Rivalen der Liebe
ihre Schwächen und handle entsprechend .
Das war es nämlich, was ihn von anderen Wüstlingen unterschied: Für Simon waren Frauen nicht nur weibliche Wesen, die irgendwie alle gleich waren, sondern hübsche, unerträgliche, wundersame und einzigartige Menschen.
»Wie war Euer Tag, Julianna?«, erkundigte er sich. Noch eine Regel: Frag sie nach ihren Interessen . Viele Männer versagten auf diesem Gebiet. Vor allem wenn eine Frau sich nach dem Befinden des Mannes erkundigte, vergaßen sie diese goldene Regel nur allzu schnell.
Gleichzeitig bedeutete Roxbury dem Lakai mit einem verstohlenen Zeichen, ihr Glas nachzufüllen. Auch wenn er durchaus gute Strategien hatte, um eine Frau zu verführen, konnte ein kleiner Alkoholrausch dabei kaum hinderlich sein. Im Gegenteil .
»Werdet Ihr mir jetzt Vorhaltungen machen, weil ich Alistair in Euer Haus eingeladen habe?«, fragte Julianna misstrauisch und griff nach ihrem Weinglas. Für einen winzigen Augenblick irritierte ihn ihre Frage. Was glaubte sie denn bitteschön, was für ein Monster er war? Was zum Teufel war ihr früherer Ehemann für ein Ungeheuer gewesen, wenn sie sich mit solchen Überlegungen trug? Nach allem, was er so gehört hatte, war Somerset nicht gerade in der Position, sich über die Freunde seiner Frau zu beklagen, da seine eigenen Begleiterinnen nicht nur zahlreich gewesen sein mussten, sondern einen eher zweifelhaften Ruf genossen hatten.
»Natürlich nicht. Mein Haus ist Euer Haus«, antwortete Roxbury höflich. »Wenn es sich allerdings um einen Mann gehandelt hätte, der für mich eine Konkurrenz darstellen würde, lägen die Dinge anders«, konnte er sich zum Schluss jedoch nicht verkneifen anzufügen.
»Vielleicht sollte ich das nächste Mal ein paar Konkurrenten zum Tee einladen«, schlug Julianna mit spitzbübischem Lächeln vor.
»Ich würde dann nur glauben, dass Ihr versucht, meine Aufmerksamkeit auf Euch zu ziehen«, antwortete er.
»Natürlich würdet Ihr das glauben«, erwiderte sie vernichtend. Aber das war nur fair. Er tendierte jedenfalls nicht dazu, sein eigenes Verhalten zu beschönigen.
»Ich werde meinen Brandy zusammen mit der Dame des Hauses im Salon einnehmen«, wandte Roxbury sich nun an den Lakaien.
Statt einfach vorzugehen und zu erwarten, dass sie ihm folgte, stand er auf und bot ihr seinen Arm. Er führte sie in den Salon, wie es sich für einen anständigen Gentleman gehörte.
»Ihr verhaltet Euch irgendwie komisch«, sagte Julianna und musterte ihn misstrauisch.
Er konnte nur ironisch grinsen und dachte: Ich versuche gerade, dich zu verführen, Weib! Es ist ein Privileg, für das die meisten Frauen dieser Stadt ihren Ruf hergeben würden. Aber er erwähnte lieber keine anderen Frauen. Er hatte schon vor langer Zeit die Erfahrung gemacht, dass dieses Thema nur selten zu einem romantischen Gespräch führte.
Sie hakte sich lächelnd bei ihm unter, und gemeinsam brachten sie die zwanzig Schritte in das andere Zimmer hinter sich. Roxbury gefiel ihre Körpergröße. Das bedeutete, dass sein Hals vermutlich nicht auf Dauer schmerzen würde, wenn er sich zu ihr beugte, um sie zu küssen. So etwas passierte ihm nämlich häufiger mit kleinen Frauen. Das allerdings war auch wieder so ein Gesprächsthema, das er lieber nicht anschnitt.
Roxbury spürte ihre Anspannung, als sie so untergehakt nebeneinander gingen. Keine Frage, sie musste sich auf jeden Fall einmal ordentlich verausgaben, damit sie etwas lockerer würde. Am besten mit ihm zusammen.
»Eine ordentliche Runde bei Gentleman Jack hebt immer meine Stimmung. Das solltet Ihr auch einmal probieren«, schlug er mit einem Augenzwinkern vor.
»Ganz ehrlich, Roxbury?«, sagte sie und seufzte leise. »Ich glaube, das könnte mir schon gefallen.«
Die Möglichkeiten, die sich aus diesem Geständnis ergaben, waren für ihn sofort deutlich: Er würde ihr eine kleine Boxlektion erteilen. Und damit viele Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn dabei ließen sich die meisten seiner Grundregeln für die perfekte Verführung anwenden.
Regel Nummer eins: Unternehmt gemeinsam etwas, sei es eine Kutschfahrt, ein Walzer, ein Spaziergang im Park – oder eben eine Boxlektion . Wenn die Aktivität auch noch gewisse Gefahren mit sich bringt – umso besser!
Roxbury bevorzugte für seine Eroberung Regentage. An solchen – nicht an gleißend hellen Sonnentagen – unternahm er am liebsten eine Kutschfahrt mit der Lady seines Herzens. Eine Frau und eine Waffe – und wenn es nur
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