Romana Exklusiv 0225
verdienen, und das würde sie nicht schaffen, indem sie sich ihm an den Hals warf, selbst wenn sie sich so danach sehnte. Dass Marcos sie begehrte, war erst der Anfang. Falls sie …
Plötzlich erinnerte sie sich daran, dass Scott zu Hause auf sie wartete, der Mann, den sie vermeintlich liebte. Wie konnte sie eine Beziehung welcher Art auch immer mit Marcos also auch nur in Erwägung ziehen?
„Vermeintlich“ ist das entscheidende Wort, räumte sie ironisch ein. Falls sie Scott wirklich liebte, würde sich die Frage, ob sie das Richtige tat oder nicht, überhaupt nicht stellen. Wenn Marcos ein derart starkes Verlangen in ihr weckte, konnte sie Scott nicht heiraten. Sobald ich wieder zu Hause bin, muss ich klare Verhältnisse schaffen, überlegte Nicole und war froh darüber, dass sie endlich eine Entscheidung gefällt hatte. Und in der Zwischenzeit musste sie die Gefühle, die Marcos in ihr weckte, im Keim ersticken, so schwer es ihr auch fallen würde, sich von ihm fernzuhalten. Sie eignete sich nicht für die Rolle, die er ihr zuweisen würde.
Da sie zu nervös war, um jetzt Mittagsschlaf zu halten, ging Nicole nach oben in ihr Zimmer, um in einer der zahlreichen Zeitschriften zu lesen, die dort lagen. Zum Glück begegnete sie auf dem Weg dorthin niemandem. Das Lesen lenkte sie allerdings genauso wenig ab. Schließlich ließ sie es sein und lag einfach nur auf dem Bett, wobei sie sich fragte, was Marcos jetzt wohl machte.
Da sie erst in einigen Tagen abreiste, würde es ihr ungemein schwerfallen, sich von ihm fernzuhalten. Vermutlich konnte sie ihn nur auf Distanz halten, wenn sie ihm klarmachte, dass sie kein Interesse mehr an ihm hatte. So gut war es um ihre schauspielerischen Fähigkeiten jedoch nicht bestellt, zumal sie schon weiche Knie bekam, wenn er sie bloß ansah.
Gegen fünf kam wieder Leben ins Haus, aber Nicole blieb liegen. Zumindest habe ich eine Weile nicht an meinen Muskelkater gedacht, überlegte sie und verzog schmerzhaft das Gesicht, als sie sich bewegte. In den nächsten Tagen würde sie ganz sicher nicht reiten.
Um sechs kam Leonora in ihr Zimmer. „Warum hängst du hier herum?“, erkundigte sie sich. „Ich wollte mit dir Tee trinken und habe über eine halbe Stunde auf dich gewartet.“
„Tut mir leid“, erwiderte Nicole. „Du hättest es mir sagen sollen. Allerdings hätte ich nach dem reichhaltigen Mittagessen sowieso nichts essen können.“
„Tee trinkt man“, meinte Leonora trocken. „Auf Sandwiches und Kuchen verzichte ich sowieso immer. Außerdem hast du meine Frage nicht beantwortet, was du hier oben machst.“
„Ich habe zum Essen ein bisschen zu viel getrunken“, improvisierte Nicole. „Jetzt geht es mir besser.“ Bewusst wechselte sie das Thema. „Wegen heute Abend … Wenn es ein offizieller Anlass ist, habe ich nichts Passendes anzuziehen.“
„Dann sollten wir in mein Zimmer gehen und etwas für dich heraussuchen“, sagte ihre Stiefmutter. „Die Perazas feiern immer ganz groß.“ Während sie den Flur entlanggingen, fragte sie: „Du meidest nicht zufällig Marcos’ Gesellschaft, oder?“
„Warum sollte ich das tun?“, erwiderte Nicole ruhig.
„Na, so wie ihr beide euch beim Essen verhalten habt, würde ich sagen, dass da etwas im Busch ist. Eduardo war auch der Meinung. Er meinte, er hätte selten erlebt, dass Marcos so nahe daran war, die Beherrschung zu verlieren.“
Nicole zuckte die Schultern. „Vielleicht hat ihm die Hitze zu schaffen gemacht.“
„Ja, die Frage ist, welche Art von Hitze. Ihr wart heute Vormittag ziemlich lange weg.“
„Das ist noch ein Grund, warum ich mich heute Nachmittag ausruhen musste“, behauptete Nicole und ignorierte die Anspielung. „Es ist über ein Jahr her, dass ich das letzte Mal geritten bin.“
„Oh, natürlich. Scott reitet nicht, oder?“
Da sie nicht die Absicht hatte, Leonora von ihrem Entschluss zu erzählen, bevor sie ihn Scott mitteilte, ging Nicole nicht darauf ein. Es war schließlich nicht seine Schuld, dass sie dieses Hobby hatte fallen lassen.
Der Schrank, den Leonora diesmal öffnete, enthielt Abendgarderobe, und zwar größtenteils Designersachen.
„Ein paar davon hatte ich mir für die Kreuzfahrt gekauft, aber die meisten hat Eduardo mit mir in Caracas ausgesucht“, berichtete Leonora munter. „Die Modehäuser hier sind erstklassig.“ Sie nahm ein silberfarbenes Futteralkleid heraus und hielt es ihr an. „Das würde sehr gut zu deinem Haar passen. Außerdem hast du die
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