Rolf Torring 110 - Der Herr von Pomaran
hatte er die Gestalt nicht gestellt und zum Reden gezwungen?
„Hinauf!" rief ich Pongo zu und eilte dem schmalen Pfade entgegen, der zur Höhe führte.
Pongo folgte mir, er schien die anfängliche Furcht vor dem „Tod" verloren zu haben. Der Pfad war oft sehr steil und so glatt, daß ich mehrfach ausrutschte. Endlich aber war ich oben, Pongo kam gleich hinter mir. Wir sahen weder Rolf und Balling noch die schwarze Gestalt mit dem Totenschädel. Öde und verlassen lag der Berggipfel da. Unschlüssig blickte ich umher, während Pongo den Boden nach Spuren absuchte. Ärgerlich schüttelte er den Kopf, als er sagte:
„Masser Torring nicht hier gewesen. ,Tod' muß weiche Schuhe tragen, hat keine Spuren hinterlassen."
Wir hatten von oben eine weite Übersicht über die Insel und konnten auch den Fluß erkennen, auf dem unsere Jacht lag. Sie selbst konnten wir nicht erkennen, wahrscheinlich wurde sie von Urwaldbäumen verdeckt. Unsere Einfahrt hatte man also von hier aus kaum beobachten können.
Wenn ich nur gewußt hätte, wo Rolf und Balling geblieben waren! Wir untersuchten den Berggipfel genau. Auf der anderen Seite zog sich ein schmaler Pfad zum Urwald hinunter. Ihn wollten wir benutzen, um auf diesem Wege zur Jacht zu gelangen. Dort wollte ich Maha abholen, der Rolfs Fährte gewiß finden würde. Hoffentlich war Kapitän Hoffmann auf dem Posten und hatte sich durch die Männer, die wir schon einmal gefangen hatten, nicht überwältigen lassen.
Bevor wir am Fuße des Berges in den Urwald eindrangen, schaute ich noch einmal zur Höhe zurück. Wieder stand dort oben der „Tod" und drohte uns mit erhobenem Arm. Obwohl die Entfernung viel zu weit war, zog ich die Pistole und gab einen Schuß ab. Ich wollte den Knochenmann auch gar nicht treffen, der uns bis jetzt ja noch nichts zuleide getan hatte, ich wollte ihm nur zu verstehen geben, daß wir nicht mit uns spaßen lassen würden. Gleichzeitig wollte ich durch den Schuß Kapitän Hoffmann warnen.
Der Tod auf dem Berge verschwand. Ich folgte Pongo in den hier nicht sehr dichten und kaum verwachsenen Urwald hinein. Der Pfad schien oft benutzt zu werden und führte in gerader Linie zum Fluß hinunter, auf dem unsere Jacht ankerte. Bevor wir an den Fluß kamen, mußten wir eine schmale Bambusbrücke überschreiten, die über ein zur Zeit ausgetrocknetes Flussbett geschlagen war.
Wir hielten uns mit der Untersuchung der Brücke nicht lange auf, sondern eilten weiter. Bald erreichten wir den Fluß und sahen ganz in der Nähe unsere Jacht. Sie ankerte in der Fahrtrinne des Flusses; der Kapitän konnte uns nur mit dem einzigen, sehr kleinen Boot, das noch an Bord war, hinüber holen lassen; der kleine Kahn trug nur zwei Mann. Hoffmann ließ das Boot eigenhändig zu Wasser und stieß es sehr kräftig ab, so daß es auch unbemannt langsam zum Ufer schwamm. Ich glaubte, Hoffmann deutlich erkannt zu haben, obwohl er die Schirmmütze tief ins Gesicht gezogen hatte, was sonst nicht seine Art war.
Mit Pongo zusammen bestieg ich das kleine Boot und wunderte mich, als wir wenig später die Jacht betraten, daß Hoffmann nicht an Deck zu sehen war. Auch Pongo schaute sich erstaunt um. Bald wurde uns alles klar, als vier Gestalten, darunter der Weiße, den wir schon einmal gefangengenommen hatten, auf uns zusprangen und uns acht Pistolen entgegenhielten. Der Weiße hatte Hoffmanns Kapitänsmütze auf dem Kopfe.
Ich hielt Pongo zurück, der sich sofort auf die bewaffneten Gegner stürzen wollte. Ein Angriff unsererseits wäre unsinnig gewesen.
„Hände hoch!" sagte der Weiße kurz.
Wir kamen der Aufforderung nach, wurden kunstgerecht gebunden und in die Mannschaftskabine getragen, wo man uns nicht gerade sanft auf den Boden fallen ließ.
„Da sind wir schön hereingefallen, Pongo," meinte ich voller Ingrimm. „Wo mögen Hoffmann und unsere Leute sein?"
„Hier!" meldete sich eine Stimme aus der Dunkelheit des Raumes.
Das war die Stimme unseres Kapitäns.
„Wir sind durch eine List getäuscht worden," fuhr Hoffmann fort. „Ist Herr Torring auch bei Ihnen? Und Herr Balling?"
„Rolf und Balling sind spurlos verschwunden," antwortete ich. „Wir kamen zur Jacht zurück, um Maha zu holen. Am Ufer dachten wir, Sie wären es, der an Bord stand; der Kerl trug aber nur Ihre Schirmmütze. So haben auch wir uns täuschen lassen. Wissen Sie, wo Maha ist, Kapitän?"
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