Röslein rot
steif, aber nicht ablehnend gefallen ließ.
Birgit zog ein Geschenkpäckchen aus der dunkelroten Handtasche aus Boxcalfleder. »Für euch beide«, sagte sie und reichte es Reinhard, der eine große Glaskugel aus lila Seidenpapier auswickelte.
- Sie gefiel mir.
»Wie hübsch«, sagte mein Mann, »die macht sich gut als Briefbeschwerer auf meinem Büroschreibtisch.«
Schließlich kam Birgit zur Sache. Reinhard habe ihr erzählt, daß er dringend eine Sekretärin brauche, sie habe Interesse an diesem Job.
»Nun ja«, sagte er, »Annerose hat mit den Kindern so viel zu tun, daß ich ihr den Schreibkram nicht mehr zumuten kann. Aber Birgit, ist das tatsächlich dein Ernst? Für diese Arbeit bist du doch überqualifiziert!«
Sie lachte. »O nein! Ganz im Gegenteil, ich verstehe von Architektur rein gar nichts mehr, von Büroarbeit eigentlich auch nicht viel. Aber ich komme mir immer wie eine Drohne vor, weil ich nicht wenigstens mein Taschengeld selbst verdiene. Alle meine Freundinnen sind berufstätig.«
»Wir können es ja probeweise versuchen«, sagte Reinhard, nicht ganz überzeugt. Wahrscheinlich dachte er einerseits an die unerledigte Korrespondenz, die sich angesammelt hatte, andererseits an unseren knappen Etat. Letzten Endes hätte er es lieber gesehen, wenn ich mich erneut zum Tippen bereit erklärt hätte.
Aber Birgit fragte gar nicht, was er zu zahlen gedachte, sondern bloß: »Wann soll ich anfangen?«
»Morgen«, antwortete Reinhard und stand auf.
Sie zögerte noch. »Ich soll von Mia einen Gruß an ihren Holzwurm ausrichten. Und wenn du etwas für sie fändest, das wäre einfach Klasse!«
Ich war neugierig genug, um plump »Wie, wo, was?« zu fragen.
Mia suche für ihren Laden antikes Baumaterial; bei Abbruchhäusern habe Reinhard doch sicher die Möglichkeit, etwas Außergewöhnliches zu requirieren.
Er nickte stolz und wies auf die vielen Eichenbohlen, die unser Haus erdrückten.
»Ja, Holz käme auch in Frage«, sagte Birgit und ließ einen kritischen Blick über unsere Bauernstube gleiten, »aber Mia denkt eher an Messingbeschläge, Schmiedegitter, Kamine, Türklinken, Natursteinsäulen, sogar Pflastersteine und Viehtränken für den Garten.«
Reinhard versprach, die Augen offenzuhalten.
Von vornherein hatte ich ein ungutes Gefühl. Zwar lehnte ich die ungeliebte Büroarbeit ab, die mir kaum Zeit für meine kreativen Pläne ließ, es gefiel mir indessen gar nicht, daß diese Birgit in Zukunft eng mit Reinhard zusammenarbeiten würde. Schließlich mußte sie ihn dauernd entweder im Büro oder hier zu Hause aufsuchen, um sich diktierte Kassetten zu holen und fertig geschriebene Sachen abzuliefern. Schon sah ich die beiden vor meinem geistigen Auge auf dem neuen Ledersofa turteln.
Als Birgit fort war, bekam ich, wahrscheinlich von ihrem Maiglöckchenparfum, einen allergischen Niesanfall. Reinhard meinte: »Ich dachte, du freust dich, daß dir das leidige Tippen jetzt abgenommen wird. Aber du machst ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter.«
Ich konnte mich nicht beherrschen: »Merkst du eigentlich nicht, daß es diese verwöhnte Kapitalistengattin auf dich abgesehen hat? Der Mann auf Reisen, die Tochter in Kanada! Sie ist allein zu Hause und langweilt sich in ihrem Bett. In Gottfrieds Chor hat es wohl nicht gleich mit einem Liebhaber geklappt, jetzt versucht sie es über einen Job.«
»Du blede Schnall!« sagte Reinhard.
Lucie rief mich an, besorgt, wie es uns beiden gehe. Ich war ein wenig verlegen, da ich mich für den Mißton auf ihrem schönen Sommerfest verantwortlich fühlte. Fast war ich in der richtigen Stimmung, um ihr von der durch Imke ausgelösten Ehekrise zu berichten. Ich fragte aber nur: »Lucie, bin ich krankhaft eifersüchtig?«
Sie lachte. Das Wort »krankhaft« in Verbindung mit Eifersucht sei eine männliche Erfindung, sagte sie. Der gesunde weibliche Instinkt, der schon im Vorfeld eines Ehebruchs gewisse Zeichen richtig deute, werde durch diese abwertende Bezeichnung als pathologisch hingestellt. In einer früheren Beziehung habe sie folgendes erlebt: Wenn ihr Verflossener (sie sagte »Kindsvater«) mit einer gewissen Frau sprach, bemerkte sie eine Veränderung in seiner Stimme, beim Anblick der Betreffenden ein Glitzern in seinen Augen und ein gesteigertes Interesse, wenn von ihr die Rede war. Lucie habe alles viel eher als er selbst geahnt. »Man kennt schließlich seine Pappenheimer«, schloß sie ihren Bericht.
»Ach Lucie«, seufzte ich, »du warst weise
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