Rendezvous mit einem Mörder
zu töten, hat er eine Grenze überschritten.«
Er beugte sich vor ihr Gesicht. »Wie hat das Kind geheißen?«
»Mandy.« Ihr Atem stockte. »Sie war drei.«
»Würde es dich ebenso fertig machen, wenn du ihn getötet hättest, bevor er sie erwischt hat?«
Sie öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu. »Ich schätze, das werde ich nie wissen.«
»O doch, das wirst du.« Er umfasste eine ihrer Hände und bemerkte, dass sie angesichts der Berührung die Stirn runzelte. »Weißt du, den Großteil meines Lebens habe ich damit verbracht, die Polizei aus dem einen oder anderen Grund zu verabscheuen. Ich finde es eigenartig, dass ich plötzlich, obendrein unter so außergewöhnlichen Umständen, eine Polizistin kennen gelernt habe, die ich respektiere und von der ich mich gleichzeitig angezogen fühle.«
Sie sah ihm in die Augen, und obgleich sich ihre Miene nicht aufhellte, ließ sie ihn weiter ihre Finger halten. »Das ist ein seltsames Kompliment.«
»Offensichtlich haben wir ja auch eine seltsame Beziehung.« Er erhob sich und zog sie auf ihre Füße. »Und jetzt musst du endlich schlafen.« Er blickte in Richtung ihres noch beinahe vollen Tellers. »Das Zeug kannst du jederzeit aufwärmen, wenn dein Appetit zurückkehrt.«
»Danke. Allerdings würde ich es zu schätzen wissen, wenn Sie das nächste Mal warten würden, bis ich zu Hause bin, bevor Sie hereinkommen.«
»Das ist schon mal ein Fortschritt«, murmelte er, als sie die Tür erreichten. »Immerhin wird ein nächstes Mal inzwischen von dir akzeptiert.« Mit einem leisen Lächeln hob er ihre Hand an seine Lippen und machte, als er einen Kuss auf ihre Knöchel hauchte, neben Verwirrung und Unbehagen tatsächlich eine Spur von Verlegenheit in ihren Augen aus. »Also dann, bis nächstes Mal«, sagte er und ging.
Nach wie vor stirnrunzelnd rieb sich Eve auf dem Weg ins Schlafzimmer die von ihm geküssten Knöchel an ihrer Jeans ab. Dann stieg sie aus ihren Kleidern, ließ sie einfach auf dem Boden liegen, kletterte ins Bett, schloss ihre Augen und versuchte, sich zum Schlafen zu zwingen.
Gerade, als sie es beinahe geschafft hatte, fiel ihr ein, dass Roarke ihr während seines ganzen Besuches gar nicht erzählt hatte, wen er angerufen und was er herausgefunden hatte.
8
E ve saß hinter verschlossenen Türen in ihrem Büro und betrachtete zusammen mit Feeney noch einmal die Diskette vom Mord an Lola Starr. Sie zuckte nicht zusammen, als sie das leise Ploppen der schallgedämpften Waffe hörte. Ihr wurde nicht mehr übel, wenn sie die durch die Stahlkugeln verursachten klaffenden Wunden in dem Mädchenkörper sah.
Am Ende wieder »zwei von sechs«, dann wurde alles schwarz.
Wortlos rief Eve den Film des ersten Mordes auf den Bildschirm, und sie verfolgten gemeinsam den Tod von Sharon DeBlass.
»Was kannst du mir sagen?«, frage Eve, als es vorbei war.
»Die Filme wurden auf einer Trident MicroCam, Modell fünftausend, aufgenommen. Sie ist erst seit ungefähr sechs Monaten auf dem Markt und ziemlich teuer. Trotzdem war sie letzte Weihnachten einer der Verkaufsschlager. Allein in Manhattan wurden während der traditionellen Einkaufssaison offiziell über zehntausend Stück verkauft, und ich denke lieber nicht daran, wie viele auf dem grauen Markt verhökert worden sind. Sicher nicht so viele wie von den weniger teuren Modellen, aber trotzdem zu viele, um alle Käufer aufspüren zu können.«
Er bedachte Eve mit einem Blick aus seinen müden, doch zugleich warmen Augen. »Rate mal, wem Trident gehört.«
»Roarke Industries.«
»Die Lady hat hundert Punkte. Und sicher kann man davon ausgehen, dass der große Boss selbst ebenfalls eine solche Kamera besitzt.«
»Auf alle Fälle könnte er sich problemlos eine besorgen.« Sie machte sich eine Notiz und verdrängte eilig die Erinnerung daran, wie weich und zugleich fest sich seine Lippen auf ihren Knöcheln angefühlt hatten. »Wäre es eher Arroganz oder Dummheit, wenn der Killer ein ziemlich teures, von ihm selbst gefertigtes Gerät benutzen würde?«
»Der Knabe ist ganz sicher nicht dumm.«
»Nein, ganz bestimmt nicht. Und die Waffe?«
»Es gibt ein paar tausend Stück in privaten Sammlungen«, setzte Feeney an und schob sich einen Cashewkern zwischen die Lippen. »Drei davon in unserem Bezirk. Und das sind nur die Registrierten«, fügte er mit einem schmalen Lächeln hinzu. »Der Schalldämpfer braucht nicht registriert zu werden, da er für sich genommen nicht als tödliche Waffe gilt. Seine
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