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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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sein, denn sie fanden Teller mit unverdorbenen Essensresten, halb volle Gläser und Tassen und im Schwesternzimmer eine Times mit dem Datum von gestern. Es schien, als hätten die Patienten und das gesamte Personal vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden alles stehen und liegen lassen und wären Hals über Kopf verschwunden. Wie bei einer Evakuierung.
    »Ich habe beim Ballett und beim Theater schon eine Menge Kulissen gesehen«, sagte Eric kopfschüttelnd. »Aber so was wie das hier… nicht einmal Hollywood wäre dazu in der Lage.«
    Michael wog die schwere Taschenlampe in seiner Hand und ließ den Blick nachdenklich durch den Aufenthaltsraum wandern.
    Eric hatte ausgesprochen, woran er schon die ganze Zeit gedacht hatte und was wahrscheinlich auch Annabel gerade durch den Kopf ging. An die Theorie, dass man alles für sie inszeniert hatte, die Anstalt, die Menschen, einfach alles. Aber dies war eindeutig keine Kulisse, keine billige Illusion, dies war eine echte Anstalt und die Menschen, denen er begegnet war, waren echte Patienten gewesen, da war er sich hundertprozentig sicher. Nur, wo waren sie?
    »Selbst wenn alles nur ein Schwindel ist – und meinetwegen mag es ja der größte Schwindel aller Zeiten sein –, was verbirgt sich dahinter? Welcher tiefere Sinn? Wo sind die Antworten?«
    »Ich weiß es nicht, Anna. Aber wir haben nicht alles abgesucht. Das Erdgeschoss und der Keller fehlen noch. Vielleicht finden wir dort etwas.«
    Lustlos rappelten sie sich auf und machten sich auf den Weg zur Treppe. Als sie an Dr. Parkers Zimmer vorbeikamen, hieb Michael wütend mit der Faust gegen die Tür. Der Raum war einer der wenigen, die abgeschlossen waren, und natürlich hatte sie das misstrauisch gemacht. Doch es gab nirgendwo einen Schlüssel, und alle Versuche, die massive Tür mit Gewalt zu öffnen, waren bisher gescheitert.
    »Hey, bevor wir weitersuchen, können wir bitte vorher erst mal runter in die Küche gehen? Das bisschen Brot und Wurst, was wir noch haben, wird nicht mehr lange reichen. Und wenn ich das hier durchstehen soll, brauche ich was zu futtern.« Eric rieb sich demonstrativ den Bauch.
    »Ja, warum nicht«, sagte Michael. »Aber wenn wir schon da unten sind, sollten wir uns auch gleich mal im Keller umschauen. Dann haben wir das wenigstens hinter uns.«
    Die Küche befand sich im Keller des Westflügels. Ein kleiner Lastenaufzug verband sie mit den darüberliegenden Etagen. Allerdings brauchte man für ihn einen Spezialschlüssel, und da sie weder Strom noch einen Schlüssel hatten, waren sie gezwungen, die Haupttreppe zu nehmen.
    Der Boden im Erdgeschoss glänzte und roch frisch gebohnert. Auf einem der orangefarbenen Wartestühle lag ein Regenschirm, den jemand vergessen hatte. Das Untersuchungszimmer, von dem aus Michael seine kleine Erkundungstour gestartet hatte, sah aus wie vor ein paar Tagen. In der Vitrine lagen immer noch sauber aufgereihte Instrumente, die auf den nächsten Patienten warteten.
    Am Ende des Ganges fanden sie neben der Fahrstuhltür eine Treppe, die hinunter in die Küche führte. Leider war auch diese eine herbe Enttäuschung, besonders für Eric. Denn weder dort noch im angrenzenden Lagerraum gab es etwas Vernünftiges zu essen. Nichts außer ein paar Teebeuteln, etwas Kaffeepulver und einer Tüte Weißbrot. Michael nahm das Brot und steckte es zu den Resten aus Willowsend in den kleinen Rucksack.
    Vom Lagerraum aus gelangten sie über eine schwere Eisentür in den angrenzenden Keller. Michael und Annabel schalteten ihre Taschenlampen ein und erhellten einen langen Gang, der parallel zur Hausfront verlief. Schmale Fensterschächte ließen in großen Abständen ein wenig Licht herein. Von diesem Gang zweigten immer wieder schmalere Gänge ab, die wiederum zu neuen Gabelungen führten. Michael, der in diesem Teil noch nie gewesen war, schätzte, dass der Keller sich weit über die Grundfläche des Hauses erstreckte. Und wahrscheinlich war er sehr viel älter, wenn er das Mauerwerk und die hohe kirchengewölbeartige Decke betrachtete.
    Michael versuchte, jeden Gedanken an ausgehungerte Wachhunde oder geisterhafte Mundharmonikaspieler zu vermeiden. Trotzdem achtete er auf jedes noch so leise Geräusch und zuckte zusammen, wenn er es nicht sofort identifizieren konnte. Aber alles, worauf sie stießen, waren ausgemusterte Rollstühle oder verrostete fahrbare Liegen. Dinge, die Michael erneut bestätigten, dass es sich bei dem Haus um eine echte Anstalt handelte.
    Als sie den

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