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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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authentisch. Näher an Bach als irgendeine historische Aufführungspraxis.
    Daß einige der Instrumente elektrisch verstärkt waren, begünstigte den Eindruck einer Verzerrung, die sich auf dem langen Weg durch die Zeit ergeben hatte. Jedenfalls war Richard Lukastik begeistert gewesen.
    Diese Begeisterung, wie ja überhaupt seine Liebe zum Musikalischen, hatte jedoch nichts an seinem Wechsel zur Kriminalistik ändern können. Auch war ihm seit gut fünfundzwanzig Jahren dieses Werk des Lukas Foss nicht mehr in den Sinn gekommen, so daß sein Empfinden, Musik aus einer fernen Vergangenheit zu vernehmen, auch ein wenig im Persönlichen begründet lag.
    Allerdings war Lukastik der Titel dieser Komposition entfallen. Etwas Griechisches oder Lateinisches mußte es gewesen sein. Es erschien ihm ungeheuer wichtig, sich augenblicklich daran zu erinnern. So wichtig, daß er für einen Moment darauf vergaß, die Merkwürdigkeit festzustellen, die sich hier eigentlich vollzog. Vielmehr lauschte er aufmerksam der Musik und war verbissen bemüht, sich den Titel des Stücks zu vergegenwärtigen. Umsonst. Sein Gedächtnis sperrte sich. Es lag wie ein warmes, sattes Pelztier in seinem Schädel.
    Endlich gab er auf und verschob die Nachforschung auf später und konzentrierte sich nun auf die Frage, was das alles mit Peter Jordan zu tun haben konnte, der bekanntermaßen wenig von solcher Art von Musik hielt. Auch gehörte es nicht gerade zum Wesen seines Assistenten, sich die Mühe einer Anspielung oder eines tiefgründigen Scherzes zu machen. Ganz abgesehen davon, daß Jordan beim besten Willen nicht wissen konnte, daß Richard Lukastik dieses spezielle Werk schätzte, es zumindest vor mehr als zwei Jahrzehnten für einen Höhepunkt moderner Musik gehalten hatte.
    Nein, es mußte sich hier um einen Zufall handeln. Offensichtlich lief an dem Ort, an dem Jordan, zumindest aber sein Handy sich befand, ein CD-Player oder Plattenspieler oder Radio, irgendein Gerät, aus dessen Lautsprechern jene Klangbrocken drangen.
    Die Frage, die sich freilich stellte – und die auch Lukastik wenig später in den Sinn kommen würde –, war die, warum er nicht einfach in dieses Handy hineinsprach und nach Jordan rief. Oder auch nach Edda Boehm. Er sagte aber kein Wort, vielmehr legte er einen Finger auf die feinen Ritzen des Mikrophons, damit nicht irgendein Lärm aus dem Weinhaus Sittl durch dieses Handy auf die andere Seite der Leitung gelangte.
    Mag sein, daß Lukastik von einer Art Instinkt getrieben wurde, einer tief verwurzelten Vorsicht, die darin bestand, fürs erste einmal lieber nicht den Mund aufzumachen. Fast immer in seinem Leben, wenn er etwas nicht gesagt hatte, hatte sich dies schlußendlich als vorteilhaft erwiesen.
    Auf dieses automatische Schweigen folgte die Überlegung, daß wenn der Anruf von Jordans Handy stammte, sich Jordan aber nicht meldete, dies eigentlich nur eine sehr eigentümliche Art von Defekt bedeuten konnte. Oder aber ein Zeichen, ein Signal, welches Jordan – aus irgendeinem Grund zum Stillhalten verdammt – nach draußen sendete. Ein schwer deutbares Zeichen freilich. Idealer wäre da gewesen, hätte Lukastik jetzt die Stimme einer Person vernommen, die in Unkenntnis eines in Betrieb befindlichen Handys von Haien und Hörgeräten gesprochen hätte. Was aber um Himmels willen hatte eine solche Musik zu bedeuten?
    Dann jedoch kam noch etwas anderes hinzu. Ein Laut ergab sich, ein Laut, der nicht auf Bach oder Foss verwies und die Musik deutlich übertönte. Ein Laut, der mit Sicherheit unter Schmerzen entstanden war und dessen Heftigkeit einen dumpfen, erstickten Farbton besaß. Wie Lärm aus einem verschlossenen Zimmer.
    Lukastik war überzeugt, daß dieses Geräusch von Jordan stammte. Es war nicht unähnlich jenem unterdrückten Geraunze und verbissenen Gemurmel, wie der Assistent es gerne praktizierte, wenn er seinen Unwillen bekunden, aber eben nicht äußern wollte. Allerdings hatte er den Eindruck von etwas Gequältem, wie bei einem erlittenen Schlag oder Tritt. Auch war ein Ton zu hören, der sich anhörte, als würde Luft durch eine Nase gepreßt werden. Dies wiederum ließ die Annahme zu, daß der Mund des Gepeinigten verschlossen war, mit einem Knäuel verstopft oder einem Klebestreifen abgedeckt.
    Natürlich beruhte viel von diesem Eindruck auf Spekulation, aber Lukastik besaß nicht nur ein gutes, sondern ja auch ein geschultes Gehör. Nicht allein in musikalischer Hinsicht, auch in alltäglichen

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