Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold (German Edition)
Ihre Mutter ging tatsächlich einen Schritt zur Seite, aber sie redete weiter wie ein Wasserfall.
»Da hab ich zu ihr gesagt, sie müsse sich unbedingt auch eine taubenblaue Oscar-Birdet-Jacke kaufen; Taubenblau steht Rothaarigen wirklich gut.«
Auf einen Schlag wurde Ruby hellhörig: Okay, es gab auf der Welt sicher viele große hübsche elegante rothaarige Frauen, aber ihre Mutter stolperte in letzter Zeit wirklich über erstaunlich viele!
»Ach, übrigens«, fuhr ihre Mutter fort. »Schön, dass du zur Abwechslung mal wieder deine Kontaktlinsen trägst. Ich verstehe nicht, warum Brillen plötzlich wieder so in Mode sind! Diese Frau, von der ich dir gerade erzählt habe, trug übrigens auch eine – eine Brille mit den größten getönten Gläsern, die ich je gesehen habe! Ein Jammer, denn dadurch konnte man ihr Gesicht kaum sehen.«
Bingo! Es konnte nur sie sein, die Frau aus dem Hotel, vom Square, aus dem Auto und natürlich vom Flughafen – okay, es gab Zufälle und es gab Pech, aber bei ihrer Mutter häufte sich in letzter Zeit beides. Ihre Mutter redete weiter und weiter, aber Ruby hörte längst nicht mehr zu – sie dachte nur noch an den kleinen Mann mit dem riesigen Schnauzbart. Was hatte er mit der ganzen Sache zu tun?
Und dann ging ihr plötzlich ein Licht auf.
»Du, Mom, erinnerst du dich noch an den Mann im Flughafen, den mit dem auffälligen Schnurrbart?«
»Klar, wie könnte ich den vergessen?! Meine Jacke wird sicher nie mehr wie früher aussehen!«, seufzte Sabina.
»Er hat dir nicht zufällig etwas gegeben, oder?«
»Was willst du damit sagen, Ruby? Warum hätte er mir etwas geben sollen?«
»Oh, ich weiß nicht … aber könnte er dir etwas in die Tasche gesteckt haben, ohne dass du es bemerkt hast?«
»Warum hätte er mir etwas in die Tasche stecken sollen? Hätte er mir etwas geben wollen, hätte er es mir doch wie ein normaler, höflicher Mensch in die Hand geben können!«
Ruby holte tief Luft. »Weißt du, so was passiert ständig in Crazy Cops , wenn jemand verfolgt wird – egal, ob von der Polizei oder von Verbrechern. Der Betreffende rempelt eine wildfremde Person an und steckt ihr heimlich etwas zu – einen Geheimcode, Rauschgift oder sonst etwas Wertvolles. Vielleicht etwas, das er gestohlen hat.«
»Aber Ruby! Ich kann dir versichern, dass ich es gemerkt hätte. Dieser Hosenanzug ist total enganliegend, die Taschen sind nicht dafür gedacht, etwas hineinzustecken! Dann wäre die ganze Silhouette im Eimer!«, sagte ihre Mutter mit großer Bestimmtheit.
»Mal angenommen …«, sagte Ruby nachdenklich, »es war etwas sehr, sehr Kleines, zum Beispiel ein Zettel oder ein kleiner, aber sehr wertvoller Gegenstand, zum Beispiel ein Ring oder ein Schlüssel?«
»Bei einem Ring oder einem Schlüssel würden die Metalldetektoren Alarm geben – und ich musste durch die Kontrolle, bevor wir in den Flieger stiegen. Und wenn etwas in der Tasche gewesen wäre, hätte mich die Reinigung längst angerufen und Bescheid gesagt – das tun sie immer. Ach übrigens, in deiner Jacke haben sie eine Uhr gefunden!«
»Ach, ja?«, sagte Ruby. »Ich habe sie schon vermisst … aber in deiner Tasche wurde nichts gefunden?«
Sabina betrachtete ihre Tochter verwundert und sagte: »Sag mal, worauf willst du eigentlich hinaus, Ruby?«
Als Ruby den Blick ihrer Mutter sah, wurde ihr klar, dass es absolut sinnlos gewesen wäre, ihr zu erklären, dass ein kleiner schnauzbärtiger Mann ihr höchstwahrscheinlich und aus noch unbekanntem Grund heimlich etwas zugesteckt hatte. Etwas, hinter dem andere Leute – genau genommen skrupellose Verbrecher – verzweifelt her waren. Es war kein Zufall, dass das Gepäck ihrer Eltern verschwunden war und dass gleich am nächsten Tag ihr ganzes Haus ausgeraubt wurde. Mrs Digby war nicht verreist, weil sie beleidigt war, sondern sie war höchstwahrscheinlich zusammen mit dem ganzen Hausrat gestohlen worden. Und ihre Mutter konnte von Glück sagen, dass sie nicht auch entführt worden war – es hatte schließlich mehrere Versuche gegeben. Aber ihre Mutter würde ihr das bestenfalls nicht glauben und schlimmstenfalls in Panik geraten.
Ruby holte tief Luft und sagte: »Ach, nichts, wahrscheinlich sehe ich einfach zu viel fern.«
»Das kannst du laut sagen«, sagte Sabina und tätschelte ihrer Tochter den Kopf. »Sagt dein Vater auch.«
Endlich verließ sie das Wohnzimmer, und Ruby ließ sich noch einmal durch den Kopf gehen, was sie soeben erfahren hatte. Stimmt,
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