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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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wollte? Gäste vermittelten oft den Eindruck, interessierter zu sein, als sie tatsächlich waren. Peter studierte die Form der Felsformation. Die Augen hatte er konzentriert zusammengekniffen. »Der Legende nach«, sagte Mara, »haben sich die Riesen auf eine große Schlacht vorbereitet. Sie haben sich Felsblöcke zurechtgelegt, die sie auf ihre Feinde schleudern wollten. Aber dann kam ein großer Regen und wusch alle Riesen weg. Nur der Haufen Steine blieb zurück.«
    Peter legte den Kopf schräg und betrachtete den Felsen nachdenklich. »Jetzt, wo Sie mir die Geschichte erzählt haben, sieht er gar nicht mehr aus wie ein Löwe.«
    Mara öffnete überrascht den Mund. Als Kefa ihr damals die Geschichte erzählt hatte, hatte sie genau das Gleiche geantwortet.
    »Ich weiß«, erwiderte sie.
    Sie standen da und blickten über die Ebene. Peter beugte sich vor, die Arme auf dem Ast des Feigenbaums aufgestützt. Seine Hände, stellte Mara fest, wirkten überraschend stark, an einigen Stellen hatten sie sogar Schwielen. Und die Manschetten seiner Hemdsärmel waren durchgescheuert. Man konnte ihn beinahe für eine ganz gewöhnliche Person halten.
    Sie schwiegen – eine Stille entstand, die nicht einmal das ferne Brummen des Generators oder die Schreie der Webervögel durchbrechen konnten. Mara genoss den Frieden eine Zeitlang, aber schließlich hatte sie das Gefühl, Konversation machen zu müssen.
    »Reisen Sie gerne?«, fragte sie. »Sie sind vermutlich häufig unterwegs.«
    »Ich liebe es«, erwiderte Peter und schaute Mara an. »Aber meine vier Kinder fehlen mir – und Paula, meine Frau, natürlich auch. Ich frage mich ständig, was sie wohl zu Hause gerade machen.«
    »Sie wünschen sich bestimmt, dass sie mitkommen könnten«, sagte Mara und dachte an die kleine Gruppe auf dem Foto.
    Peter holte tief Luft und stieß sie leise seufzend wieder aus. »Ja, das ist wahr – allerdings fände Paula es hier schrecklich. Sie wäre außer sich vor Angst, dass die Kinder krank werden oder von einer Schlange gebissen werden könnten. Sie ist eine echte Stadtpflanze und zieht Bürgersteige auf jeden Fall Buschpisten vor. Das ist schade, weil ich nichts lieber tue, als mich abseits von eingefahrenen Wegen zu bewegen.« Leise Wehmut lag in seiner Stimme, aber er verbannte sie mit einem Lächeln. Liebevoll wie ein Vater, der die Unzulänglichkeiten seines Kindes beschreibt, fuhr er fort: »Sie ist immer schon so gewesen. So ist sie eben.«
    »Nun, sie hat auf jeden Fall viel zu tun, wenn sie sich um vier Kinder kümmern muss«, sagte Mara. Aber sie konzentrierte sich nicht wirklich auf ihre Erwiderung, weil sie neidisch nur daran denken konnte: Paulas Mann akzeptierte sie so, wie sie war. Er verlangte nicht von ihr, dass sie sich änderte. Er erwartete nicht von ihr, dass sie irgendwo hinging, wo sie nicht sein wollte.
    Wo blutige Stoßzähne auf dem Boden liegen. Und abgetrennte Füße – riesengroß und grau – an Seilen von den Ästen eines Baumes baumeln.
    Peter zog den Ärmel seines Hemdes herunter. »Zeit, zu gehen«, sagte er. »Ich muss gleich wieder am Set sein.«
    Er ließ Mara als Erste hinunterklettern, dann rutschte er hinter ihr her. Der Ranger stand immer noch an derselben Stelle, das Gewehr über den Arm gelegt.
    Der letzte Rest des Tageslichts drang durch den Spalt in den blauen kitenge- Vorhängen von Lillians Rondavel. Sie waren fest zugezogen, und die Tür war geschlossen. Der Raum war beleuchtet vom gelblichen Schein einer einzelnen elektrischen Glühbirne, die weiche Schatten über Lillians Gesicht und Körper warf. Sie trug nur ihren seidenen Unterrock und sah aus wie eine griechische Göttin, in Stein gemeißelt von einem meisterhaften Bildhauer. Sie beugte sich über ein tiefes Emailbecken, so dass die langen, dunklen Haare ihr wie ein Schleier vors Gesicht fielen. Mara stand hinter ihr, bereit, noch mehr heißes Wasser darüberzuschütten. Im seifigen Wasser trieben Lillians Haare wie Algenstränge im Meer, und Mara fand, dass es seltsam bedrohlich aussah, als ob Lillian ertrinken würde.
    Mara blickte auf den Wasserkrug, den sie in der Hand hielt. Dampf stieg daraus auf und machte die warme Luft noch heißer. Sie atmete den Duft des teuren Shampoos ein, der sich mit dem scharfen, blumigen Geruch aus den Gläsern mit Gin Tonic mischte, die Lillian von Kefa zur Hütte hatte bringen lassen.
    »Ich habe einen Sundowner verdient«, sagte sie zu Mara. »Und Sie auch.«
    Als Lillians Haare schließlich zu

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