen OP-Saal erinnert, ist das sogenannte Aquarium. Die riesigen Schwenkarme, die von der Decke hängen, tragen Monitore und Geräte zur Messung aller nur erdenklichen Vitalparameter. Und die vier sternförmig angeordneten, schwarz glänzenden Objekte in der Mitte sind unsere Tanks.«
FINNAGAN: »Wieso Aquarium?«
HILL: »Die Erklärung dafür finden Sie auf dem zweiten Foto.«
FINNAGAN: »Ah, ja… hier sehen wir, wie die Tanks sich verändert haben. Sie sind transparent geworden. Jetzt sieht man auch das Wasser darin. Verstehe. Deshalb Aquarium.«
HILL: »Genau. Diesen chamäleonartigen Effekt verdanken die Tanks übrigens einer elektrotransparenten Folie. Ein Tastendruck – und sie ist entweder transparent oder schwarz. Das Geflecht aus Leitungen, Sensoren und Mikroprozessoren ist nur im transparenten Modus sichtbar.«
FINNAGAN: »Und die Tanks sind mit JANUS verbunden?«
HILL: »Ja.«
FINNAGAN: »Und wie erfolgte die Versorgung?«
HILL: »Es gibt Anschlüsse für intravenöse Ernährung, Katheter, Sauerstoffzufuhr und noch viele andere Dinge. Wir setzten außerdem gezielte Elektrostimulation zum Erhalt der Muskelkraft ein. Dies verbesserte auch die Durchblutung und minimierte das Risiko einer Thrombose aufgrund der Bewegungslosigkeit. Durch die Wasserlagerung bestand zudem nicht die Gefahr des Wundliegens. – Und, Laura, wie ist es, wenn man hinter die Kulissen eines Traums sieht?«
FINNAGAN: »Es ist… erschreckend realistisch.«
HILL: »Ja. Irgendwie eigenartig, wenn aus der Zukunft plötzlich Gegenwart wird. Wenn Dinge, die wir bisher nur aus Filmen kannten, Realität werden. Unser Team hatte das Glück, sich langsam daran gewöhnen zu können. Sie und alle anderen hatten das nicht.«
FINNAGAN: »Haben Sie sich wirklich schon daran gewöhnt?«
HILL: »Ehrlich gesagt, nein. Es ist für mich noch immer wie ein Wunder. Und eigentlich bin ich froh darüber. Wäre ich Wissenschaftler wie Nathan, würde ich die Dinge sicher nüchterner betrachten. Und einiges von dem Zauber würde verloren gehen.«
FINNAGAN: »Ein Projekt wie dieses birgt sicher auch gewisse Risiken. Bestand für die Spieler jemals eine Gefahr?«
HILL: »Nein. Zu keiner Zeit. Lassen Sie mich Ihnen und den Zuschauern kurz laienhaft erklären, was während einer Simulation geschieht: Die Simulation täuscht dem Gehirn eine Realität vor, aber diese Täuschung ist nicht hundertprozentig perfekt. Das Gehirn merkt aus verschiedenen Gründen, dass alle Sinneseindrücke nur simuliert sind. Doch weil es äußerst anpassungsfähig ist, stellt es sich auf die neue Situation ein und reagiert nach kürzester Zeit wie gewohnt. Die Person in der
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