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Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Titel: Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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–, waren die Folgen für die Gesellschaft von Türkis unübersehbar. Jedermann wusste um die Probleme nach der Ankunft der Ruchlosen Pelikan. Als die Ultras in den Orbit gingen, war es auf der Oberfläche zu schweren Unruhen gekommen. Spione hatten gewinnträchtige Geschäfte hintertrieben. Städte hatten erbittert um die besten Technikhappen gekämpft, um damit ihr Ansehen zu erhöhen. Überstürzte Eheschließungen und ebenso überstürzte Scheidungen waren an der Tagesordnung gewesen. Noch ein Jahrhundert danach schwelten unter der Maske freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Städten immer noch die alten Feindschaften.
    Und diesmal würde es nicht anders sein.
    »Pass auf«, sagte Mina. »Es muss so schlimm nicht werden. Vielleicht wollen sie ja gar nicht mit uns reden. Ist nicht erst vor etwa siebzig Jahren ein Schiff durch unser System gezogen, ohne auch nur um Erlaubnis zu fragen?«
    Naqi nickte. Darauf war in der Seitenleiste neben einer der Hauptmeldungen hingewiesen worden. »Es hatte wohl irgendwelche Triebwerksprobleme. Aber dafür gibt es diesmal keinerlei Anhaltspunkte, sagen die Experten.«
    »Sie wollen also Handel treiben. Was haben wir zu bieten, was wir beim letzten Mal noch nicht hatten?«
    »Nicht viel, würde ich sagen.«
    Mina nickte nachdenklich. »Allenfalls ein paar Kunstwerke, denen ein Ortswechsel nicht zuträglich wäre. Wer interessiert sich schon für zehnstündige Symphonien auf der Nasenflöte?« Sie schnitt eine Grimasse. »Eigentlich wäre das meine Kultur, aber selbst ich kann sie nicht ausstehen. Was noch? Ein paar Erkenntnisse über die Schieber, die wahrscheinlich auch schon auf einem Dutzend anderer Welten gewonnen wurden. Technologie? Medizin? Fehlanzeige.«
    »Aber sie denken sicher, dass wir etwas haben, was einen Besuch bei uns lohnt«, sagte Naqi. »Was immer es ist, wir werden einfach abwarten müssen. Es sind schließlich nur zwei Jahre.«
    »Für dich ist das sicherlich eine lange Zeit«, sagte Mina.
    »Ehrlich gesagt …«
    Mina erstarrte.
    »Schau!«
    Tief unter ihnen schoss etwas durch die Nacht, erst ein Licht, dann eine Handvoll, ein Dutzend und schließlich ein ganzes Geschwader. Boten-Sprites, erkannte Naqi – aber so viele auf einem Haufen, die ganz offensichtlich alle ein bestimmtes Ziel ansteuerten, hatte sie noch nie erlebt. Vor dem schwarzen Ozean boten die Lichter ein fesselndes Schauspiel: sie schossen unentwegt hin und her, wechselten die Positionen, und gelegentlich brachen einige aus dem Schwarm aus, beschrieben einen weiten Bogen und kehrten wieder zurück. Auch diesmal stieg einer der Sprites bis auf die Höhe des Luftschiffs, verharrte eine Weile mit schwirrenden Flügeln und stieß wieder zu den anderen hinab. Dann entfernten sie sich wie ein dichter Glühwürmchenschwarm, und schliesslich sah man nur noch einen matten, kugelförmigen Fleck. Naqi wartete, bis auch der letzte Sprite in der Nacht verschwunden war.
    »Toll!«, sagte Mina leise.
    »Hast du so etwas schon einmal erlebt?«
    »Noch nie.«
    »Komisch, dass es ausgerechnet heute Nacht passiert, findest du nicht?«
    »Unsinn«, sage Mina. »Die Schieber können unmöglich etwas von dem Schiff wissen.«
    »Das können wir nicht mit Sicherheit sagen. Die meisten Menschen haben schon vor einigen Stunden davon erfahren. Seitdem könnte leicht jemand geschwommen sein.«
    Mina musste ihrer Schwester Recht geben. »Dennoch sind die Informationsströme gewöhnlich nicht so eindeutig definiert. Die Schieber speichern Muster, lassen aber kaum jemals erkennen, dass sie auch Inhalte verstehen. Wir haben es mit einem geistlosen biologischen Archivierungssystem zu tun, einem Museum ohne Kurator.«
    »Man kann es auch anders sehen.«
    Mina zuckte die Achseln. »Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen.«
    »Was meinst du, ob wir ihnen folgen sollten? Ich weiß, dass wir Sprites nicht über größere Entfernungen orten können, aber ein paar Stunden könnten wir dranbleiben, bevor die Batterien leer sind.«
    »Wir würden nicht viel erfahren.«
    »Das wissen wir erst hinterher«, knirschte Naqi. »Komm schon – einen Versuch ist es wert. Ich schätze, der Schwarm war etwas langsamer als ein einzelner Sprite. Zumindest hätten wir genügend Material für einen Bericht.«
    Mina schüttelte den Kopf. »Nur eine Einzelbeobachtung, ausgeschmückt mit einigen Spekulationen. Du weißt, dass sich so etwas nicht veröffentlichen lässt. Und außerdem, selbst wenn wir annehmen, dieser Sprite-Schwarm

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