Rosa
Gefühl, dass er von einer Telefonzelle aus anrief oder aus einem Lokal.«
»Könnte es etwas damit zu tun haben, was hier geschehen ist?«
»Alles ist möglich. Im Haus war es dunkel und niemand öffnete. Da bin ich außen herumgegangen …«
»Warum?«
»Tja, warum?« Ich zuckte mit den Schultern. »Das alte Gefühl. Sie wären auch nachsehen gegangen. Eine Scheibe in der Hintertür war eingeschlagen und das alles hat mich misstrauisch gemacht.«
Hulst war stehen geblieben, ebenso wie ich. An dem Ort eines Verbrechens setzt man sich nicht hin, nicht auf einen Stuhl, auf dem womöglich der Täter gesessen hatte und der Spuren aufweisen könnte. Hulst ging zum Schaukelstuhl hinüber und bückte sich zum Hals des Toten. »Erwürgt«, sagte er.
»Vielleicht, um eine Identifizierung zu verhindern.«
Er nickte und ging an mir vorbei. Er hielt sich an den Laufgang. Am Büfett blieb er plötzlich stehen und starrte etwas an, das auf dem Fußboden davor lag. Er ging in die Hocke. Ich wollte eine Bemerkung machen, hielt mich aber zurück. Er war erfahren genug, nichts anzufassen.
Ich hockte mich neben ihn. Dort lag ein kanariengelbes Feuerzeug mit einer Disney-Ente darauf.
»Ich habe Dufour nie rauchen sehen«, bemerkte er.
»Hier stehen auch nirgendwo Aschenbecher.«
Wir hörten Geräusche im Flur und richteten uns auf. Jemand rief: »Hulst?«
»Ich bin hier.«
Zwei Männer erschienen in der Tür. Hulst hob eine Hand und winkte. »Da führt der Laufgang entlang, auch der von Meneer Winter. Er hat angerufen. Vorsicht mit dem Feuerzeug, es könnte von den Tätern stammen.«
»Kommen Sie erst mal da raus.«
Sie warteten, bis wir an der Tür waren. Einer der beiden Männer ging zum Schaukelstuhl. Der andere winkte uns in den Flur und sagte: »Bleiben Sie bitte hier stehen.« Er war ein dunkler Typ, um die dreißig, mit einer platten Nase und dem Körperbau eines Berufsboxers. Er ignorierte Hulst, nahm ein Notizbuch zur Hand und schaute mich feindselig an. »Wer sind Sie?«
»Max Winter. Und Sie?«
»Kripo Bezirk Arnheim. Was machen Sie hier?«
Ich wies mit einem Nicken auf Hulst. »Das habe ich Ihrem Kollegen schon erzählt.«
»Erzählen Sie es mir noch einmal.«
Ich ließ mich nicht so schnell von dem ungehobelten Benehmen ärgern, hinter dem manche Fahnder ihre Unerfahrenheit verbergen, aber ich sah, wie Hulst die Zähne zusammenbiss. »Meneer Dufour hatte mich gebeten, bei ihm vorbeizukommen, weil er einen Privatdetektiv suchte«, sagte ich.
»Ein Privatdetektiv. Großer Gott.«
»So heißen Sie?«
Er fand es nicht witzig. »Mein Name ist Hasselt. Was wollte dieser Sowieso von einem Privatdetektiv?«
»Der Mann hieß Dufour. Er wollte es nicht am Telefon mit mir besprechen.«
»Das klingt recht merkwürdig. Sie dürfen das morgen früh auf dem Präsidium erklären.«
»Ich glaube nicht, dass ich Zeit dazu habe«, entgegnete ich.
»Dann werden Sie sich die Zeit nehmen.« Er schaute Hulst an. »Haben Sie seinen Namen und seine Adresse notiert?«
Hulst schwieg. Der andere Mann kam aus dem Wohnzimmer. Er war älter und dicker als Hasselt und erheblich weniger fit. »Er sieht furchtbar aus«, sagte er. »Warten wir auf die Spurensicherung.« Er bemerkte die Stimmung. »Irgendwelche Probleme?«
»Nicht mit mir«, sagte Hasselt. »Aber dieser Meneer hier glaubt, er sei nicht zur Mitarbeit verpflichtet, weil er Privatdetektiv ist.«
Allmählich hatte ich genug von dem Mann. »Sicherlich ist es äußerst frustrierend für Sie, am Sonntagabend vom Fernseher weggeholt zu werden«, sagte ich. »Aber zu meiner Zeit war es üblich, höflich mit Bürgern umzugehen, die so freundlich sind, die Polizei anzurufen, wenn sie einen ermordeten Mann finden. Sonst überlegen sie es sich das nächste Mal nämlich zweimal und machen sich lieber wie der Blitz davon.«
Ich sah, wie sich Hasselts Kiefermuskulatur anspannte, doch der ältere Mann sagte beschwichtigend: »Was mit dem alten Mann geschehen ist, ist schon schlimm genug, wir sollten uns nicht auch noch am Tatort herumstreiten. Wir versuchen ja nur, unsere Arbeit zu tun.«
»Manchmal sind Mörder so schlau, selbst die Polizei zu rufen«, bemerkte Hasselt.
»Dann hätte ich hier aber lange auf Sie gewartet«, erwiderte ich. »Falls Sie mich meinen jedenfalls. Der Mann ist seit mindestens vierundzwanzig Stunden tot.«
»Woher wollen Sie denn das wissen?«
»Ist doch egal«, sagte der ältere Ermittler. »Er hat Recht.« Er schaute mich an.
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