Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rheinsteigmord - Kriminalroman

Rheinsteigmord - Kriminalroman

Titel: Rheinsteigmord - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
das, was ich will.«
    »Du willst keine Dusche?« Sie schüttelte den Kopf und stieg aus. Metall schabte, als sie die Seitentür öffnete. »Du willst immer noch dein Glück als Schriftsteller versuchen, was?« Sie deutete auf die Schreibmaschine. »Ein Laptop wäre praktischer. Aber ich verstehe schon. Das ist auch nicht das, was du willst. Ist dir eigentlich schon mal der Gedanke gekommen, dass Verlage heutzutage die Manuskripte nicht als Packen Papier geschickt haben wollen, sondern als Datei?«
    Sie las, was Fred getippt hatte, und hob die Augenbrauen. »Na, weit bist du ja noch nicht.« Sie tat, als müsste sie sich anstrengen, um zu lesen, was da stand. »Die Frau in Orange. So, so. Dein wievielter Versuch, einen Krimi zu schreiben, ist das?«
    Fred stieg schweigend aus. Wahrscheinlich lag es daran, dass er das Thema schon so oft mit Nina durchexerziert hatte, dass ihn Sarahs Provokationen nicht im Geringsten trafen. Was hatten sie sich gestritten, seine Exfrau und er. Du bringst es zu nichts, hatte sie ihm gern vorgeworfen. Oder: Du bringst nie etwas zu Ende. Wenn du nicht gerade irgendwelche unterprivilegierten Jobs machst, dann sitzt du da und schreibst. Zwei Jahre geht das jetzt schon so. Und wo ist der Roman, den du schon längst fertig haben wolltest?
    Seine immer gleiche Antwort hatte gelautet: In meinem Kopf ist er, wo sonst? Was aber natürlich gelogen war.
    Nina hatte die Antwort nie akzeptiert und schlicht von ihm wissen wollen: Wenn er in deinem Kopf ist und nur aufs Papier gebracht werden muss, warum tust du’s dann nicht einfach? So schwer kann das doch nicht sein.
    Ja, hatte er dann gedacht, warum tue ich es nicht einfach? Aber kaum saß er am Schreibtisch, brachen all die interessanten Ideen von Kommissaren, heimtückischen Verbrechern, von Detektiven, Verfolgungsjagden und umbarmherzigen Verhören in sich zusammen wie ein baufälliges Haus. Und er saß nur da und grübelte. Er ärgerte sich über sich selbst, weil er so starr an der Idee zu schreiben festhielt.
    Diese Frage hatte er nie beantworten können.
    »Worum geht’s denn in deinem Krimi?«, fragte Sarah, die sich hinter die Schreibmaschine gesetzt hatte.
    »Um die Frau in Orange.«
    »Das seh ich. Und weiter? Wer ist der Mörder?«
    »Das kommt erst am Ende heraus.«
    »Das ist mir auch klar. Du musst deinen Lesern so lange wie möglich verschweigen, wer es war. Aber du selbst wirst es doch wissen.«
    Fred stieg aus, ging um Chandler herum und setzte sich auf die Kante in der offenen Tür. Er blickte von Sarah weg auf die große Wiese. Auch jetzt waren Hundebesitzer unterwegs.
    »Ich lasse mich überraschen«, sagte er. »Der Autor sollte selbst in der Spannung seiner Geschichte leben.«
    »Ganz falsch.« Auch das klang wieder so überzeugt, als habe sie schon ein ganzes Regal von Kriminalromanen heruntergetippt und sei die Beherrscherin der Bestsellerlisten. »Der Autor muss als Erster wissen, wer der Mörder ist. Nur so kann er doch seinen Leserinnen und Lesern ein ausgeklügeltes Rätsel bieten. Nur so weiß er doch, welche Spur eine falsche Spur ist. Nur so kann er sein Publikum auf diese Spur locken. Und nur so passt am Ende alles zusammen. Denk dir erst mal einen Mörder aus und bau dann die Ermittlung, die zu ihm führt. Die Ermittlung ist dann deine Geschichte. Verstehst du?«
    Jetzt klang sie tatsächlich wie eine Lehrerin. Als sei nicht sie, sondern Fred das Kind, das noch etwas zu lernen hatte. Und als sei das, was sie ihm da erklärte, eine ganz banale Sache wie Kuchenbacken oder Bruchrechnen. Etwas, was jeder beherrschte, nur er nicht. Auch diesmal war Fred dagegen immun. Er dachte sogar ernsthaft über das nach, was Sarah ihm erklärte. Er war schon zu oft gescheitert, als dass er nicht immer wieder nach besseren Schreibstrategien suchen würde.
    »Ich dachte«, sagte er, »es würde beim Schreiben vor allem um Vorstellungskraft gehen. Und die kann ich am besten steigern, wenn ich währenddessen Musik höre.«
    »Das ist die eine Seite«, war Sarahs Antwort. »Die Seite des Gefühls, der Emotion, der Phantasie. Die andere ist die des Kalküls, der Vernunft, der Rationalität. Die Seite des Planens. Du kennst doch sicher die Theorie von den beiden Gehirnhälften …«
    »Wer sagt denn, dass mich ausgerechnet die Seite des Planens weiterbringt und die Seite der Phantasie nicht?«
    »Das sagst du selbst.«
    »Wieso?«
    »Du brauchst nur zu schauen, wie weit dich deine Phantasie bisher gebracht hat. Hast du etwas zu Ende

Weitere Kostenlose Bücher