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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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eigene Faust?«
    Hulst lachte. »So eine Frage brauche ich nur zwei, drei Leuten zu stellen, und schon verbreitet sie sich wie ein Lauffeuer im ganzen Dorf. Otterlo ist übrigens ziemlich erschüttert, jeder kannte Dufour, obwohl man im Grunde kaum etwas über ihn wusste, das sagte ich ja schon. Die Haushälterin konnte auch nur wenig Auskunft geben. Dufour lebte so vor sich hin, bekam kaum Besuch, fuhr selten weg, nur gelegentlich nach Antwerpen.«
    Ich schrieb es mir auf. »Was wollte er in Antwerpen?«
    »Das hat er der Haushälterin nie erzählt. Sie wusste es, weil sie einmal eine Zugfahrkarte Arnheim-Antwerpen gefunden hatte.«
    »Wann ist die Beerdigung?«
    »Er ist noch nicht von der Autopsie in Rijswijk zurück. Ich glaube, Mittwoch oder Donnerstag.«
    »Bitte sag mir Bescheid, ich möchte gern dabei sein. Sollte ich vorher etwas entdecken, melde ich mich bei dir.«
    »In Ordnung. Auf Wiederhören.«
    So etwas sagte man wahrscheinlich nur noch in Otterlo.
    Ein Streifenwagen stand in zweiter Reihe geparkt. »Fahr weiter.«
    Nel zwängte den BMW vorbei. »Wohnt sie da?«
    »Sie hat Besuch von den Kollegen. Rechts ab.«
    Sie ließ einen Roller vorbei, bog in die Querstraße ein und danach wieder rechts ab in die Lindengracht. »Die waren aber rasch zur Stelle«, bemerkte sie. »Was machen wir jetzt?«
    »Halt mal kurz an.«
    »Ich sehe nirgendwo einen Parkplatz.« Sie hielt mit laufendem Motor dicht neben den parkenden Autos gegenüber der Academie. Fahrradfahrer kurvten um uns herum. »Vielleicht an der Gracht?«
    »Nicht nötig.« Ich nahm das Blatt Papier mit den Adressen. »Ich warte hier, bis sie weg sind. Fahr du schon mal zu der Freundin von Laacken und überprüfe sein Alibi, vielleicht kommt dabei etwas heraus.«
    »Wie sieht diese Betty aus?«
    »Ziemlich sexy.« Ich steckte mein Handy in die Tasche. »Sie redet bereitwilliger, wenn ich allein komme.«
    Nel grinste. »Du hast das also schon von vornherein so geplant?«
    »Könnte sein, dass Laacken seine Freundin noch nicht angerufen hat, und je eher du da bist, desto besser. Wir sind die Einzigen, die diese Spur verfolgen, und es wäre dumm, die Routineermittlungen zu vernachlässigen. Wenn du bei ihr fertig bist, überprüfe noch einmal Kars, über Lily oder Bart. Ich rufe dich an.«
    »Willst du damit sagen, dass du vorerst nicht gestört werden möchtest?«
    »Ich hoffe, in einer halben Stunde kommen zu können«, antwortete ich.
    Sie boxte mich in die Rippen. »Raus mit dir, du Fiesling!«
    Ich grinste. Sie streckte den erhobenen Mittelfinger aus dem Fenster, als sie mit aufheulendem Motor davonfuhr.
    Ich schlenderte zur Lijnbaansgracht. Auf der anderen Seite klingelte eine Straßenbahn den stockenden Verkehr aus dem Weg. Die Hausboote auf dieser Seite machten einen besseren Eindruck als früher, vielleicht weil es Sommer war oder weil alle seit damals reicher geworden waren. Der alte Botter, in dem Tiffany damals die kleine Nutte gefunden hatte, die an ihrer Stelle ermordet worden war, war weg. Abgewrackt, versenkt, in die Provinz abgeschleppt und zum Entenzüchten verwendet, was immer man auch mit abgedankten Bottern anfing.
    Ich dachte an Tiffany, eine verirrte Straßendirne mit Taubenaugen, die, wenn alles gut gegangen war, nicht mehr nach Heroin gierte und irgendwo in Apeldoorn in einer Kinderkrippe arbeitete. Man berührt sie und sie verschwinden, Schatten, die sich in den Kulissen auflösen, unglücklich, glücklich, arm, reich, tot, Männer, Frauen, Opfer, Gewinner, meine Geisterfamilie.
    Ich wartete an der Ecke Goudsbloemstraat. Eine mollige Frau, die aussah wie eine Mutter von sechs Kindern, fragte mich, ob ich Gesellschaft suche. Ich lehnte dankend ab, aber sie blieb beharrlich, sie habe ein gemütliches Hausboot ganz in der Nähe. Ich fischte zwanzig Euro aus meinem Portmonee, um sie loszuwerden, aber sie wollte das Geld nicht annehmen, ohne eine Gegenleistung zu erbringen.
    Zwei Uniformierte kamen aus Bettys Haus. Einer zog die Tür hinter sich zu und blickte sich um, während der andere sich durch die dicht an dicht geparkten Autos zu dem Streifenwagen durchzwängte. Die Frau folgte meinem Blick, verlor das Interesse an mir und machte sich blitzschnell aus dem Staub. Dabei hätte sie kein Mensch wegen Prostitution verhaftet. Womöglich war ihre Berufsehre genauso falsch wie die Cartier-Uhren und Gucci-Taschen auf dem Markt und sie wurde polizeilich gesucht, weil sie naive Provinzler auf ihr Boot lockte, wo sie sie mit einem

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