Rosa
zu Ende zu führen.«
»Betty sagte, sie suche einen Erben.«
»Das kommt vielleicht noch hinzu.«
»Galip hat großes Glück gehabt, er hat alles gut überstanden. Aber in den letzten zwei Jahren haben wir nur wenig Kontakt gehabt. Muss ich mir Sorgen machen?«
Ich dachte an CyberNel und ihre Sorgen, aber hier sprach nur die Mutter eines gefährdeten Sohnes. »Er ist seit ein paar Tagen spurlos verschwunden«, sagte ich vorsichtig. »Kommt das öfter vor?«
Gerda erwiderte achselzuckend: »Ich sehe ihn nur selten, er lebt sein eigenes Leben, ich weiß kaum, was er so treibt. Er telefoniert auch nicht gerne.«
»Hatten Sie vor der Operation mehr Kontakt zu ihm?«
Sie nickte. »Er kam immer zu seiner Mutter, wenn er unglücklich war oder Probleme hatte.«
»Liebeskummer?«
Sie runzelte die Stirn. »Woher wissen Sie das?«
»Sind Sie ihr je begegnet?«
»Nein, aber ich sah, welchen Einfluss sie auf ihn hatte. Er begann, sich für andere Dinge zu interessieren, und kaufte neue Kleidung, sie stammte aus einem sehr noblen Milieu. Galip war ganz hin und weg.« Sie schüttelte den Kopf. »Fast wie im Fernsehen, aber die große Liebe mit unglücklichem Ausgang liegt bei uns in der Familie.«
»Betty hatte noch nie von Rosa gehört«, sagte ich.
Sie erschrak. »Woher wissen Sie ihren Namen?«
»Es ist mein Beruf, so etwas herauszufinden.«
Sie biss sich auf die Lippen. »Ich war die Einzige, mit der er über Rosa redete. Sie hielten ihre Beziehung geheim, weil ihre Eltern es niemals erlaubt hätten. Sie ging noch zur Schule, aber sie schmiedeten allerlei romantische Pläne, wollten nach ihrem Abschluss abhauen und heimlich heiraten, dann hätte ihre Mutter sich damit abfinden müssen. Die Mutter war nämlich das größte Problem, meinte Galip.«
»Hat er sie je kennen gelernt?«
»Nein. Nur den Vater. Er …« Sie zögerte und seufzte. »Ach, ist ja jetzt alles lange her, warum sollten Sie es nicht erfahren. Eines Tages kam Galip völlig außer sich zu mir. Rosa war schwanger und sie hatten sich furchtbar gestritten, weil sie abtreiben wollte. Galip war strikt dagegen, er wollte das Kind behalten, vielleicht weil er halber Türke ist, manchmal war mir, als hörte ich seinen Vater reden, der hätte auch nichts davon wissen wollen, obwohl er eine Frau und Kinder in der Türkei hatte. Nicht dass ich vorhatte abzutreiben, ich liebte diesen Mann und wünschte mir ein Kind von ihm, verheiratet oder nicht, und im Übrigen war ich sechsundzwanzig und unabhängig. Dieses Mädchen dagegen war kaum achtzehn, das ganze Leben lag noch vor ihr.« Sie zuckte mit den Schultern. »Manchmal denke ich auch bei mir, dass Galip das Kind vor allem deshalb wollte, um sie an sich zu binden.«
»Meinen Sie, er war sich ihrer nicht so sicher?«
Gerda seufzte. »Es mag altmodisch klingen, aber so ist Galip nun mal. Er versuchte, Rosa zu überzeugen, dass das ihre Chance sei, dass sie die Schwangerschaft nur so lange verheimlichen müsse, bis es zu spät für eine Abtreibung sei, und dann müssten ihre Eltern akzeptieren, dass sie heirateten.« Sie schüttelte den Kopf. »Mein Sohn neigt seit jeher dazu, sich alles zu einfach vorzustellen und zu vergessen, dass er nur ein kleiner Barkeeper ist und … na ja, er hatte auch schon mal mit der Polizei zu tun. Diese Familie hätte ihn niemals akzeptiert. Ich habe ihm vorausgesagt, dass sie Rosa ins Ausland schicken würden, um dort das Kind zur Welt zu bringen und anschließend zur Adoption freizugeben. Ich habe ihm auch vorgehalten, dass man ein Kind nicht dazu benutzen dürfe, seinen Kopf durchzusetzen, und ihm erklärt, sein Mädchen habe Recht, wenn sie es nicht wolle, sie sei viel zu jung. Er schrie mich an, ich würde rein gar nichts verstehen, und dann fing er an zu weinen, und ich wusste nicht, was ich tun sollte, um ihn zu trösten, er ließ nicht mit sich reden.«
Sie schwieg. »Armer Junge«, sagte sie dann.
»Warum hat er sich an Rosas Vater gewandt?«, fragte ich.
»Weil er nicht glauben konnte, dass sie wirklich abtreiben wollte und es vorbei war. Er war bis über beide Ohren verliebt, da ist man blind. Vielleicht hatte sich ihre Liebe zu ihm abgekühlt oder ihr gingen die Augen auf, als sie merkte, dass sie schwanger war, und sich ihr zukünftiges Leben ausmalte. Galip konnte das nicht verstehen, er war davon überzeugt, dass ihre Eltern ihr das mit der Abtreibung eingeredet hatten. Deshalb fuhr er hin, sie wohnt in einem tollen Haus an der Herengracht, sogar mit
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