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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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schnell ritt, obwohl es keine Eile gab, wieder nach Paris zu kommen?
     Ich sehe dafür nur einen Grund: Weil er so wortkarg und verschlossen war, konnte er |246| durch diesen wilden Galopp seine Freude darüber ausdrücken, daß er die Großen bezwungen hatte, daß er zum dritten Mal seine
     Mutter zum Gehorsam gebracht und daß er den katholischen Glauben im Béarn und in Navarra durchgesetzt hatte. Wenn meine Stute
     mich dann und wann auf gleiche Höhe mit ihm trug, sah ich ihn vorgebeugt im Sattel, den Hut in der Stirn und den Schatten
     eines Lächelns im undurchdringlichen Gesicht. Dann glaubte ich zu empfinden, was er empfinden mochte. Nachdem er durch die
perfezione
seiner Ehe bewiesen hatte, daß er sogar der Gatte einer spanischen Infantin sein konnte, hatte er nun im Angesicht Spaniens,
     des Erbfeinds, gezeigt, daß er für seine ganze Herrschaft ein Soldatenkönig sein würde wie sein Vater.
    Ein für allemal war es vorbei mit den Kränkungen, den Affronts und den Demütigungen der Regentschaft. Von jetzt an war er
     wirklich Herr in seinem Reich.
    Im Louvre nun, glücklich, sein Pflaster mit festem Schritt zu betreten, ging Ludwig, seiner protokollarischen Pflicht getreu,
     die Königinmutter begrüßen und seine Wangen den mütterlichen Lippen darzubieten, die ihn in sieben Jahren Herrschaft kein
     einziges Mal geküßt hatten. Dann brachte er seinen Respekt der jungen Königin dar und überreichte ihr einen diamantbesetzten
     Ring, und er begleitete sein Geschenk mit liebevollen Blicken und herzlicher Umarmung. Hierauf erlaubte er sich einigen Überschwang
     mit Henriette, die er als dritte begrüßte. Seit ihre älteren Schwestern verheiratet waren, nannte man sie Madame. Sie war
     elf Jahre alt und koketter als keiner anderen guten Mutter Kind in Frankreich, und ihr Gesicht hatte etwas so Anziehendes,
     daß alle sie liebten. Ludwig schenkte ihr einen ovalen silbernen Spiegel, dessen Griff die drei umschlungenen Grazien bildeten.
     Sie waren in lange Schleier gehüllt, was den Anstand auf Kosten der Schönheit befriedigte. Aber so, wie er war, gefiel Henriette
     der Spiegel, die ihrem großen Bruder um den Hals fiel. Und er drückte sie an sich und ließ sie durch den Raum wirbeln, ohne
     daß ihre kleinen Füße den Boden berührten.
    Während der ganzen vierzehn Tage jenes Gewaltritts vom Süden nach dem Norden seines Reiches hatte Ludwig, wie ich beobachtete,
     wenig gegessen. Als ob er sich vom Ruhm seiner Waffen nährte und als ob diese Speise ihn jede andere vergessen |247| ließ. Auch an diesem Abend beendete er sein Souper ungewöhnlich schnell, nachdem er von allem nur gekostet hatte, und als
     er aufstand, verkündete er, er wolle das Lager der Königin teilen. Er wurde ungeduldig, als Berlinghen den Degen nicht gleich
     fand, den er blankgezogen zwei Schritt hinter dem König hertragen mußte, wenn Seine Majestät sich zu seiner Gemahlin begab.
     Das Gefolge, das hinter Berlinghen her eilte, bestand diesmal nur aus Luynes, dem Grafen de La Rochefoucauld, Héroard und
     mir. Und es war keiner unter uns, der nicht verstand, daß es Ludwig drängte, nun anderen Lorbeer zu pflücken und die Ruhe
     des Soldaten zu genießen bei seiner Königin.
    ***
    Als ich sah, daß die Dinge des Königs so gut standen, erbat ich mir von ihm einen mehrtägigen Urlaub, um meine Herrschaft
     Orbieu zu besuchen. Das letzte Mal war ich kurz im Januar 1620 dort gewesen, als ich auf inständiges Bitten des Pfarrers Séraphin
     zur Messe mein Kreuz des Heiligen-Geist-Ordens trug. Und obwohl Monsieur de Saint-Clair mich in seinen langen Briefen fast
     jede Woche bis ins kleinste unterrichtete, was auf meinem Gut vorging, welche guten Erträge wir auch in diesem Jahr wieder
     erzielt hatten, war ich sehr begierig, das Auge des Herrn auf mein Eigentum zu werfen. Auch lockte es mich, jene Laurena de
     Peyrolles kennenzulernen, in die mein Saint-Clair so verliebt war.
    Ihr Vater, dem ich schon zwei- oder dreimal begegnet war, hatte früher das Amt eines Untersuchungsrichters innegehabt, dank
     dessen er in den Amtsadel aufgestiegen war. Älter geworden, hatte er sein Amt verkauft und den größeren Teil des Erlöses mit
     gutem Zinsertrag angelegt. Von dem anderen Teil hatte er das Gütchen Peyrolles gekauft, das an meine Herrschaft grenzte. Es
     umfaßte ein hübsches Haus und nicht geringe Ländereien, die er mit viel Mühewaltung und Verstand beackerte. Nachdem die alte
     Marquise de Peyrolles, die ihm das Gut

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