Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
Vom Netzwerk:
Menschen, die in Mitleidenschaft gezogene Festgarderobe trugen, weinende Frauen, Blut und Glassplitter auf dem Fußboden. »Vater«, sagte Vasa noch einmal etwas lauter. Er ergriff die Schulter seines Vaters und zog ihn an sich.
    Der Vater stieß ihn aber gleich wieder von sich. »Was hast du da getan?« Vasa spürte eine Welle unendlicher Enttäuschung über sich hinwegschwappen. »Ich weiß, was du von den Finnen hältst. Jetzt demütigen wir sie nach Strich und Faden. Und verlangen ein Lösegeld, mit dem wir bis ans Ende unseres Lebens wie die Herrschaften leben werden.«
    Der Vater seufzte gequält. »Und wo sollen wir leben? Wo sollen wir hingehen, ohne geschnappt zu werden?«
    »Das kannst du mir überlassen.«
    »Dir überlassen? Wie ist es denn ausgegangen, als ich zuletzt etwas dir überlassen habe? Das hier ist eine Nummer zu groß für dich.« »Du hast kein Recht, das zu sagen.« Vasa war selbst überrascht von der Kraft, die in seiner Stimme lag. »Nach allem, was ich für dich getan habe. Für ganz Serbien.«
    Der Vater schüttelte den Kopf. »Dummkopf. Du bist ein Dummkopf.« Auf Vasas Gesicht machte sich ein bitteres Lächeln breit. »Du wirst dich noch wundern ... Ganz Serbien wird stolz auf mich sein.«
    Danilo beobachtete die Frau, deren tief ausgeschnittenes Abendkleid eine Nummer zu klein zu sein schien. Sie ging etwas abseits von den anderen Geiseln umher, in der Nähe der Tür, langsam, ohne bestimmtes Ziel. Es war dieselbe Frau, mit der Slobo vor einiger Zeit gesprochen hatte. Versuchte sie, Vasa und den Oberst, die an der Tür zum Atrium miteinander redeten, zu belauschen? Konnte sie womöglich Serbisch? Danilo näherte sich ihr mit vorgehaltener Maschinenpistole. »Ich weiß, dass du mich verstehst«, sagte er auf Serbisch. Die Frau drehte sich um und sah ihn fragend an. »Tu nicht so, ich weiß, dass du uns ausspionierst. Ich werde dich jetzt erschießen!«
    Die Frau starrte ihn weiterhin an, erstaunt und ängstlich zugleich, aber eindeutig ohne ihn verstanden zu haben.
    »Die versteht dich nicht«, sagte Torna in Danilos Rücken. Beinahe widerwillig senkte Danilo die Waffe. Etwas an der Frau stimmte nicht. Die Kurven allerdings schon, das war nicht zu leugnen. Es war etwas anderes. Er wollte Torna seinen Verdacht mitteilen, aber der war schon bei Vasa und dem Oberst.
    »Ich werde mit Stanko die Busse überprüfen«, sagte Torna, nachdem er dem Oberst zugenickt hatte. Sogar bei Torna schimmerte jetzt explosive Ungeduld durch.
    Danilo warf noch einen Blick auf die Frau. Er durfte nicht paranoid werden. Aber er musste die Augen offen halten.
    Der Akkuschrauber surrte und wurde gleich danach an der nächsten Schraube angesetzt. Nach und nach fand die Zwischenwand an den Aluminiumleisten an Boden und Decke Halt.
    Fünf Mechaniker aus der Ffrmazr-Technikwerkstatt arbeiteten im Frachtraum des Airbus an der ungewöhnlichen Konstruktion. Sie verlangte Einfallsreichtum, Geschick und vor allem schnelles Arbeiten sowie gute Nerven, nachdem sie erfahren hatten, dass es um hundert Menschenleben ging, die oberste Staatsführung Finnlands mit eingerechnet. Ein Teil der Männer war dabei gewesen, als wegen der Tsunami-Katastrophe eine Passagiermaschine zum fliegenden Krankenhaus umgebaut worden war, aber selbst damals hatten sie sich nicht so sehr beeilen müssen.
    Die Arbeit wurde von Raimo Järventaus, dem Leiter der technischen Abteilung der Flugzeugwartung, überwacht. Vor die Öffnung des vorderen Frachtraums war zum Sichtschutz ein Gestell mit einer Plane geschoben worden. Den Forderungen der Geiselnehmer gemäß hatte man die Maschine auf einen Platz circa hundert Meter vom Terminal entfernt verlegt. Eigentlich wäre der Hangar der einzig richtige Ort für eine solche Umbaumaßnahme gewesen, aber dort hatte man die Maschine nicht hinbringen können. Das Risiko, aufzufliegen, wäre zu groß gewesen.
    Die drei Männer, die sich später in der Nische verstecken sollten, sahen sich inzwischen die Passagierkabine des Flugzeugs genau an. Jani Kariluoto, Jukka Moisio und Tuomo Petäjä hatten sich freiwillig für die außergewöhnliche Aufgabe gemeldet: für den Flug im Frachtraum hinter einer provisorischen Trennwand und wenn nötig - je nach Flugziel - für die Durchführung eines Sturmangriffs oder die Beteiligung daran. Das Erstürmen von Flugzeugen hatte bei allen drei allgemein zur Ausbildung gehört, aber jetzt hatten sie die Gelegenheit, vorab die konkrete Maschine zu inspizieren, auf die sich der

Weitere Kostenlose Bücher