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Rot wie das Meer

Titel: Rot wie das Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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auf damit«, sage ich zu ihm und er hört auf. Ich glaube, ich habe eine Entscheidung getroffen.
    »Nun mach schon, Mädchen«, drängt der Händler schließlich. Die Muskeln der Stute zucken unter ihrer Haut.
    Das hier bin nicht ich.
    »Tut mir leid«, sage ich. »Ich hab's mir anders überlegt.«
    Ich sehe gerade noch, wie er genervt die Augen verdreht, bevor sich die Welt in ein verschwommenes Chaos verwandelt. Ein schwarzweißer Blitz stiebt an mir vorbei und ich werde von meinem Felsen gestoßen. Mein Atem zischt in einem gigantischen Keuchen aus meinen Lungen, als ich mit dem Rücken auf den Boden pralle. Meine Wange ist plötzlich warm und nass. Als die Stute über mir steigt, höre ich einen Schrei, und im selben Moment wird mir klar, dass das Nasse in meinem Gesicht Blut ist, das von irgendwo oben kommt, nicht von mir. Von dem Ding, das die gescheckte Stute zwischen den Zähnen hält.
    Ich rolle mich aus der Reichweite ihrer Hufe, wische mir den Sand aus den Augen und versuche, mich aufzusetzen. Wieder zu Atem zu kommen. Etwas zu sehen. Die Stute senkt den Kopf und schüttelt ihre dunkle Beute. Sie reißt sie auseinander, während sie einen Teil davon mit dem Huf am Boden festhält. Blutlachen bilden sich im Sand.
    Ich schreie Finns Namen.
    Die Ohren flach an den Kopf gelegt, schleudert die Stute nun ein Stück ihrer Beute in meine Richtung. Ich stoße einen Laut aus, der halb Japsen, halb Schluchzen ist, und springe vor dem blutigen Körperteil zurück. Etwas Langes, Glitschiges hängt an einer Seite heraus,
    wie die Tentakel einer Qualle. Ich will mich einfach nur hinknien und aufhören zu denken.
    Das Stück vor mir ist mit kurzem, dunklem Fell bedeckt, in dem Sand und Blut kleben. Es ist kaum noch wiederzuerkennen, nichts als blutiger Matsch. Ich habe das Gefühl, mich jeden Moment übergeben zu müssen.
    Es ist der Hund.
    Leute schreien: »Sean Kendrick!«, ich aber schreie nur: »Finn!«, und da ist er endlich. Er sieht aus wie ein Abguss der sonderbaren Schnitzereien im Eingangsbereich der Kirche von Skarmouth, kleine alte Männer mit großen, runden Augen.
    Er sagt: »Ich dachte ...«
    Ich weiß, was er meint, denn ich habe dasselbe gedacht.
    »Bitte, du darfst sie nicht reiten«, fleht Finn eindringlich. Ich kann mich nicht erinnern, wann er mich das letzte Mal um etwas gebeten und es so ernst gemeint hat. »Keines von ihnen, bitte.«
    »Mache ich nicht«, erwidere ich. »Ich reite Dove.«

9
    Sean An diesem Abend, lange nachdem die Flut auch die Letzten zurück ins Inselinnere getrieben hat, führe ich Corr hinunter an den Strand. Unsere Schatten liegen riesenhaft vor uns; zu dieser Jahreszeit wird es gegen fünf dunkel und der Sand beginnt bereits kühl zu werden. Ich lasse den Sattel und meine Stiefel am oberen Ende der Bootsrampe zurück, wo noch Gras aus dem weichen Boden sprießt. Corrs Blick ist auf das Meer gerichtet, das sich nun langsam wieder vom Land zurückzieht.
    Wir hinterlassen frische Spuren im Sand, den die See festgedrückt hat; er fühlt sich eisig unter meinen nackten Sohlen an, besonders als kaltes Wasser aus dem Sand sickert und meine Haut benetzt. Eine Wohltat für meine schwieligen Füße.
    Das Ende des ersten Tages, des endlosen ersten Tages. Der Strand hat seine Opfer gefordert. Ein Junge ist vom Pferd gestürzt und hat sich die Stirn an einem Felsen aufgeschlagen. Ein Mann wurde gebissen, schaurige Wunde, aber nichts, was ein Glas Bier und ein paar Stunden Schlaf nicht lindern könnten. Und dann der Hund. Es hat mich nicht im Geringsten überrascht, dass sein grausamer Tod auf das Konto der Scheckstute ging.
    Alles in allem hat es schon schlimmere erste Trainingstage gegeben.
    Ab heute Abend werden bei Gratton die Anmeldungen entgegengenommen. Ich werde meinen und Corrs Namen auf die Liste setzen, auch wenn mir dieser Akt im Moment wie eine Formalität erscheint. Dann steht uns eine chaotische Woche bevor, voller hektischer Ein-
    heimischer und Touristen, die alle möglichen Pferde ausprobieren, um zu sehen, ob sie die Nerven haben, bei dem Rennen mitzureiten, und wenn ja, ob sie dann auch noch die Nerven haben, dies mit dem Pferd zu tun, auf dem sie gerade sitzen. Pferde werden gekauft, verkauft, ein- und ausgetauscht. Männer werden zu Besitzern, Fünftelpartnern, Reitern.
    Ich finde diese Phase ermüdend. Zu viel Verhandeln und zu wenig Training. Ich bin jedes Mal erleichtert, wenn das große Fest die erste Woche für beendet erklärt und die Reiter offiziell ihre

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