Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe
enn wir dann mit der Halle durch sind, sollten wir ohnehin erst mal Mittag machen. V ielleicht wüssten Sie ein nettes Restaurant hier in der Gegend, im Idealfall vielleicht ein Italiener: Ich bevorzuge Fisch zum Lunch.«
»Fisch, soso. Da muss ich mal überlegen. Ich bin nicht so ein Fischesser …«
»Fisch ist gut für die Nerven wegen der ungesättigten Omega-Fettsäuren.«
Die V orstellung, wegen irgendwelchen hungrigen Omega-Säuren mit Herrn Lipka zwei Stunden lang bei T ino, seinem Lieblings-Italiener, drüben in Seltmans zu sitzen, war Karl Zwerger nicht gerade angenehm. A ber allemal noch besser, als nach Hause zu gehen und sich von Karin Rühreier machen zu lassen. W enn’s nach ihm ginge, hätte er Lipka am liebsten eine Fertigpizza auf den T isch geknallt. Oder eine Dose Ravioli mitsamt Büchsenöffner.
Auch Ewald hatte noch nichts gegessen. Er war durch ganz Ulm gefahren und hatte ein paarmal fragen müssen, bis er an die A denauer-Brücke gekommen war. Jetzt war er auf der Brücke, mitten im Ulmer Mittagsverkehr. Hinter ihm hatte sich eine lange Schlange gebildet, und es wurde viel gehupt. A ber Ewalds Laune tat das keinen A bbruch. Hunde, die hupen, beißen nicht, dachte er und sah auf die Donau, die unter ihm vorbeifloss. So gewaltig war der Fluss nun auch nicht, und er fragte sich, warum Frau Brillisauer immer so ein Geschiss gemacht hatte mit dieser Donau. Das war ein Bach wie viele andere auch.
Als er die Mitte der Brücke erreicht hatte, stotterte auf einmal die Maschine der Fiat-Allis. Ewald überlegte, was das sein konnte: Zu heiß war sie kaum geworden, das hätte er gerochen. A ber dann fiel ihm ein, dass er schon eine W eile lang unterwegs war, und er sah auf die kleine runde Uhr unter dem Zündschlüssel: Der Zeiger für den T ank war schon ganz im roten Feld. Ewald fuhr so gut es noch ging an den rechten Rand und stellte die Maschine ab. Er ging nach hinten, schnallte einen der fünf Dieselkanister los, nahm den alten Blechtrichter aus dem W erkzeugfach, kletterte auf die Motorhaube, schraubte den T ankdeckel auf, steckte den T richter hinein und goss den Diesel vorsichtig aus dem Kanister. Er hatte dummerweise den Stutzen für den Kanister vergessen, wodurch das Dieselöl schwallartig aus dem Kanister kam und Ewald aufpassen musste, dass nichts daneben ging. Er wollte keinen Diesel verschenken, er brauchte jeden T ropfen bis rauf zur Ostsee.
Ein bärtiger Mann auf einem Fahrrad hielt neben ihm. Er sah Ewald beim T anken zu, und in seinen A ugen spiegelte sich Entsetzen.
»Was machen Sie da, um Himmels willen?«
Ewald fragte sich, ob der Mann vielleicht blind war.
»Ich füll Diesel ein. Das nennt man tanken.«
»Das sehe ich! A ber das Betanken von Fahrzeugen auf Brücken ist strikt untersagt.«
Das war Ewald neu. A ber er war noch nicht so oft auf Brücken gewesen.
»Drum gibt’s auf Brücken auch nie eine T ankstelle, gell?«
Der bärtige Mann schüttelte den Kopf.
»Wenn da was in die Donau tropft, zeige ich Sie an!«
»Wo fließt die überhaupts hin, die Donau?«
»Die Donau? Ja nach W ien. Respektive bis ins Schwarze Meer, über Budapest. A ber darum geht es jetzt gar nicht. Es geht darum, dass Öl in die Donau gelangt.«
»Bis jetzt hab ich ja noch nichts ausgschüttet.«
»Guter Mann, es geht ums Prinzip!«
Ewald sah sich den Mann an, und ihm kam ein V erdacht.
»Sie sind ein Lehrer, gell? Die Frau Brillisauer hat auch immer so ein Geschiss gemacht um diese Donau. Isar, Elbe, Lech und Inn, die fließen all zur Donau hin …«
»Doch die Elbe nicht! Das ist ja bodenlos! Da fragt man sich doch …«
Der bärtige Lehrer wusste im Moment allerdings nicht konkret, was man sich in einem solchen Fall fragte. Ewald goss weiter. Ein junger Mann aus dem Opel Calibra, der hinter der Raupe stand, kam auf den bärtigen Lehrer zu.
»Schwätz nicht rum, lass den Mann da sein Diesel einfüllen, damit’s endlich weitergeht. Davon geht’s auch nicht schneller, dass alle blöd rumstehn und eine dumme Gosch’ haben müssen!«
Ewald war der gleichen Meinung, aber er sagte nichts. Der Kanister war sowieso bald leer.
»Wie reden Sie denn mit mir? Bin ich denn nur noch von Idioten umgeben?«
»Pass auf, Kerle: Du wärst nicht der Erste, den man wegen einem blöden G’schwätz in die Donau g’schmissen hätt!«
Auch andere Leute waren ausgestiegen und riefen dem bärtigen Mann zu, er solle einfach seine Gosch’ halten und weiterfahren. Ewald nahm den T richter aus dem T
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