Rückkehr nach St. Elwine
woher sollte sie die Gewissheit nehmen, dass er nicht nur mit ihr spielen würde. Wenn nur dieses verdammte Misstrauen nicht wäre. Liz seufzte und blickte auf die Uhr. Zeit für die Visite. Entschlossen stand sie auf und begann mit ihrer Arbeit.
22. Kapitel
Liz gab ein befriedigtes Murmeln von sich. Sie lag auf der Liege in Bonny Sue`s Schönheitssalon und ließ sich massieren.
„ Siehst du", flötete Bonny.
„ Mir war gleich klar, was du nötig hast, als ich dich gestern beim Patchwork Treff sah. Ich habe einfach ein Gespür für die Menschen."
„ Hm." Liz grunzte, als Bonny Sue ihre Finger genau an die richtigen Muskeln ihres verkrampften Körpers legte. „Ist dein Freund wieder abgereist?"
„ Gestern, ja."
„ Gut. Er passt irgendwie nicht in eine Kleinstadt wie diese", bemerkte Bonny Sue ungefragt.
„ Er hat mich nur besucht."
„ Mhm."
„ Könnte stimmen. Ich meine, dass er nicht in eine Stadt wie St. Elwine gehört. Aber er ist trotzdem sehr nett", verteidigte Liz Tom sofort.
„ Mag sein, doch sicher nicht so nett wie Josh, oder?" Bonny Sue tat arglos.
„ Was soll denn das heißen?"
Liz hob den Kopf, aber Bonny Sue drückte ihn mit sanfter Gewalt wieder nach unten.
„ Wenn ich du wäre, würde ich Joshua festhalten", piepste sie mit ihrer Kleinmädchenstimme verschwörerisch vor sich hin. „Er ist ein wahrer Schatz."
Übertreib es nicht!
„ Von seiner Sorte gibt es nicht sehr viele, wenn du verstehst, was ich meine“, erklärte Bonny Sue näher.
Leider verstand sie nur zu gut.
„ Da könnte sogar ich meinen Grundsatz, nie zu heiraten, glatt vergessen. Doch du bist für ihn bestimmt. Da kannst du machen was du willst. Das spüre ich ganz deutlich“, zwitscherte Bonny Sue überzeugt.
„ Bist du jetzt auch Wahrsagerin?" Liz schaute mit hochgezogenen Brauen auf.
„ Wenn wir schon mal dabei sind, über ihn zu reden. Was war eigentlich damals passiert? Ich hab gehört er hatte einen Jungen?"
Bonny Sue schwieg einen Moment. Offenbar hatte Elizabeth einen wunden Punkt getroffen. Schließlich antwortete sie: „Ja, das stimmt. Nun, normalerweise rede ich über solche Dinge nicht. Gehört zu meinen Prinzipien, du verstehst. Ich denke, bei dir kann ich getrost mal eine Ausnahme machen. Es war schlimm, was damals passierte, wirklich. Der Junge hieß Nicolas. Er erkrankte an Leukämie. Die Tanners haben alles Menschenmögliche versucht. Aber das Kind wurde nicht mal drei Jahre alt. Gloria, seine Mutter, war nicht gerade das, was Nicky gebraucht hätte. Sie trieb sich auf jeder Party herum, dröhnte sich voll mit allen möglichen Drogen und Alkohol. Sie hatte etliche Liebhaber. Es war Joshua, der sich um den Jungen kümmerte. Damals führte Peter Tanner noch die Geschäfte. Und Josh verlor seine Unbekümmertheit. Er wurde ein Mann. Der kleine Junge starb in seinen Armen. An dem Abend kam Josh zu mir. Wie bereits in vielen anderen Nächten zuvor. Er blieb stets nur für kurze Zeit. Doch in dieser Nacht blieb er bei mir bis zum anderen Morgen. Ich wusste, was er brauchte und so gab ich es ihm. Josh war voller Wut, als er wie ein Irrer an meine Tür hämmerte. Er hasste die Ärzte, die Nicolas nicht hatten retten können. Er hasste Gloria, aber am meisten hasste er sich selbst. Er war voller Verzweiflung und so furchtbar verbittert. Ich versuchte, ihn zu trösten, indem er meinen Körper nehmen durfte. Doch er war nicht wie sonst. An jenem Abend war keine Spur von Zärtlichkeit in ihm. Als er schließlich von mir abließ und mein Kleid zerrissen am Boden liegen sah, brach seine ganze Beherrschung wie ein Kartenhaus zusammen."
Liz blickte erschrocken auf.
„ Nein, nein keine Bange. Es hat mir nichts ausgemacht, dass er mich ohne jede Zärtlichkeit genommen hat, es war nur allzu verständlich. Ich wollte ihm einfach helfen. Er weinte wie ein Kind in meinen Armen um alles, was er verloren hatte."
„ Hör auf!"
Liz wollte nichts mehr davon hören.
Tränen liefen jetzt über ihre Wangen. Ihre eigenen Worte, an dem Abend, als ihr kleiner Patient starb, fielen ihr wieder ein. Gott, wie sehr mussten sie Josh verletzt haben. Jetzt endlich begriff sie wieder Joshs Benehmen während des Abendessens bei Floriane. Natürlich. Es war die Trauer um seinen Sohn gewesen, die ihm körperlichen Schmerz zugefügt hatte und keine geheimnisvolle Erkrankung. Er tat ihr nun leid, unendlich leid. All die Schroffheit, die sie ihm gegenüber an den Tag gelegt hatte, bereute sie bereits aus tiefstem
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