Ringwelt 06: Flatlander
entsetzt. »O mein Gott! Ray Sinclair. Was wird das nur für Auswirkungen …« Bestürzt unterbrach er sich.
»Bitte, fahren Sie fort«, ermunterte ihn Valpredo.
»Wir arbeiteten zusammen an einem Projekt. An einer revolutionären Erfindung.«
»Einem interstellaren Raumschiffsantrieb?«
Er starrte mich verblüfft an. Ich sah, wie er mit sich selbst rang, bevor er antwortete. »Ja. Woher wissen Sie davon? Das Projekt ist geheim.«
Wir berichteten, daß wir den Generator in Aktion gesehen hatten. Doch wie sollte ein Zeitkompressionsfeld als Raumschiffantrieb dienen?
»Sie haben die Auswirkungen gesehen, aber das ist es nicht«, sagte Peterfi. Erneut rang er mit sich. Doch schließlich erklärte er: »Die menschliche Erfahrung stellt Masse und Energie immer zueinander in Beziehung. Deshalb glauben die meisten Menschen, daß es sich hierbei um ein universelles Naturgesetz handelt. Es hat aber immer schon Optimisten gegeben, die dieser Aussicht widersprechen. Ray und ich haben eine Umgebung mit geringerer Trägheit erschaffen. Verstehen Sie …«
»Einen reaktionslosen Antrieb!«
Peterfi nickte begeistert. »Im Prinzip handelt es sich genau darum. Ist die Maschine noch intakt? Falls sie beschädigt wurde …«
Ich versicherte ihm, daß sie noch funktionierte.
»Gut! Sehr gut! Ich wollte sagen, falls sie beschädigt wurde, kann ich sie nachbauen. Ich habe den größten Teil der praktischen Arbeiten erledigt. Ray arbeitete lieber mit dem Kopf, nicht mit den Händen.«
War Peterfi gestern Abend bei Sinclair gewesen?
»Nein. Ich habe in einem Restaurant an der Küste gegessen, dann bin ich nach Hause gegangen und habe Holovid gesehen. Für welche Zeit brauche ich ein Alibi?« fragte er scherzhaft.
Valpredo verriet es ihm. Der scherzende Gesichtsausdruck wich einer nervösen Grimasse. Nein, er hatte das Mail Shirt kurz nach neun verlassen; danach gab es für seinen Verbleib keine Zeugen mehr.
Hatte er eine Vermutung, wer Raymond Sinclairs Tod wünschen konnte?
Peterfi zögerte mit offenen Anschuldigungen. »Sicher verstehen Sie das«, sagte er. »Vielleicht war es jemand, der in der Vergangenheit mit Ray gearbeitet hat oder jemand, den er beleidigt hat. In Rays Augen war der größte Teil der Menschheit ausgemacht dumm. Vielleicht wollen Sie auch einen Blick auf das Verfahren für die Ausnahmegenehmigung von Rays Bruder werfen?«
»Edward Sinclairs Ausnahmegenehmigung?« fragte Valpredo verständnislos. »Was hat es damit auf sich?«
»Es wäre mir wirklich lieber, wenn Sie sich die Geschichte von jemand anderem erzählen lassen könnten. Wie Sie vielleicht wissen – oder auch nicht –, wurde Edward das Vaterschaftsrecht verweigert, weil er an einem erblichen Herzfehler litt. Sein Enkel leidet ebenfalls daran. Stellt sich die Frage, ob er die Ausnahmegenehmigung aufgrund eigener Leistung erhalten hat oder nicht.«
»Aber das muß vierzig oder fünfzig Jahre her sein! Wie paßt das zu dem Mord von gestern Abend?«
Peterfi erklärte geduldig: »Edward hatte schon ein Kind – dank einer Ausnahmegenehmigung. Und jetzt gibt es zwei Enkel. Angenommen, die Angelegenheit würde erneut untersucht? Seine Enkel verlören das Recht, sich fortzupflanzen. Sie wären illegitim. Möglicherweise verlören sie sogar den Anspruch auf ihr Erbe.«
Valpredo nickte. »Ja. Wir werden der Geschichte nachgehen. In Ordnung.«
»Sie haben sich selbst vor nicht allzu langer Zeit um eine Ausnahmegenehmigung bemüht«, sagte ich. »Ich nehme an, Ihr, äh …«
»Ja. Mein Diabetes. Die Krankheit behindert mein Leben nicht im geringsten. Wissen Sie eigentlich, wie lange die Menschheit bereits Insulin benutzt, um Diabetes zu kontrollieren? Beinahe zweihundert Jahre! Was spielt es da für eine Rolle, daß ich Diabetiker bin? Oder ob meine Kinder Diabetiker werden?«
Er funkelte uns herausfordernd an und wartete auf eine Antwort. Wir gaben ihm keine.
»Die verdammten Fortpflanzungsgesetze verweigern mir Kinder. Wissen Sie, daß ich meine Frau verloren habe, weil die Behörde mir keine Genehmigung erteilen wollte? Ich habe die Genehmigung verdient. Meine Arbeiten über den Plasmafluß in der solaren Photosphäre … Nun ja, ich will Ihnen jetzt keinen Vortrag halten. Dank meiner Arbeiten sind wir in der Lage, die Protonenstrom-Muster bei nahezu jedem Stern des Typs G vorherzusagen! Jede einzelne Koloniewelt ist mir etwas schuldig!«
Das ist sicherlich eine Übertreibung, dachte ich. Protonenstürme sind hauptsächlich für
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