Rettende Engel (German Edition)
Flasche unter dem Arm abgehauen ist, als er mich bemerkt hat.”
„Zeigen Sie mir doch bitte einmal, wo Sie sich befanden, wo der Tote lag und wie genau der Täter sich über ihn beugte”, bat Kaha.
Max Rohleder machte bereitwillig mit. Er genoss es offenbar, dass Kaha ihm so viel Beachtung schenkte.
Während Kaha sich alles erklären ließ, dachte er darüber nach, dass dies kein „üblicher” Mord an einem Penner gewesen war. Er wurde nicht von einer Gruppe betrunkener Jugendlicher begangen, sondern von einem Einzeltäter, der hinter dem Geld seines Opfers her war. Der Mann hatte nämlich in der Nähe eines Geldautomaten einen 100-Euro-Schein gefunden. Das und die Tatsache, dass er daraufhin seine Kumpel mied und sich einen relativ einsamen Schlafplatz ausgesucht hatte, war ihm zum Verhängnis geworden.
„Sehr gut”, sagte Kaha, nachdem ihm der Rentner alles genau demonstriert hatte. „Was ich nicht verstehe: Wenn der Täter sich so über das Opfer beugte”, Kaha machte es vor, „und Sie dort hinten standen und der Täter in diese Richtung davongelaufen ist”, Kaha deutete es mit einer Handbewegung an, „wie konnten Sie da das Gesicht des Jugendlichen sehen?”
Der Zeuge schaute Kaha verdutzt an. Dann dachte er nach. Schließlich sagte er langsam: „Das Gesicht selbst habe ich gar nicht gesehen, wenn ich es mir recht überlege. Aber die Statur stimmte und diese typische Kapuzenjacke, die Cem immer anhat, und vor allem seine Turnschuhe, die mit den blau leuchtenden Schnürsenkeln. Die habe ich in der Dunkelheit sofort erkannt.”
Kaha nickte zufrieden. Wieder war er einen Schritt weiter. „Hätten Sie und”, er zögerte, dann fiel ihm der Name wieder ein, „hätten Sie und Püppi Zeit, mich ins Präsidium zu begleiten? Um Ihre Aussage zu ergänzen?” Als der Rentner ihn unsicher anschaute, fügte er hinzu: „Sie brauchen keine Angst zu haben. Niemand wirft Ihnen etwas vor. Ihre Aussage sollte nur so präzise wie möglich sein.”
Kahas Kollege, der mit zwei anderen für den Fall zuständig war, sah ihn misstrauisch an, erklärte sich aber bereit, zu protokollieren, was der Zeuge zu sagen hatte. Als Kaha ihm jedoch geheimnisvoll zuflüsterte: „Mach dich bereit für Beweise, die eurem Fall eine völlig neue Wendung geben werden”, schaute er Kaha sauer an.
„Was soll das denn heißen?”, fragte er gereizt.
Aber Kaha legte den Finger auf die Lippen, zwinkerte ihm zu und sagte: „Pscht, soll eine Überraschung werden.“
Damit eilte er davon, um eine Etage tiefer mit den Kollegen aus der Abteilung für Jugendkriminalität zu sprechen.
26
Zurück im Büro, holte Kaha gut gelaunt den Umschlag mit den Überwachungs-DVDs aus der Schublade. Die Kollegen, die sich mit Jugendlichen beschäftigten, die straffällig geworden waren, konnten auf Anhieb zwei Kandidaten nennen, die für die Tat infrage kamen, als Kaha ihnen den Täter und seine auffallend leuchtenden Schnürsenkel beschrieb.
Mit diesen Informationen und den DVDs ging er zwei Türen weiter. Der Kollege, der die Aussage des Rentners aufgenommen hatte, hörte sich an, was Kaha zu sagen hatte und ließ sich zähneknirschend überzeugen. Er versprach, sich alles anzusehen und anschließend die Staatsanwältin zu informieren.
„Ein Fall gelöst, einen müssen wir noch knacken”, sagte Kaha kurz darauf übermütig zu Chris. Aber obwohl er darauf brannte, sich dem Fall Rena Karst zuzuwenden („Es läuft gerade so gut”), musste er doch erst Chris erklären, warum Cem unschuldig war und wie er vermutlich die zuständigen Kollegen sogar auf die Fährte des wirklichen Täters gebracht hatte.
„Das sind ja wirklich gute Nachrichten”, freute sich Chris mit Kaha. Dann seufzte er: „Na gut. Wenden wir uns dem Hauptproblem zu. Der Chef hat mir gerade schon wieder Druck gemacht und war ziemlich sauer, als ich ihm nicht sagen konnte, wo du dich ‚verdammt noch mal rumtreibst’. Seine Worte, nicht meine.”
Kaha setzte sich neben Chris, so dass sie gemeinsam auf dessen PC-Bildschirm schauen konnten. „Hattest du inzwischen irgendwelche Erleuchtungen?”, fragte er.
„Ich drehe mich immer wieder im Kreis: Neumann oder Bongard? Aber sie geben sich gegenseitig ein Alibi. Und Neumann ist außerdem der Vater des Opfers. Würde ein Vater den Mörder seiner Tochter decken?” Chris verzog das Gesicht. „Schwer vorzustellen. Mirko scheidet aus. Der hat nun wirklich ein wasserdichtes Alibi. Der Schläger Oliver Marewski,
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